Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
glaube, das ist auch der Grund, warum die Naturi uns so leicht aufspüren konnten", sagte ich und setzte mich auf die Bettkante. „Vielleicht. Aber bis jetzt haben sie uns nicht erwischt." „Rowe hat mich letztes Mal geschnappt", erinnerte ich ihn und versuchte, nicht allzu verbittert zu klingen.
Rowe hatte mich nach Stonehenge verschleppt, damit ich dort Zeugin des Opfers wurde, mit dem das Siegel gebrochen werden sollte. Und er hatte mir das Angebot gemacht, die Seiten zu wechseln. Das hatte ich abgelehnt und in dem Moment geglaubt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Aber jetzt, nach dem Auftauchen einer Naturi im Thronsaal des Konvents, hatte ich plötzlich meine Zweifel.
„Bei jedem ihrer Angriffe kommen wir unserem Ziel, Rowe aufzuhalten, ein Stück näher", hielt mir Danaus entgegen. „Aber das Überraschungsmoment liegt immer auf seiner Seite." „Damit ist es jetzt vorbei." Danaus baute sich vor mir auf und zwang mich damit, mich aufzurichten, sodass ich ihn ansehen konnte. „Wir wissen jetzt, dass die Naturi es speziell auf dich ab gesehen haben. Wir können nach ihnen Ausschau halten. Selbst wenn die Naturi mit dem Konvent im Bunde sind, muss ihre Zahl hier begrenzt sein. Hier sind wir sicherer als irgendwo sonst."
Es lag mir auf der Zunge, ihn daran zu erinnern, dass der Konvent uns erwartete. Wir waren hier nicht sicherer. Wir hatten es nur mit einer anderen Art von Gefahr zu tun.
Danaus kniete vor mir nieder und umfasste mit einer seiner großen starken Hände mein schmales Handgelenk. „Ich werde nicht zulassen, dass Rowe Hand an dich legt. Er wird dich nicht noch einmal entführen. Die Naturi werden dich nicht bekommen", versprach er und zauberte damit ein unsicheres Lächeln auf meine Lippen. In einer schmutzigen Londoner Gasse sitzend und mit Naturi-Blut und Glassplittern bedeckt, hatte er mir schon einmal ein ähnliches Versprechen gemacht. Ich konnte jetzt, da er meinen Arm hielt, seinen Arger spüren. Er gab sich selbst die Schuld daran, dass ich in der Zentrale ergriffen worden war. Er war wütend und schämte sich, weil er sein Versprechen gebrochen hatte. Aber ich machte ihm daraus keinen Vorwurf. Niemand hätte Rowe in diesem Augenblick aufhalten können.
Ich legte ihm die freie Hand auf die Wange und streichelte mit dem Daumen über die starken Wangenknochen. Sein Schmerz und seine Verzweiflung zerrten an mir und schwächten das Lächeln, zu dem ich die Lippen verzog. Wie waren wir bloß in diese Situation geraten? Wir beschützten einander vor den Gefahren, die uns von allen Seiten drohten, anstatt uns gegenseitig umzubringen, wie es sich gehörte.
„Danaus, auf ein solches Versprechen würde ich dich nie festnageln. Du dürftest nie von meiner Seite weichen. Das ist ein Schritt in unserer Beziehung, den ich noch nicht gehen möchte", neckte ich ihn, um ihm seine Last etwas zu erleichtern. Zu meiner Verwunderung rührte er sich nicht. Wenn ich ihn auf die Schippe nahm, knurrte der Jäger mich normalerweise an und marschierte davon. Jetzt drückte Danaus nur sanft mein Handgelenk und schüttelte leicht den Kopf, während seine Lippen meine Handfläche streiften.
„Ich halte mein Versprechen. Die Naturi werden dich nicht bekommen." „Danke", murmelte ich und ließ die Hand wieder in meinen Schoß fallen. Noch nie hatte jemand ausdrücklieh geschworen, mich zu beschützen. Andere hatten es körperlich ausgedrückt, aber dabei hatte ich mich immer gefühlt wie ein Besitzstück, das verteidigt wird, und nicht wie ein lebendes Wesen. Danaus stellte sich wieder auf die Füße und trat einen Schritt zurück.
„Wir sollten uns auf den Weg machen", sagte er und reichte mir eine Hand, um mir beim Aufstehen zu helfen. „Glaubst du, dass andere Rassen von dem Bündnis wissen?", fragte ich, als ich meine kühle Hand in seine warme schob. Die Hexe und der Lykaner, die sich mit der Daylight Coalition herumgetrieben hatten, schienen mit einem Mal eine neue, schreckliche Bedeutung anzunehmen. „Hoffentlich nicht", sagte er und hielt mich fest. „Ich kann nur einen Krieg auf einmal führen." Und ich konnte mir schon denken, auf welche Seite er sich schlagen würde, wenn die anderen Rassen gegen die Nachtwandler in den Krieg zogen.
6
Als Danaus und ich das zentrale Wohnzimmer betraten, entdeckten wir Roberto, der mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen an der Wand neben den Türflügeln lehnte. Er trug einen weiteren schwarzen Anzug und sah damit aus wie ein unbekümmerter
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