Jäger der Macht: Roman (German Edition)
Ihre ist eigentlich gar nicht so schlecht.«
» Wayne, jedes Mal wenn ich meine Fähigkeit benutze – jedes Mal –, bin ich wie erstarrt und sehe ziemlich dämlich aus, während alle anderen in der Lage sind, in der Gegend herumzulaufen. Sie können Ihre Kraft dazu benutzen, sich zusätzliche Zeit zu verschaffen. Ich kann die meine bloß dazu einsetzen, Zeit zu verlieren.«
» Sicher, aber manchmal wollen Sie vielleicht, dass ein bestimmter Tag schneller herankommt. Sie wollen es mit aller Macht. Dann verbrennen Sie etwas Chrom, und – schwupps! – ist er da.«
» Ich habe …« Sie wirkte verlegen. » Ich habe so etwas tatsächlich schon einmal getan. Chrom verbrennt langsamer als Biegmetall.«
» Sehen Sie! Es hat doch einen Vorteil. Wie groß können Sie Ihre Blase werden lassen?«
» So groß wie einen kleinen Raum.«
» Das ist viel größer als meine«, sagte Wayne.
» Multiplizieren Sie null mit tausend, und Sie haben immer noch null.«
Er zögerte. » Wirklich?«
» Ja«, sagte sie. » Das ist eine Grundlage der Mathematik.«
» Ich dachte, wir reden über Allomantie. Wann ist sie zur Mathematik geworden?«
Auch darüber errötete sie. Das erwartete man eigentlich dann von einem Mädchen, wenn man über ihre attraktiveren Körperteile sprach, nicht aber, wenn es um Mathematik ging. Dieses Mädchen war wirklich eine ganz spezielle Legierung.
Sie warf einen Blick zur Seite … auf Waxillium. Er hockte neben dem Kanal.
» Bei ihm ist das anders«, sagte Wayne. » Er mag die Schlauen.«
» Ich habe keine Absichten, was den Großherrn Ladrian angeht«, sagte sie schnell. Zu schnell.
» Was für eine Schande«, sagte Wayne. » Ich glaube, er mag Sie.«
Das war vielleicht eine Übertreibung. Wayne wusste zwar nicht genau, was Wax von Marasi hielt, aber der Mann musste Lessie aus dem Kopf bekommen. Lessie war ein wunderbares Mädchen gewesen: schön und klug und so weiter. Aber sie war nun tot, und Wax hatte noch immer diesen … leeren Blick. Denselben, den er in den Wochen nach Lessies Tod gehabt hatte. Er war nicht mehr so deutlich erkennbar, aber noch immer da.
Eine neue Liebe würde ihm sehr helfen. Dessen war sich Wayne sicher, und so war er sehr zufrieden mit sich selbst, als Marasi zu der Stelle hinüberwanderte, wo Wax gerade arbeitete. Sie berührte ihn am Arm, und er deutete auf etwas im Boden neben dem Kanal. Gemeinsam untersuchten sie es.
Wayne schlenderte zu ihnen.
» … vollkommen rechteckig«, sagte Marasi gerade. » Von etwas Mechanischem.«
Der Boden hier war niedergedrückt, als habe etwas Schweres daraufgelegen. Offenbar war es die einzige Spur in der ganzen Gegend, und es schien nicht das zu sein, was Wax hatte finden wollen. Er kniete daneben, zog die Stirn kraus und legte die Hand auf den Boden, wohl weil er in Erfahrung bringen wollte, wie sehr dieser zusammengedrückt worden war. Dann schaute er wieder zu den Schienen hinüber.
» Nicht genug Fußabdrücke«, sagte Wax leise. » Es kann nicht sein, dass hier nur Arbeitskräfte am Werk waren. Nicht einmal mit Unterstützung durch eine Zeitblase.«
» Ich glaube, Sie haben Recht«, sagte Marasi. » Wenn der Überfall hier geschehen ist, hätte eine Maschine im Kanal bleiben und die Geleise trotzdem erreichen können.«
Waxillium stand auf und rieb sich den Staub von den Händen. » Wir gehen zurück. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
Waxillium schritt den Gang des Eisenbahnwagens entlang; seine Hände waren noch nass, weil er sie im Waschraum gesäubert hatte. Der Wagen schwankte unter ihm, und draußen zogen die Felder vorbei.
Wo würde sich Miles verstecken? Waxilliums Gedanken drehten sich im Kreis. Die Stadt bot einfach zu viele Verstecke, und Miles war kein gewöhnlicher Verbrecher. Er war ein früherer Gesetzeshüter. Waxilliums Instinkt half ihm hier nicht weiter.
Er wird sich erst einmal zurückhalten, entschied Waxillium. Er ist vorsichtig. Besonnen. Er hat Monate zwischen dem Diebstahl des Aluminiums und dem nächsten Überfall verstreichen lassen.
Miles hatte Männer und Ausrüstung verloren. Er würde sich eine Zeit lang verstecken. Aber wo? Waxillium lehnte sich gegen eine Wand des Ganges. Er hörte undeutlich, wie sich einige Reisende in dem Abteil neben ihm unterhielten. Es waren Kinder. Es war ein langer Weg durch sechs Wagen gewesen, bis er einen Waschraum gefunden hatte. Wayne und Marasi befanden sich in einem Abteil, das sich noch einige Wagen entfernt befand.
Wenn Marasi mit ihrer Vermutung
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