Jäger der Macht: Roman (German Edition)
stand. Waxillium war froh darüber, denn wenn er sich recht erinnerte, war der Saal so groß gewesen wie dieser hier. Würde er noch immer seiner Familie gehören, so wäre von ihm erwartet worden, ebenfalls solche verschwenderischen Feste zu feiern.
» Nun?«, fragte Steris und streckte ihm wieder den Arm entgegen, als die Dienerin zurückkam und sie an ihren Tisch führte. Er sah, dass Großherr Harms und Steris’ Cousine Marasi dort bereits Platz genommen hatten.
» Mir fällt gerade wieder ein, warum ich die Stadt verlassen hatte«, sagte Waxillium aufrichtig. » Das Leben ist so verdammt hart hier.«
» Viele sagen dasselbe über das Rauland.«
» Und nur wenige haben an beiden Orten gelebt«, wandte Waxillium ein. » Das Leben hier ist auf eine andere Art hart, aber hart ist es trotzdem. Marasi leistet uns wieder Gesellschaft?«
» Allerdings.«
» Was ist mit ihr los, Steris?«
» Sie kommt aus dem Äußeren Land und wollte unbedingt die Gelegenheit haben, hier in der Stadt auf die Universität zu gehen. Mein Vater hat sich ihrer erbarmt, da ihre Eltern nicht die finanziellen Mittel zu ihrer Unterstützung haben. Er erlaubt ihr, während ihres Studiums bei uns zu wohnen.«
Das war eine stichhaltige Erklärung, aber sie schien Steris allzu schnell und leicht über die Lippen zu kommen. War das ein oft wiederholter Vorwand, oder konnte es sein, dass Waxillium einfach nur zu misstrauisch war? Wie dem auch sei, das Gespräch wurde dadurch unterbrochen, dass Großherr Harms aufstand und seine Tochter begrüßte.
Waxillium schüttelte ihm die Hand, nahm dann Marasis Hand, verneigte sich vor ihr und setzte sich. Steris sprach mit ihrem Vater über diejenigen Personen, die sie bereits gesehen hatte, und vor allem über diejenigen, die nicht anwesend waren. Waxillium stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und hörte halbherzig zu.
Der Saal ist schwer zu verteidigen, dachte er geistesabwesend. Auf den Galerien könnten sich Heckenschützen verstecken, aber man braucht mehrere, die aufpassen, dass niemand unter der Galerie gegenüber Stellung bezieht. Jeder mit einem guten Gewehr – oder mit den richtigen allomantischen Kräften – wäre in der Lage, einen Heckenschützen von hier unten aus zu erledigen. Die Säulen unter den Galerien boten ebenfalls eine gute Deckung.
Je mehr Schutz es gab, desto besser war es für jemanden, der sich in der Minderzahl befand. Natürlich galt es, genau das zu vermeiden, aber andererseits hatte Wax kaum einen Kampf erlebt, in dem er es nicht gewesen war. Und gerade deshalb suchte er nach Deckung. Im offenen Gelände kam es bei einer Schießerei darauf an, welche Seite die meisten bewaffneten Männer hatte. Aber sobald es eine Möglichkeit gab, sich zu verstecken, konnte man die zahlenmäßige Überlegenheit der anderen durch Geschick und Erfahrung ausgleichen. Vielleicht war dieser Raum doch kein so schlechter Ort für einen Kampf. Er …
Er zögerte. Was tat er da? Er hatte seine Entscheidung doch getroffen. Musste er sie denn wirklich alle paar Tage überdenken?
» Marasi«, sagte er und zwang sich, an dem Gespräch teilzunehmen. » Ihre Cousine hat mir gesagt, dass Sie ein Universitätsstudium beginnen?«
» Ich bin schon im letzten Jahr«, sagte sie.
Er wartete darauf, dass sie weitersprach, aber das tat sie nicht.
» Und wie kommen Sie mit Ihren Studien voran?«
» Gut«, sagte sie, senkte den Blick und hielt sich an ihrer Serviette fest.
Das war ja sehr ergiebig, dachte er und seufzte. Zum Glück kam nun ein Kellner herbei. Der dünne Mann schenkte ihnen Wein ein. » Die Suppe kommt gleich«, bemerkte er mit einem schwachen Terris-Akzent. Er sprach die Vokale geziert aus und hatte einen leicht nasalen Tonfall.
Als Waxillium diese Stimme hörte, erstarrte er.
» Die Suppe ist heute eine köstlich gewürzte Fischcremesuppe mit Krabben und einer Spur Pfeffer. Ich glaube, sie wird Ihnen schmecken«, sagte der Kellner und warf Waxillium einen kurzen Blick zu. Belustigung funkelte in den Augen des Mannes. Obwohl er eine falsche Nase und eine Perücke trug, erkannte Waxillium Waynes Augen.
Waxillium ächzte leise.
» Mögen Sie etwa keine Krabben, Herr?«, fragte Wayne mit gespieltem Entsetzen.
» Die Fischcremesuppe ist hier ziemlich gut«, sagte Großherr Harms. » Ich hatte sie schon einmal bei einem Fest der Yomens.«
» Es geht nicht um die Suppe«, sagte Waxillium. » Mir ist bloß gerade eingefallen, dass ich vergessen habe, etwas Bestimmtes zu tun.« Und
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