Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
hin. Er packte mich grob bei den Schultern und zwang mich, seinen forschenden Blick zu erwidern. „Es hat sich anders angefühlt. Ich war nicht länger derjenige, der die Sache gelenkt hat - etwas in dir hat sich dagegen gewehrt. Hat Cynnia das mit dir gemacht?" Die letzten Worte flüsterte er, aber ich war mir sicher, dass Stefan sie auch gehört hatte. „Unsere letzte Hoffnung ist dahin", sagte ich leise, bevor ich den Kopf hob und Stefan ansah, der neben mir stand. „Jetzt bleibt uns nur noch ein verzweifeltes Mittel." „Der Makel."
Ich streckte ihm die Hand entgegen. „Ich werde dir helfen."
23
Stefans kühle Finger legten sich langsam und liebkosend um meine, bevor er mich hochzog. Einen Atemzug lang stand er da und hielt still meine Hand, dann ließ er mich los. „Wir müssen Vorkehrungen treffen", sagte er. „Wir müssen den Bannkreis abschreiten. Die . ." „Darum kümmern wir uns schon", fiel ich ihm brüsk ins Wort. Mir war vollkommen klar, wie viel in überaus kurzer Zeit zu erledigen war. „Danaus, geh und hol Shelly. Sag ihr, dass sie Cynnia noch mal in einen Zauberschlaf bannen soll. Nur so können wir sie beschützen." Der Jäger schien zu zögern, und ich konnte es ihm nicht verdenken. Direkt hinter dem Schutzwall aus blauen Flammen lauerten die Naturi, bald würde die Sonne aufgehen, und ich versuchte mich, gemeinsam mit einem Nachtwandler, den ich nicht besonders mochte, an einem merkwürdigen Zauber. Schließlich verschwand Danaus aber im Inneren der Herberge und begab sich auf die Suche nach der Erdhexe und der Naturi-Prinzessin.
Ich wandte mich nach links und ließ die Finger der Rechten durch die Flammen spielen, als würde ich sie in herabrieselndes Wasser tauchen. Zugleich nahm Stefan meine linke Hand in seine, während wir gemeinsam den Umkreis des von den Flammen eingeschlossenen Gebiets abschritten. Naturi-Krieger umschlichen uns. Wenn sie uns zu nahe kamen, loderte das Feuer auf und schnappte nach dem Feind, bis sie sich zurückzogen.
Beim Gehen zertraten wir die zarten Orchideen und buschigen Farne, von denen die Gartenanlage übersät war. Wir gingen die ganze Fläche innerhalb des Feuers ab, während unsere jeweilige Kraft, die wir aus der Blutmagie zogen, die Luft erfüllte. So erschufen wir einen Bannkreis, den die Naturi hoffentlich nicht durchqueren konnten, wenn die Sonne sich schließlich wieder über den Horizont erhob.
„Dir ist doch klar, was die Folgen sind, oder?", fragte Stefan, als wir uns wieder unserem Ausgangspunkt näherten. „Der Zauber wird eine Spur auf meiner Seele hinterlassen", sagte ich nickend. „Einen Makel, den alle Bori erkennen werden", sagte er mit unheilvoller Stimme. Ich schenkte ihm das Lächeln, auf das er es mit seinem übertrieben dramatischen Tonfall anlegte. Der Zauber, an dem wir uns versuchten, hieß genau genommen „Seelensauger". Vor vielen Hundert Jahren war er von Nachtwandlern entwickelt worden, um ihren Unterschlupf während der Tagesstunden vor zufällig auftauchenden Naturi zu schützen. Jeder Kreatur, die den Bannkreis überschritt, wurde die Energie aus der Seele gesaugt, bis sie schließlich starb. Der Zauber verstärkte sich dadurch selbst - je mehr Seelen ihm zum Opfer fielen, desto mächtiger wurde er. Genau darauf setzten wir in diesem Fall, denn schließlich wartete eine ganze Reihe von Naturi darauf, uns anzugreifen, sobald die Sonne aufging.
Der Zauber hatte den Spitznamen „der Makel" bekommen, als es noch Bori auf dem Planeten gegeben hatte. Je mehr Opfer der Zauber forderte, umso dunkler wurde das Mal auf der Seele und wies einen gegenüber den todbringenden Bori als mächtigen Nachtwandler aus. Zudem gab es die Theorie, dass der Erfinder des Makel-Zaubers aus den Seelen der Toten zusätzlich Macht bezog. Der Erschaffer des Zaubers wurde zu einem Speicher für Seelenenergie, etwas, das die Bori nicht nur sehr begehrten, sondern das sie geradezu zum Leben brauchten.
Als die Bori noch auf Erden wandelten, war der Makel-Zauber der Spruch, der nur als allerletztes Mittel angewendet werden durfte. Man sprach ihn in höchster Not, wenn man Entdeckung während des Tages fürchten musste. Denn obwohl man sich damit tagsüber schützen konnte, fand man sich nachts womöglich unter den schwarzen Augen der Bori wieder, und das wollte jeder Nachtwandler unbedingt vermeiden. Niemand wollte seinem Schöpfer ins Auge sehen und die Leine spüren, die er in der Hand hielt.
Allerdings war es schon lange her, dass dieser
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