Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
italienischer Playboy, der einen Abend sorgloser Vergnügungen vor sich hat. Sein dunkelrotes Hemd stand am Kragen offen, und das dunkelbraune Haar war sorgfältig zurückgekämmt. Roberto war schon ein paar Jahrhunderte alt, eher in meinem als in Tristans Alter, aber noch lange kein Ältester. Ich hatte bisher nur selten mit den Handlangern des Konvents zu tun gehabt.
Meine Geduld war sehr begrenzt, und ich neigte dazu, auch das bisschen schnell zu verschleißen. Ich hatte meine Befehle immer von Jabari persönlich erhalten und gelegentlich auch von Tabor.
Tristan stand mit ausdruckslosem Gesicht hinter der sitzenden Sadira. Er hatte sich ein dunkelblaues Hemd übergestreift, es aber noch nicht zugeknöpft. Alle warteten nur auf meine Ankunft. Wie nett. „Die Ältesten erwarten dich", sagte Roberto. „Und Tristan?", fragte ich und hielt den Nachtwandler fest, als er sich zu den Türflügeln umwandte. Roberto drehte sich wieder um und ließ den Blick über den jungen Vampir gleiten, während seine roten Lippen sich zu einem düsteren Lächeln verzogen. „Er darf hier warten. Er ist nicht vorgeladen."
Ich blickte von Roberto zu Tristan, der mich verzweifelt ansah. Hatte ich ihn gerade noch mehr in Gefahr gebracht? Der Konvent hatte meinen Wunsch erfüllt, aber diese Großzügigkeit musste einen bestimmten Grund haben.
Wenn Tristan zurückbleiben würde, wäre er jedem Nachtwandler, der sich in der Stadt herumtrieb, schutzlos ausgeliefert. Natürlich wäre er der gleichen Gefahr ausgesetzt gewesen, wenn er mit uns anderen gekommen wäre. Aber irgendjemand machte sich wohl Sorgen, dass ich dem Unterhaltungsprogramm für heute Nacht in die Quere kommen würde, wenn ich in seiner Nähe wäre, also hatte man mich erfolgreich aus dem Spiel genommen. Ich konnte nicht zugleich dem Konvent gegenübertreten und Tristan beschützen.
Ich verfluchte mich und meine Dummheit. Bei meinem Versuch, den jungen Nachtwandler zu beschützen und dem Konvent ein Schnippchen zu schlagen, hatte ich nur einen viel größeren Schlamassel angerichtet. Eine Begegnung mit dem Hofstaat würde er zwar nicht durchstehen, aber andererseits hatte ich auch meine Zweifel, dass er den Abend allein im Hotel überleben würde.
Obwohl ich nie offizielles Mitglied des Hofes gewesen war, hatte ich doch erlebt, wozu er in der Lage war, und war als Jägerin wie auch als Gejagte in seine Machenschaften verwickelt gewesen. Nachtwandler waren äußerst widerstandsfähige Kreaturen, die stundenlang alle möglichen körperlichen Folter-methoden ertragen konnten. Aber es war mehr als nur der körperliche Schmerz, der am Ende dafür sorgte, dass ein Wesen in einer Lache des eigenen Blutes kauerte und monotone Klagen ausstieß, in denen es um Gnade bettelte oder den Tod erflehte. Sie spielten mit ihrer Beute, bis deren Verstand in Scherben fiel wie ein buntes Glasfenster und nichts mehr davon übrig war. Kein Bewusstsein für das eigene Ich oder die Realität.
Mein Blick wanderte zu Sadira, die jetzt aufstand und zu uns herüberkam, während Tristan hinter ihrem leeren Stuhl stehen blieb und mit einer Hand die Lehne umklammerte, als sei sie sein letzter Rettungsanker. „Sag es", knurrte ich Sadira an. Ich ließ sie nicht aus den Augen, als sie sich an mir vorbeischob und vor den Türflügeln stehen blieb. „Ich weiß nicht, was du meinst", gab sie zurück, aber sie wich meinem Blick aus und würdigte auch Tristan keines Blickes. „Sag es! Tu, was du für mich nie tun würdest", brüllte ich und deutete auf den jungen Nachtwandler. Aber sie sah ihn nicht an. Sie sprach kein Wort. Sie reckte nur ihr Kinn und starrte verbissen die Wand an.
Unwillkürlich wanderte mein Blick zu Tristan zurück. Ich konnte mich immer noch an seinen Geruch erinnern, als er mit mir im Bett gelegen hatte, an diese süße Mischung aus Blut und Heidekraut. Mir ging durch den Kopf, wie seine weiche Haut sich an meine geschmiegt und wie er sich letzte Nacht an meinen Rücken gekuschelt hatte. Ich versuchte mir einzureden, dass er nur ein Gefährte war, der sowieso ausschließlich der Unterhaltung diente, aber bei diesem Gedanken kam mir die Galle hoch. Ein paar Nächte zuvor war er mit mir in die Wälder gegangen und hatte die Naturi angegriffen. Er war nicht von meiner Seite gewichen, als wir in Unterzahl gewesen waren und einem sicheren und schrecklichen Tod durch die Hand unserer Feinde ins Auge gesehen hatten. Er war nicht von meiner Seite gewichen, weil er darauf vertraut hatte,
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