Jäger der Nacht (German Edition)
fällt das in die Zuständigkeit der Polizei. Wir dürfen gar nicht eingreifen.“
Das hatte Faith völlig vergessen. „Wir könnten den offiziellen Stellen Bescheid geben.“
„Dann können wir auch gleich zum Rat gehen“, schnaubte Clay. „Willst du nicht doch deiner Psychopathenrasse den ganzen Mist selbst überlassen?“
Vaughn wurde regelrecht starr. „Vorsichtig, Kater.“
Faith wusste nicht genau, was los war, aber sie spürte die aggressive Spannung in der Luft. Sie drehte sich um und legte einen Arm um Vaughns Taille. Er wandte die Augen nicht von Clay ab.
Nach ein paar angespannten Minuten nickte Clay kurz. „Ich bin wohl übers Ziel hinausgeschossen.“ Er zögerte. „Sie erinnert mich an jemanden.“
Faith dachte über diese Aussage nach, sie war etwas durcheinander, als ihr klar wurde, dass Vaughn deshalb wütend auf Clay gewesen war, weil dieser schlecht über sie gesprochen hatte. In einem geheimen Winkel ihres Herzens breitete sich wohlige Wärme aus. Dennoch wollte sie nicht der Grund dafür sein, dass Vaughn sich mit seinem Rudel anlegte.
„Zurück zur Polizei“, sagte sie und glitt mit der Hand unter Vaughns T-Shirt und legte sie auf seinen Rücken. Ihr Kater reagierte auf diese Liebkosung und wandte den Blick endlich von Clay ab.
„Ich kenn ein paar Bullen, denen wir trauen können“, antwortete Clay zu ihrer Überraschung. „Eine Festnahme durch sie wäre legal.“
„Und der Mörder wäre am selben Abend durch die Unterstützung des Rats wieder frei. Er würde im Medialnet verschwinden und nie wieder auftauchen.“ Saschas Stimme klang ärgerlich. „Sie würden ihn entweder töten, damit nichts über das Fehlschlagen von Silentium nach außen dringt, oder sie würden versuchen, ihn wieder unter Kontrolle zu bekommen, falls er einer ihrer entflohenen Schurken ist.“
Lucas nahm die Füße vom Geländer und beugte sich zu seiner Frau hinüber, um sie zu küssen. Sie beruhigte sich und legte die Hand auf seinen Oberarm. Aber Lucas’ Augen waren sehr schmal, als er sich wieder zu ihnen umwandte. „Sascha hat recht. Wir wissen ja, was beim letzten Mal passiert ist.“
Plötzlich vibrierte die Luft vor Ärger. Faith sah, dass Sascha ein paar Mal tief einatmete und ihre Augen ganz schwarz wurden, als würde sie enorme Kräfte aussenden. Fast augenblicklich sank der Ärgerpegel und die allgemeine Anspannung ließ nach.
„Ich werde mich um ihn kümmern.“ Judd klang, als würde er über das Wetter reden. „Das geht auch aus sicherer Entfernung.“
Faiths Magen zog sich zusammen. „Nein. Wir können keinen Mord begehen, um einen Mord zu verhindern.“ Auch wenn sie selbst schon daran gedacht hatte, aber das war in blinder Wut gewesen. Sie war keine Mörderin.
„Haben Sie eine bessere Idee?“, fragte Judd, und so etwas wie Überheblichkeit lag in seinem eisigen Tonfall.
„Halt dich zurück“, sagte Vaughn sehr leise. Sie konnte den Unterschied zu seiner Reaktion auf Clay hören – jene war eine Warnung gewesen, diese war gefährlich. „Sie sind nur hier, weil Sie geholfen haben, Sascha zu retten, weiter geht unser Entgegenkommen nicht.“
Im Lächeln des anderen lag keinerlei Belustigung. „Es geht überhaupt nicht weit.“
Faith lernte zwar gerade erst, Gefühle zu verstehen, aber es kam ihr so vor, als wünschte sich Judd einen Kampf. Warum suchte er den Tod? Selbst wenn er zur Pfeilgarde gehört hatte – Vaughn war ein Jaguar.
„Wartet, mir ist etwas eingefallen.“
Alle sahen sie an.
„Setzen Sie ihn außer Gefecht.“ Sie starrte Judd an. „Sperren Sie seinen Verstand ein, sodass er niemals wieder herauskann.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich dazu in der Lage bin?“ Judd starrte ohne Scheu zurück.
„Falls es so etwas wie eine Pfeilgarde gibt, waren Sie sicher einer von ihnen.“ Sie hörte, wie Sascha nach Luft schnappte. „Als telepathischer Gardist lernt man bestimmt alles Mögliche.“
Er wies weder ihre Anklage noch die Vermutung über seine telepathischen Fähigkeiten zurück. „Es wird ihn verrückt machen. Stellen Sie sich bloß vor, wie es ist, nie mehr aus einem eigenen Impuls heraus zu handeln – er wird nur noch auf einer sehr rudimentären Ebene funktionieren.“
Faith spürte, wie sie allmählich wütend wurde. „Dann lautet sein Urteil eben ‚lebenslänglich‘.“ Zumindest würde er noch am Leben sein, im Gegensatz zu Marine und den anderen Frauen, die er ermordet hatte. Es hatte bestimmt noch andere gegeben. Sein
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