Jägerin des Herzens
»Nur eine Minute. Ich gehe rasch in die Küche und lasse dir …«
»Ich habe keinen Hunger«, unterbrach er sie. »Mach dir keine Mühe. Ich habe dir doch gesagt dass ich zu tun habe.«
»Aber ich möchte dir etwas sagen.«
»Ich habe keine Zeit, um mich mit dir zu unterhalten.«
»Aber Derek …«
»Nein …«
»Ich habe ihn geheiratet«, sagte Lily einfach. Sie hatte es gar nicht so plötzlich heraussprudeln wollen.
Verlegen lachte sie auf. »Ich habe heute früh Lord Raiford geheiratet.«
Derek blickte sie verständnislos an. Er wurde ganz still und trank sein Glas aus. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, als er gepresst fragte: »Hast du ihm von Nicole erzählt?«
Lilys Lächeln erlosch. »Nein.«
»Was erwartest du von ihm, wenn er herausfindet dass du eine uneheliche Tochter hast?«
Sie senkte den Kopf. »Ich erwarte, dass er die Ehe annullieren lässt oder die Scheidung einreicht. Ich kann ihm keine Vorwürfe machen, dass er mich hasst wenn er entdeckt, wie ich ihn getäuscht habe. Derek, sei nicht so wütend. Ich weiß, dass es so aussieht als ob ich eine Dummheit begangen hätte, aber es macht wirklich Sinn …«
»Ich bin nicht wütend.«
»Mit Alex’ Vermögen kann ich mit Giuseppe handeln …« Sie keuchte überrascht auf, als Derek plötzlich auf sie zutrat und ihr eine Hand voll Münzen vor die Füße warf. Wie erstarrt blickte sie ihn mit aufgerissenen Augen an.
»Deswegen hast du es nicht getan«, sagte er kühl. »Dir ist es nicht ums Geld gegangen. Sag mir die Wahrheit Gypsy – das ist das Einzige, was bei uns beiden jemals gezählt hat.«
»Die Wahrheit ist dass ich meine Tochter zurückhaben möchte«, sagte sie abweisend. »Das ist der einzige Grund, warum ich ihn geheiratet habe.«
Unsicher hob er die Hand und wies zur Tür. »Wenn du mich anlügen willst dann verlass sofort meinen Club.«
Lily blickte zu Boden und schluckte. »Na gut«, murmelte sie. »Ich gebe es zu. Ich habe ihn gern. Wolltest du, dass ich das sage?«
Derek nickte. Er schien sich wieder zu beruhigen. »Ja.«
»Er tut mir gut«, fuhr Lily stockend fort. »Ich hätte nie geglaubt dass es einen Mann wie ihn gibt einen Mann ohne eine Spur von Bosheit oder Unehrenhaftigkeit. Er sagt, er will mich nicht verändern. Wenn ich mit ihm zusammen bin, gibt es Momente, in denen ich weiß, wie es ist, glücklich zu sein. So ein Gefühl habe ich noch nie zuvor erlebt. Ist es denn falsch, so etwas zu wollen, wenn auch nur für kurze Zeit?«
»Nein«, erwiderte er leise.
»Wir beide können doch immer noch Freunde sein, oder?«
Er nickte. Lily seufzte und lächelte erleichtert.
Dereks Gesicht war seltsam ausdruckslos. »Ich muss dir etwas sagen. Du …« Er brach ab und suchte nach Worten, die ihr gefallen würden. »Du brauchst einen Mann wie Wolverton, und du wärst eine verdammte Närrin, wenn du ihn wieder aufgeben würdest. Das Leben, das du geführt hast hätte dich umgebracht, Gypsy. Es hat dich hart gemacht. Er wird für dich sorgen und auf dich aufpassen. Sag ihm nichts von deinem Kind. Vielleicht ist es ja auch gar nicht mehr nötig.«
»Er muss es zumindest dann erfahren, wenn ich Nicole finde.«
»Vielleicht findest du sie nie.«
Wütend funkelte sie ihn an. »Doch, das werde ich. Sei doch nicht so gemein, nur weil ich etwas getan habe, das dir nicht gefällt.«
»Du suchst jetzt schon seit zwei Jahren.« Die ruhige Beharrlichkeit seiner Stimme machte sie nervöser, als es jeder Spott vermocht hätte. »Weder ich noch dein verdammter Detektiv haben sie finden können, und ich habe meine Leute überall hin geschickt …« Er schwieg, als er sah, dass ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich, aber dann fuhr er entschlossen fort: »Sie haben in Gefängnissen, Gasthäusern, Arbeitshäusern und am Hafen gesucht … sie ist entweder schon vor langer Zeit gestorben oder woandershin verkauft worden, Gypsy. Oder …« Er presste die Kiefermuskeln zusammen. »Es ist zu spät und aus ihr ist etwas geworden, vor dem man sie nicht mehr retten kann.
Ich weiß, was sie Kindern alles antun, was sie sie tun lassen … Ich weiß es, Gypsy, weil … einiges davon haben sie auch mir angetan. Dann wäre es besser für sie, wenn sie tot wäre.« Seine kalten grünen Augen spiegelten längst vergangene Qualen wider.
»Warum tust du das?«, fragte Lily rau. »Warum sagst du so etwas zu mir?«
»Du verdienst eine faire Chance mit Wolverton. Du musst deine Vergangenheit hinter dir lassen, sonst bricht deine
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