Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
schicken Wagen in Augenschein nahm.
»Ist sie nicht wunderschön?«, flüsterte sie und sah nicht einmal auf, als ich an ihre Seite trat. »Ich hab sie ein paar Tage vor James’ Ankunft bekommen, aber schon vor Monaten bestellt, nachdem James meinen M5 zu Schrott gefahren hat.«
»Du stehst auf Autos?«, fragte ich und konnte die Skepsis in meiner Stimme nicht unterdrücken.
Mia schnaubte und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Das ist nicht bloß irgendein Auto!«, rief sie. »Das ist ein 2010er- BMW M6 mit einem fünfhundert PS starken V10-Motor. Dieses edle Gefährt aus Stahl, Glas und Leder ist ein wahres Kunstwerk.« Zu meinem Entsetzen beugte sie sich vor und drückte einen sanften Kuss auf die Motorhaube des Wagens. »Und sie ist mein Baby!« Mit einem erneuten Aufseufzen ging Mira zum Kofferraum und fuhr unterwegs liebevoll mit der Linken über die schlanken Kurven des Autos. Mit einer Fernsteuerung ließ sie den Kofferraumdeckel aufschnappen und warf die Tasche hinein, die sie die ganze Zeit über der Schulter getragen hatte, und trat dann beiseite, damit ich mein Gepäck ebenfalls verstauen konnte.
Nach dreißig Sekunden Fahrt hatte ich begriffen, dass Miras Faszination weder von den edlen Ledersitzen noch der beeindruckenden Stereoanlage oder dem kurvenreichen Design herrührte, das Sündhaftigkeit und Verführung atmete. Nein, es war einfach die ungezähmte Power, die sie unter dem Sitz hatte. Mit quietschenden Reifen jagten wir aus dem Parkhaus durch ein Labyrinth von Seitenstraßen auf die Autobahn und rauschten dabei durch alle sieben Gänge wie Wasser, das durch eine schmale Regenrinne schießt.
Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie voll konzentriert den Verkehr beobachtete und zwischen den anderen Wagen hindurchbrauste, die in gemütlichem Abstand auf der Autobahn schaukelten. Trotz der halsbrecherischen Geschwindigkeit fühlte ich mich sicher. Sie würde nie etwas tun, das ihrem »Baby« gefährlich werden könnte. Und sie hatte recht. Das Auto war eine umwerfende Symphonie aus Sex und Macht, die perfekt zu Mira passte.
9
Wir folgten dem blassen Betonband, das sich in nördlicher Richtung zur Stadt hinausschlängelte und nahmen dann die Autobahn. Als der Verkehr dichter wurde, ging Mira etwas vom Gas und lockerte den Griff um das mit schwarzem Leder verkleidete Steuerrad. Im schwachen Schein der Innenbeleuchtung konnte ich erkennen, wie die Anspannung in ihr Gesicht zurückkehrte, als die Freude darüber, wieder in ihrem Auto zu sitzen, langsam nachließ.
»Wohin fahren wir denn?«, fragte ich. Meine tiefe Stimme grollte wie Donner durch die Stille im Wagen.
»Zu einer kleinen Nachtwandler-Versammlung«, erklärte sie.
»Warum?«
Mira saugte die Unterlippe ein und biss eine Sekunde darauf herum. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Endlich rückte sie mit der Sprache heraus: »Erstkommunion.«
»Warum habe ich bloß das Gefühl, dass das nichts mit dem letzten Abendmahl zu tun hat?«, fragte ich mit einem nicht zu überhörenden Unterton von Sarkasmus. Meine rechte Hand verkrampfte sich um den Haltegriff an der Tür. Es würde schlimm werden.
»Gestern hat ein Nachtwandler innerhalb der Stadtgrenzen einen neuen Gefährten in unser Leben überführt«, begann sie.
»Überführt? Heißt das, er hat einen neuen Vampir erschaffen?«, fiel ich ihr ins Wort.
»Ja, und wenn du dich nicht wieder einkriegst, dann sperre ich dich im Kofferraum ein«, drohte sie und umklammerte das Steuerrad fester. »Diese neue Entwicklung passt mir selber nicht besonders gut, aber jetzt ist es zu spät. Die Sache ist gelaufen.« Sie durchbohrte mich ein paar Sekunden mit einem warnenden Blick. Zähneknirschend wartete ich, dass sie weiterredete. In einer Hinsicht hatte sie recht: Es gab jetzt einen neuen Vampir in der Welt, ob es mir passte oder nicht.
»Na gut«, fuhr sie ärgerlich fort. »Die Erstkommunion ist das erste Mal, dass ein neugeborener Vampir sich kräftigt. Bei meinen Leuten ist das eine große Sache. Es gibt eigentlich keine Zeremonie, aber wenn der Erzeuger und der neue Nachtwandler im Territorium eines anderen Nachtwandlers jagen, ist es Brauch, dass der Hüter der Domäne bei der Erstkommunion anwesend ist.«
»Warum?«
»Um den Prozess der Einweisung in unsere Lebensart zu beginnen. Für einen Welpen gibt es jede Menge zu lernen, wenn er überleben will. Der neue Nachtwandler muss die Bedeutung solcher Begriffe wie Herr und Sklave verinnerlichen.«
Etwas Kaltes,
Weitere Kostenlose Bücher