Jäger der Schatten
Verschwörer war. Dadurch hatte sie Insiderwissen über die Arbeit dieses Unterkomitees. Sie wusste, welche Knöpfe sie drücken musste und wie man die Illusion einer Verletzung der Sicherheit erzeugte.
»Ich verstehe das nicht«, wimmerte Piper. »Victori a … waru m … oh Gott, waru m …?«
»Warum ist die richtige Frage. Warum wolltest du ihren Tod? Ich kann es dir sagen. Weil sie der heiligsten Verbindung im Weg stand, die es auf der Welt gibt. Weil Bryce Cutting dein Seelenverwandter ist.«
Letzten Endes lief immer alles auf den Bund hinaus. Da sie selbst keinen Seelenverwandten hatte, konnte Demin nie ganz verstehen, warum so ein Wirbel darum gemacht wurde. Ihrer Meinung nach machte der Bund alles nur komplizierter.
Dieser Fall ähnelte der Entführung in Schanghai, wo statt der Bloßstellung Geld als Deckmantel benutzt worden war. Der Vampir, der Liling entführt hatte, war davon überzeugt gewesen, ihr Seelenverwandter zu sein und wollte sie dafür bluten lassen, dass sie sich in einen anderen Vampir verliebt hatte. Er hatte die Strafe, die der Kodex vorsah, selbst in die Hand nehmen wollen. Demin hatte das Mädchen gerade noch rechtzeitig gerettet. Das Gute daran war auch gewesen, dass der Junge letztendlich falschgelegen hatte. Es existierte kein Bund zwischen ihm und Liling und es hatte auch nie einen gegeben.
Einige Vampire dachten, dass der Bund wie eine Liebesgeschichte war. Die Seelen riefen einander über Jahrhunderte hinweg und fanden sich immer wieder. Doch Demin kannte nichts, was wirklich so einfach wäre. Nicht in Herzensangelegenheiten und auch nicht den Bund betreffend. Victoria Taylor war nicht die Erste, die deswegen hatte leiden müssen, und sie würde nicht die Letzte sein.
Nach einem zermürbenden Schweigen begann Piper endlich zu reden. »Hat lange gedauert, bis du das herausgefunden hast, was?«, sagte sie bitter und wischte ihre Tränen weg. »Dass Bryce mir gehörte. Als du Bryce auf Rufus’ Party abgeschleppt hast, hat dich das sicher noch nicht interessiert.«
Demin wurde rot. »Das tut nichts zur Sache.«
»Nein? Nun, wie ist es dann damit, Venatorin? Ich habe keine Ahnung, woher du die dumme Idee hast, dass Victoria mir Bryce weggenommen hat und ich sie dann getötet habe. Du liegst damit absolut falsch. Victoria war meine Freundin. Sie war die beste Freundin, die ich jemals hatte. Sie hat sich niemals zwischen uns gestellt. Du kannst jeden in der Schule fragen. Victoria konnte Bryce nicht einmal leiden. Sie konnte nicht glauben, dass er mein Vampirzwilling war. ›Nicht dieser Trottel‹, waren ihre Worte. Ja, das hat mich wütend gemacht. Aber ich war noch wütender darüber, dass Bryce auf der Party nichts davon wissen wollte. Er wolle mehr Freiraum, sagte er. Er wolle mehr Zeit, um ganz sicher zu sein. Ich war so sauer auf ihn. Vic versuchte, mich zu beruhigen, und so habe ich alles an ihr ausgelassen. Aber Vic war eine echte Freundin. Eigentlich hat sich noch nie jemand zwischen Bryce und mich gestellt, außer dir, du Schlampe. Bring mich vor ein Blutgericht. Durchsuche mein verdammtes Unterbewusstsein. Ich sage die Wahrheit.«
35
Das zweite Opfer
D emin zitterte, als sie den Verhörraum verließ.
Ted Lennox sah sie voller Mitgefühl an. »Es ist so klar wie ein Tag in der Gedankenwelt.«
»Ich weiß.« Sie ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen. Sie hatte es auch gesehen, noch klarer als die anderen, die in die Schattenwelt treten mussten, um Pipers Affectus wahrnehmen zu können.
Sie war sich so sicher gewesen, dass Piper aus Rache und Eifersucht ihre beste Freundin ans Messer geliefert hatte. Schließlich gab es in der Vampirgemeinschaft nichts Schlimmeres, als den Bund zu brechen oder sich zwischen einen Bund zu drängen. Man musste sich nur die Force-Zwillinge ansehen.
Als sie Bryce Cutting nach Piper gefragt hatte, hatte er schuldig ausgesehen. Er hatte sich schuldig gefühlt und er war auch schuldig, denn er wusste, dass er seine Seelenverwandte betrogen hatte. Als Pipers Name gefallen war, während er mit Demin zusammen war, hatte ihn das erschreckt. Bryce hatte auf Pipers Namen reagiert, das war sicher, aber nicht aus dem Grund, den Demin angenommen hatte.
Demin war sich ihres Talents, den Affectus richtig deuten zu können, so sicher gewesen. Sie war sofort zu dem Schluss gekommen, dass Piper die Mörderin sein musste. Aber sie hatte völlig falschgelegen.
Sam Lennox legte die Hand auf ihre Schulter. »Tut mir leid. Obwohl es ein guter Gedanke
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