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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Schlüssel gefunden. Brigitte Haberle hatte ihn nicht zuordnen können, also hatten sie ihn mitgenommen. Dann hatte Alfons Hoffmann die Wohnung in Oberrimsingen aufgetan, und er war losgefahren, weil niemand da gewesen war, der ihm eine andere Aufgabe hätte zuteilen können, weil ja niemand mehr kommunizierte oder koordinierte. Er hatte Hans Meirich beim Arzt abgesetzt und war nach Oberrimsingen weitergefahren.
    »Um was zu tun?«
    »Um irgendwas zu tun.«
    »Es ist halb sieben. Du könntest Feierabend machen.«
    »Wenn ich in einer Soko bin, mache ich nie Feierabend.«
    »Einer Soko, die du nicht gefunden hast.«
    »Dachte, ich suche sie mal hier.«
    Sie lächelte. »Wie geht es Meirich?«
    »Schlecht. Eine Plombe ist raus, ein Zahn wackelt. Sieht aus wie der Tod. Schauen wir uns ein wenig um?«
    »Nein.« Sie erzählte von dem Kellerraum. Wenn alles passte, hatten sie Nadine hierhergebracht, in den Keller dieses Hauses.
    An dem Schlüsselbund, den Scuma dabeihatte, hing kein dritter Schlüssel. Sie fanden ihn in einer Küchenschublade. Ein Harzanhänger in Herzform war daran befestigt, darin eingeschlossen ein Foto von Emily. Verliebt oder so was, dachte sie mit einem Kopfschütteln, besessen traf es besser. Dietmar Haberle war von seiner Tochter besessen gewesen, und wenn sie sich mit solchen Menschen auch nur ein wenig auskannte, dann war es gut, dass er nicht mehr lebte. Denn irgendwann vielleicht, in ein paar Jahren, wenn der Trieb und die Besessenheit übermächtig geworden wären, hätte er Emily hergebracht.
    Hätte sie in den Keller gesperrt und hier mit ihr gelebt.

    Scuma ging voran. Vor der Kellertür zog er die Pistole, sie tat es ihm gleich. Einer der beiden Schlüssel an dem Bund aus Horben passte. Sie stiegen eine Treppe hinunter, gelangten in ein Gewölbe, von dem mehrere Türen abgingen. Spinnweben zogen sich über die Ecken der Wände zur Decke, es roch nach feuchtem Beton. Anders als in Haberles Wohnung war es hier unten schmutzig, staubig, modrig. Louise probierte den Schlüssel mit dem Herzen an mehreren Türen, bei der vierten, am Ende des Gewölbes, mit Erfolg. Sie zog sie auf, stand vor einer weiteren Tür, die offenbar nachträglich eingebaut worden war. Scuma reichte ihr den Bund mit den beiden Schlüsseln, einer passte. Die Tür öffnete nach innen, Louise stieß sie auf. Dahinter befand sich ein kleines, fensterloses Zimmer – ein Einzelbett mit Tagesdecke, ein Schrank, ein Schminktischchen. Wieder der beißende Geruch nach Sagrotan und anderen Putzmitteln. All das registrierte sie nur flüchtig, denn ihre Gedanken galten plötzlich wieder Scuma, der hinter ihr stand. Ein Stoß, dachte sie, und sie wäre gefangen wie Nadine, falls sie sich täuschte und er der Großvater war, obwohl seine Stimme doch knarzte, obwohl sie sich an keinen Vollbart erinnerte …
    Sie wandte sich halb um, musterte ihn angespannt.
    »Hast recht gehabt«, sagte er und wollte an ihr vorbei in den Raum treten.
    Sie hob die Hand, berührte ihn an der Schulter. »Erst wenn die Techniker hier waren.«
    Sie fand einen Lichtschalter neben der Tür. Eine Glühbirne an der Decke tauchte das Zimmer in grelles Licht. Schweigend blickten sie hinein. Trotz der Möbel wirkte der Raum leer. Es dauerte einen Moment, bis Louise begriff, weshalb – auf dem Schminktischchen, dem Nachttisch, dem Boden stand oder lag kein einziger Gegenstand. Schon gar kein sichtbarer Hinweis auf das, was am Sonntagmorgen hier geschehen war.
    Drei Männer und ein Mädchen.
    Sie hätte gewettet, dass auch der Kleiderschrank leer war. Ein Zimmer, das auf einen Menschen wartete.
    Und doch war sie sicher, dass Haberle und die beiden anderen Männer Nadine am Sonntagmorgen gegen sechs Uhr hierhergebracht hatten. Irgendwann am Mittag oder am frühen Nachmittag war ihr die Flucht gelungen. Haberle mochte mit den beiden anderen nach ihr gesucht haben, doch dann musste er zurückgekehrt sein, um alle Spuren zu beseitigen. Um aus dem Zimmer, in dem sie Nadine misshandelt hatten, wieder das Zimmer zu machen, das auf einen Menschen wartete.
    Emilys Zimmer.

    »Mensch, gruslig ist das schon«, sagte Scuma.
    Sie waren in die Wohnung zurückgekehrt, saßen am Küchentisch, blickten auf Emilys lächelndes Gesicht an der Wand gegenüber.
    »Wenn man sich vorstellt, was das Kind mitgemacht hat. Was Nadine mitgemacht hat.« Scuma schob seine Brille mit dem Zeigefinger in Richtung Nasenwurzel, die Mundwinkel gingen nach unten, die Augen waren weit geöffnet. Ein

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