Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
saß. Dann schlang ich die Arme um die angezogenen Beine und bettete die Stirn auf die Knie. Er hatte recht. Ich war genauso verantwortlich für die Leichen, die mich in diesem Moment umgaben, wie die Naturi. Ich hätte nie zurückkommen dürfen. Ich hätte einen anderen Weg finden müssen, mit den Naturi fertigzuwerden, solange wir auf das nächste Opfer warteten und uns auf die Jagd nach Rowe begaben. Ich hatte bloß Angst gehabt, dass der Konvent mich bei meiner Rückkehr mit Kusshand als Köder einsetzen würde, um den einäugigen Naturi zu besiegen.
Barrett hatte von mir verlangt zu verschwinden, und ich hatte vor, diesem Wunsch zu entsprechen. Mir blieb keine andere Wahl. Bis zum nächsten Opfer waren es nur noch ein paar Nächte. Aber ich konnte mein geliebtes Savannah noch nicht verlassen. Zuerst musste ich Amanda finden. Wenn es mir gelingen würde, sie zu finden und dabei zugleich in einem schnellen Vorstoß mit den Naturi aufzuräumen, konnte ich meine Stadt halbwegs beruhigt alleine lassen. Allerdings musste ich erst noch Danaus überzeugen, mir zu helfen.
7
Ich seufzte tief, als ich aus dem Taxi sprang und ins Dark Room ging. Der Sonnenaufgang kam näher, und ich war müde. Zum Glück war das meine letzte Station für heute Nacht, bevor ich nach Hause gehen und mich etwas ausruhen konnte.
Die Warteschlange vor dem Dark Room war verschwunden, und der Nachtwandler-Türsteher saß auf einem schwarzen Barhocker vor dem Eingang und umklammerte mit den fleischigen Händen eine tragbare Spielkonsole. Das Dark Room war in den letzten paar Monaten ein ziemlich ruhiges Plätzchen geworden. Die Lykanthropen kamen nicht mehr, und man sah auch weniger Nachtwandler, weil sie sich davor fürchteten, alle an einem Ort zusammengepfercht zu sein, falls plötzlich die Naturi auftauchen sollten. Als der Türsteher mich endlich bemerkte, sprang er hastig auf und verstaute die Konsole in der Gesäßtasche seiner Jeans. Ich lächelte nur und klopfte ihm auf die Schulter, als ich an ihm vorbeiging.
Im Eingangsbereich sah ich auf dem Boden zwischen den Garderoben auf beiden Seiten des Raumes eine Blutlache. Ich folgte der Spur über die verwaiste Tanzfläche bis zu einem der Hinterzimmer. Das halbe Dutzend Nachtwandler im Club hatte sich in abgedunkelten Sitznischen niedergelassen und unterhielt sich im Flüsterton über den jüngsten Angriff der Naturi. Auf dem Weg in den hinteren Teil machte ich beim Barkeeper Halt und befahl ihm, das Blut aufzuwischen, bevor es trocknete. Die paar Blutspritzer ließen unser Häuflein Nachtwandler zwar kalt, aber es war mir doch lieber, wenn unser verräterisches Erbgut nicht so offen herumlag. Ich hatte zu viele Jahre damit verbracht, unser kostbares Geheimnis zu bewahren, um jetzt alles durch einen dummen Fehler aufs Spiel zu setzen.
Ich biss die Zähne zusammen und betrat den Raum, in dem ich Knox bereits erspürt hatte. Die Hände in die Hüften gestützt und den Mund missmutig verzogen, stand er über dem sterbenden Nachtwandler. Sein schwarzes T-Shirt war mit Blut vollgesogen und klebte an seinem verkrampften Körper. Über seine linke Wange zog sich außerdem ein verschmierter Blutfleck.
„Wir können nichts mehr für ihn tun", verkündete er, als ich die Tür hinter mir schloss. Ich sah mich im Raum um und entdeckte drei weitere Nachtwandler, die an der Rückwand lehnten. Sechs Menschen mit kränklich weißer Hautfarbe waren vor ihnen auf dem Boden zusammengebrochen. Ihre Blutspender. Die Menschen atmeten schwer, und ihre Herzen schlugen wegen des Blutverlustes nur noch schleppend. „Verfrachtet sie in ein paar Autos", befahl ich. „Verteilt sie auf mindestens drei verschiedene Krankenhäuser. Sie brauchen Blut." Es hätte mir gerade noch gefehlt, wenn wegen dieses Naturi-Überfalls auch noch ein Haufen Menschen starben.
Die Nachtwandler setzten sich rasch in Bewegung, hoben die bewusstlosen Menschen auf und trugen sie aus dem Club, während ich meine Aufmerksamkeit Knox und dem sterbenden Kevin zuwandte. „Ohne medizinische Hilfe von Menschen können wir nichts tun", gestand Knox und rieb sich mit einer blutigen Hand über das Kinn. „Ihm wurde fast das Herz aus der Brust gerissen. Er hat zu viele und zu schwere Wunden davongetragen. Wir schaffen es nicht, dass er das Blut lange genug im Körper behält, um den Heilungsprozess in Gang zu setzen."
Mit anderen Worten, Kevin würde die Tagesstunden niemals überleben. Bei Sonnenaufgang würde seine Seele aus dem Körper
Weitere Kostenlose Bücher