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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Die anderen Frauen hatten das machtlos ertragen müssen. Sie hatten Jeff und Helen gehasst. Oder vielmehr: gefürchtet. Das war der größte Kick von allen gewesen.
    Sie hatten eine Ehe geführt, die sie selbst gerne als »frei von Normen und Zwängen« zu bezeichnen pflegten. Als unkonventionell und einzigartig. Es war ihnen vollkommen egal gewesen, ob und bei wem sie damit Anstoß erregten, solange sie ihren Spaß hatten. Irgendwann allerdings war Helen das Ganze leid gewesen. Sie hatte angefangen, ihren Frust an Jeff auszulassen, und das war dann nicht mehr so spaßig gewesen.
    Dann die Diagnose: Lungenkrebs, noch dazu zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Er hatte kurz zuvor erst seinen Job verloren, und sie hatten ihren bisherigen Lebensstil aufgeben müssen. Er hatte Pläne, wie sie wieder auf die Beine kommen könnten, oh ja – Pläne, durch die sich eine Menge Geld verdienen ließ. Jeff wusste nämlich, wo die Leichen begraben waren. Er wusste sogar, wo die Leichen waren, die eigentlich hätten begraben sein sollen, in Wahrheit aber noch quicklebendig herumliefen. Doch der Lungenkrebs hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht, und irgendwann war Helen das Warten satt gewesen. Sie hatte wieder angefangen, fremde Männer abzuschleppen. Jüngere, gesündere Männer, die kein Blut husteten. Die wussten, wie man mit einer Frau umging. Notfalls auch vor den Augen ihres hinfälligen Ehemanns.
    Nein, das alles hatte Jeff nicht mehr so lustig gefunden.
    »Ich frag mich, was dir mehr weh tun würde«, hatte Helen eines Morgens gesagt, nachdem sie ihren jüngsten Fang hinauskomplimentiert hatte. »Wenn ich gehe oder wenn ich bleibe.«
    Also war sie zu ihrer damaligen Affäre gezogen und hatte Jeff zum Sterben sich selbst überlassen.
    Und nun saß er auf all diesen schmutzigen Geheimnissen, durch die er sich eine goldene Nase hatte verdienen wollen, und hatte nicht mehr die Kraft, irgendetwas mit ihnen anzufangen. Stattdessen würde jemand anders davon profitieren. Seine Mitverschwörer, seine Ex-Partner. Diese Vorstellung war Jeff verhasst. Verhasst . Letzten Endes wäre es nicht der Krebs, sondern dieser Hass, der Jeff umbringen würde. Aber vorerst noch nicht. Vorerst war er das Einzige, was ihn überhaupt am Leben hielt.
    Wenigstens hat Helen nichts davon , dachte er. Ein kleiner Trost.
    Was für eine Verschwendung. Die unzähligen Stunden, die er mit Pläneschmieden zugebracht hatte. Alles für die Katz. Er streckte die Hand aus und ertastete den Rand seines Laptops unter dem Bett. Darauf war alles gespeichert: wobei er mitgeholfen hatte, die Vertuschungsaktionen, die Pläne, die er ausgeheckt hatte, um es ihnen heimzuzahlen und reich zu werden – einfach alles. Alles sicher abgespeichert.
    Und vollkommen nutzlos.
    Er nahm die Hand weg und fuhr fort, an die Decke zu starren. Beim Atmen pfiff es in seiner Brust, als wären seine Lungen mit Nadeln gespickte Dudelsäcke.
    Diese Polizistin.
    Stuart Milton. Wie clever. Dachten sie wohl. Aber riskant. Wie leicht hätten sie sich damit verraten können.
    Er wusste, warum er ausgerechnet diesen Namen genannt hatte. Und Jeffs Adresse. Es war eine Warnung. Wir wissen, wo du wohnst. Die Botschaft hätte nicht deutlicher sein können, als wenn ein Propellerflugzeug sie auf einem Banner hinter sich hergezogen hätte. Wir können jederzeit kommen und dich holen.
    Ja, ja. Was auch immer. Wenn der Krebs ihnen nicht zuvorkam.
    Er versuchte zu schlafen. Seine Lider waren kaum zugefallen, als er von unten ein Geräusch hörte.
    Er riss die Augen auf.
    Da war das Geräusch erneut. Jemand versuchte, ins Haus einzudringen.
    Jeff Hibberts Herz begann wie wild zu schlagen, wodurch die Schmerzen in seiner Brust noch heftiger wurden.
    Sie sind gekommen , durchfuhr es ihn. Aus und vorbei. Sie sind tatsächlich gekommen.
    Erst als er sich unter Schmerzen aufsetzte und versuchte, aus dem Bett zu kommen, schaltete sich sein gesunder Menschenverstand ein. Helen. Bestimmt war es bloß Helen, die irgendeinen Kerl anschleppte, um ihn damit zu demütigen. Miststück. Ein wenig beruhigt, ließ Hibbert sich wieder gegen die Kissen sinken. Er würde sie einfach ignorieren. So tun, als schliefe er. Das würde sie garantiert auf die Palme bringen.
    Ein Knall. Dann noch ein Geräusch.
    Das war nicht Helen.
    Wieder setzte Hibbert sich auf, und diesmal beachtete er die Schmerzen nicht. So schnell er es vermochte, schwang er die Beine über die Bettkante. Sein Herz hatte erneut angefangen zu

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