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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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›Sohn einer Sau‹ und mit mehreren anderen der schlimmsten Schimpfworte, die man gegen einen Moslem einsetzen kann. Er schlug mich zu Boden, doch bevor er sich weiter an mir vergreifen konnte, scheuchte Akbar Khan ihn aus dem Raum.«
    Sie nahm eine Aprikose aus dem Korb auf dem Tisch und grub ihre Zähne tief in das goldfarbene Fleisch. »Auf diese Weise kam ich in Akbar Khans Zenana. Ich brachte ihm Englisch bei und er mir Persisch. Ich bat um Bücher, und er beschaffte sie, sowohl in Englisch als auch in Persisch.«
    »Und er hat dich andere Dinge gelehrt«, sagte Kit so trocken wie der Sommerwind, der unter einen Chapan bläst, wie er ihn heute nachmittag getragen hatte.
    Sie gab nicht vor, ihn mißzuverstehen. »Ja, das hat er. Aber nicht bevor ich fünfzehn war. Er ist durch Heirat mit mehreren Stammesführern unter den Ghilzai verbunden, aber er hält mich getrennt von seinen Frauen, wofür ich ihm dankbar bin. Und für eine afghanische Frau habe ich ungewöhnlich viele Freiheiten.«
    »Großer Gott! Du bist keine afghanische Frau!« entrüstete sich Kit über diese ruhige Aussage. »Du bist Annabel Spencer.«
    »Ich bin Ayesha«, stellte sie gelassen fest. »Und zufrieden damit.«
    »Wenn ich von hier fortgehe, dann wirst du mit mir kommen«, erklärte er. »Ich weiß noch nicht, wie es gelingen kann, aber ich werde dich zu deinen eigenen Landsleuten zurückbringen.«
    Ihr Lachen schallte durch den Raum. »Wenn du dich nur selbst hören könntest«, sagte sie. »Was für tönende Worte! Der Engländer wird die Gefangene zu ihrem Volk zurückbringen … Du würdest nur zu gerne den Ritter der Tafelrunde spielen, nicht wahr? Nimm die Scheuklappen von deinen Augen, Feringhee, und betrachtete die Lage so, wie sie ist.«
    »Verdammt noch mal! Ich habe dir gesagt, dieses Wort nicht zu gebrauchen!« Er sprang durch den Raum auf sie zu. Woher war seine Wut gekommen, die die nur eine halbe Stunde zurückliegende Leidenschaft auslöschte, die Woge von Zärtlichkeit fortscheuchte, die ihn noch eben überwältigt hatte, sein Bedürfnis, sie zu halten und zu beschützen? Jetzt wollte er sie schütteln, bis sie die Wahrheit anerkannte, wer und was sie war, und das aufgab, was auch immer sie mit dem Afghanen verband.
    Sie behauptete sich, indem sie einfach die Decke noch enger um sich zog. »Es gibt keine Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen, selbst wenn ich es wollte«, sagte sie langsam und bedächtig. »Du wirst diese Festung nicht verlassen, wenn Akbar Khan es so entscheidet. Und ich glaube nicht, daß auch nur einer von euch Afghanistan lebend verläßt.«
    Wie angewurzelt blieb er in der Stille, die ihre Worte und deren Festigkeit geschaffen hatten, stehen. »Was soll das heißen, du willst diesen Ort nicht verlassen?« fragte er. »Du kannst doch nicht allen Ernstes als Gefangene in irgendeinem Zenana bleiben wollen.«
    »Warum nicht?« Sie zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht, daß es sich hier so weitgehend von den Zwängen unterscheidet, die einem durch die sozialen und moralischen Gesetze einer Armeesiedlung in Indien auferlegt werden. Ich bin in einer solchen Gesellschaft aufgewachsen, erinnerst du dich? Wenigstens habe ich hier Pferde und Falken, die Berge und die Gesellschaft jener, die keine Heuchler sind, wie streng auch immer ihre Gesetze sein mögen. Mein Leben ist alles andere als langweilig, Christopher Ralston. Ich reise mit Akbar Khan kreuz und quer durch das Land, und er versagt mir nur, was der Koran verbietet.«
    Kit hatte das Gefühl, daß die Welt, die er kannte, ins Wanken geriet. Wie konnte sie diese sinnlosen, ketzerischen Dinge sagen? Und sie nicht einfach nur sagen … sie meinte jedes Wort davon. Die Wahrheit stand in ihren jadegrünen Augen. Für sie war er einfach ein blinder, eingebildeter Feringhee, und die Welt, die er ihr anbot, war ein schaler und öder Platz voller verstaubter Etikette und heuchlerischer Gesetze. Und bei ehrlicher Betrachtung sah er es genauso wie sie. Er spielte mit dieser Welt, fand sie verachtungswürdig, flach und unbefriedigend. Warum sonst betrank er sich Abend für Abend? Verlor regelmäßig kleine Vermögen an den Spieltischen? Warum sonst hatte er dieses lächerliche Duell provoziert, das ihm die Strafversetzung an den Rand der Welt zur Kavallerie der Ostindischen Kompanie eingebracht hatte?
    »Du mußt doch Verwandtschaft in England haben«, sagte er matt.
    Sie schüttelte den Kopf. »Und wenn ich sie habe? Sie bedeutet mir nichts. Ich war niemals

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