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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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Pfoten und ihre Arme fellbedeckt sind, und sie wirft ihn zu Boden, in den Schnee.
    Die Gegenwehr des Mannes wird immer verzweifelter. Worte der Angst sprudeln aus seinem Mund. Tikki hockt sich auf seine Brust, hält seine Arme fest und beugt sich vor, bis ihr Gesicht nur noch einen Hauch von seinem entfernt ist. Als sie spricht, glitzern spitze Fänge zwischen ihren Zähnen. Sie verspürt einen plötzlichen Drang, ihre Kiefer um seinen Hals zu schließen und das Leben aus ihm herauszuquetschen, aber sie widersteht ihm. »Die Elfen sind wo?«
    Der Mann stammelt etwas und versucht alles, um sich freizumachen. Seine Augen sind vor Entsetzen geweitet. »Keine Ahnung! Nach Süden gefahren...«
    Das ist nichts Neues. Zweibeiner auf der Straße nach Nirgendwo fahren nur in zwei Richtungen, und sie weiß bereits, daß die Elfen nicht nach Norden gefahren sind. »Ihre Namen.«
    »T-Tang... einen haben sie Tang genannt!«
    Straßenname. Angenommener Name. Runner? Konzernmann? Krimineller? Was? »Sie waren zu dritt.«
    »Keine Ahnung, wie die Schnallen heißen!«
    Dann heißt der Mann also Tang. »Sie haben dich wie bezahlt?«
    »Mit Kreds. Kredstab.«
    »Gib ihn mir.«
    »In meiner Tasche!«
    Tikki zieht und zerrt. Ein Kredstab fällt in den Schnee. Sie hebt ihn auf, dann senkt sie den Kopf, bis sich ihr Gesicht genau über dem des Mannes befindet. Der Atem grollt in ihrer Kehle. Sie spürt, wie ihr im Gesicht Fell wächst, wie sich ihre Eckzähne verlängern und ihre Schultern und Arme anschwellen. »Die Elfen haben deinen Hovertruck benutzt«, knurrt sie mit unmenschlich tiefer Stimme. »Was haben sie dir erzählt?«
    »Jagen... sie wollten jagen!«
    »Was wollten sie jagen?«
    »Elche! Keine Ahnung!«
    Das ist eine Lüge, aber es riecht nicht wie eine. Der Mann ist zu verängstigt, um zu lügen, also müssen die Elfen ihn belogen haben. Kein Tier würde so lange warten, bis sich ein Jäger aus einem lärmenden Luftkissenfahrzeug angeschlichen hätte. Nur ein Junges, das zu jung und zu schwach ist, um zu fliehen. Oder ein Junges, das glaubte, sich gut versteckt zu haben.
    Tikki zieht dem Mann eine Pfote über das Gesicht, so fest, daß es schmerzen muß. Das ist der Lohn, den der Mann für die Hilfe verdient, die er den Elfen geleistet hat. Er wird schlaff, ist bewußtlos. Er hat Glück, daß er noch lebt. Tikki erhebt sich.
    Der Kredstab in ihrer Hand glänzt matt. Er sieht wie ein beglaubigter Kredstab aus. Solche Stäbe können von jedem benutzt werden. Anders als normale Kredstäbe sind sie nicht mit elektronischen Codes versehen, die den Besitzer identifizieren. Dafür sind sie mit Codes versehen, die den Konzern oder die Bank identifizieren, welche sie ausgegeben hat, und das könnte sie zu dem Elf namens Tang und den beiden Frauen führen.
    Tikki betrachtet den Mann zu ihren Füßen und das Mostrans Luftkissenfahrzeug, verwirft jedoch beide und geht zur Tür der Taverne. Eine Wolke von Zweibeiner-Schweiß, abgestandenem Bier und Zigarettenrauch dringt an ihre Nase, lange bevor sie die Tür aufstößt und hineingeht.
    Der Schankraum ist klein und rustikal und scheint wie die Außenwände aus Holz zu bestehen. Die Musik, die leise aus der neonleuchtenden Box in der Ecke dringt, hinkt fast zehn Jahre hinter der Mode her. Die Zweibeiner sitzen auf Hockern an der Bar und an im Raum verteilten Tischen und tragen ramponierte Naturfasern und billige Plastikklamotten. Einer oder zwei tragen Federn und anderen Schmuck, der auf amerindianische Abstammung hinweist.
    Neben der Tür befindet sich ein Münztelekom. Tikki stellt sich davor, steckt den Kredstab ihres Freundes von draußen in den Schlitz und tippt eine Nummer ein. Am anderen Ende klingelt es einmal. Die Stimme, die sich meldet, klingt wie zwei Stimmen, eine männliche und eine weibliche, die gleichzeitig reden.
    »Deine Nummer?«
    Tikki gibt eine Nummer ein. Es handelt sich um einen vorher vereinbarten Code, der sie als Besitzer eines Kontos mit reichlich Nuyen ausweist. Während der nächsten Sekunden beobachtet Tikki den kleinen Sichtschirm des Münztelekoms. An die Stelle des normalen Rufzeichens tritt nach und nach ein stilisiertes Gesicht, eine Art Zeichentrickfigur, die jedoch viel zu groß für den Schirm ist. Nur die Augen sind zu sehen. Sie scheinen zu funkeln.
    »Hier spricht Orakel«, sagt die Stimme.
    »Ich brauche eine Analyse.«
    »Identifizieren.«
    »Der Kredstab in diesem Telekom. Wer hat ihn gekauft? Wo befindet sich der Käufer jetzt?

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