Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)
Bermann.
»Nicht Nadine …«, sagte Louise flehend. Ihr Blick begegnete dem Bermanns.
»Nein, ein Mann«, entgegnete Alfons Hoffmann.
»Scheiße!«, fluchte Bermann in den Hörer, ohne die Augen von ihr abzuwenden. »Wo?«
»Katzental«, erwiderte Alfons Hoffmann an ihrem Ohr.
Bermann wandte sich Meirich zu. »Leichenfund im Katzental.«
»Nadine?«
»Ein Mann.«
»Und das soll jetzt wohl auch mein Mandant gewesen sein, was?«, fragte Müller höhnisch.
»Maul halten«, sagte Holzner sanft.
Nicht Nadine, dachte Louise zutiefst erleichtert.
»Macht euch auf was gefasst«, sagte Alfons Hoffmann.
14
Die Fahrt verlief schweigsam. Bermann am Steuer, Hans Meirich neben ihm, Louise und Thomas Ilic saßen im Fond. Aus dem Funklautsprecher drangen die Stimmen von Kollegen. Weitere Streifen wurden ins Katzental geschickt, die Straße musste oben bei Horben und unten bei Au gesperrt werden. Rettungskräfte waren vor Ort, der Rechtsmediziner auf dem Weg. Einmal war Lubowitz’ knarziges Raucherorgan zu hören. Bring mir einer Kippen mit, sagte er, hab meine vergessen, und denkt an Gummistiefel, Leute.
Günterstal mit dem Torbogen des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters, dann ging es auf schmalen, gewundenen Straßen hinauf nach Horben, ein rascher Wechsel aus Licht und Schatten im Rhythmus von Kurven, Bäumen, Hügeln. Nadine und Eddie, dachte sie, nun ein weiteres Tötungsdelikt, was für eine Woche. Macht euch auf was gefasst, hatte Alfons Hoffmann gesagt, ein Blutbad, hatten die Kollegen gefunkt, die als Erste am Fundort eingetroffen waren.
»Wo warst du heute früh?«, fragte Thomas Ilic.
»Hab verschlafen.«
Er nickte. »Ben hat angerufen.«
»So?«
»Ihr hättet es mir sagen können.«
»Ja. Tut mir leid. Hat sich einfach nicht … ergeben.«
»Na ja«, sagte Thomas Ilic und wandte sich ab.
Lieblingskollege, beleidigt. Sie strich ihm über den Arm. »Tut mir leid, Illi.«
Sie spürte Bermanns Blick auf sich, sah seine dunklen Augen im Rückspiegel. Er kannte sie lange genug, um Veränderungen an ihr wahrzunehmen, im einen Leben wie im anderen. Ihre Zurückhaltung während der Soko-Besprechung, während Holzners Vernehmung. Und er wusste natürlich, dass sie niemals verschlafen würde, wenn eine Soko-Sitzung anstand.
In Horben lenkte Bermann das Auto an zwei Streifenwagen vorbei ins Katzental. Ein paar Minuten lang ging es auf schmalen Straßen über Hügelflanken. Dann noch schmalere Straßen, noch mehr Kurven steil nach unten. Hinter einem Streifenwagen hielten sie. Am Straßenrand standen weitere Dienstfahrzeuge, Zivilfahrzeuge, zwei Rettungswagen. Sie stiegen aus. Ein uniformierter Kollege deutete auf zwei Absperrbänder, die einen schmalen Pfad in den Wald formten. Schon beim ersten Schritt sanken die Schuhe im nassen Untergrund ein. Wieder nasse Füße, nasse Hosensäume, dachte sie, wie am Morgen bei den Ettingers. Wo das Sonnenlicht bis auf die Erde hinuntergelangte, lag hauchdünner Dampf über dem Boden. Sie schlitterten in eine Senke hinunter, mühten sich auf der anderen Seite hoch, Bermann voran, der unheimliche Energien entwickelte, wenn Sokos seinen Lebensrhythmus bestimmten. Sie folgte ihm dichtauf. Thomas Ilic und Hans Meirich waren ein Stück zurückgefallen und hätten, unter anderen Umständen, ein rührendes Paar abgegeben. Der Jüngere half dem Älteren, der Traumatisierte dem Verprügelten.
Bermann wandte sich flüchtig um. »Hast du mir was zu sagen?«
»Nein.«
Er blieb abrupt stehen, und sie prallte gegen ihn. Als sie zurücktaumelte, hielt er sie am Arm, bis sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Seine Augen glühten vor Ärger. »Verkauf mich nicht für dumm, ja? Brütest du was aus?«
»Na ja. Ich bin schwanger. Woher weißt du das?«
Angewidert starrte er sie an. »Blödsinn. Wer würde mit dir ein Kind wollen? Du als Mutter ?«
»Verpiss dich, Rolf.«
Bermann lachte auf. »Dieser Ben? Wer ist das eigentlich? Wieder so ein Esofuzzi?«
»Geht dich nichts an.«
»Ach, leck mich.«
»Nicht in diesem Leben, Rolf.«
Bermann grinste. Der Ärger war verflogen. Scharmützel, wie sie Rolf Bermann gefielen.
Thomas Ilic und Hans Meirich hatten sie erreicht, hielten keuchend inne. Louise ging weiter. Bermann schloss zu ihr auf, hatte wieder die Hand an ihrem Arm. »Letzte Chance, Louise.«
Sie fragte sich, ob sie ihm Unrecht tat. Wenn jemand mit Leib und Seele Polizist war, dann Rolf Bermann. Auch wenn er vielleicht nur zufällig ins Lager der Guten geraten
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