Jägerin des Herzens
und starrte ihre Schwester wütend an. Irgendetwas an der nüchternen Art Penelopes vermittelte Lily das gleiche Gefühl, wie sie es in ihrer Jugend empfunden hatte, als alle die Welt anders sahen als sie. Was war ihr Geheimnis? Warum ergab eine arrangierte Ehe ohne Liebe für alle Sinn, nur nicht für sie?
Offenbar hatte sie zu lange ihre Freiheit genossen. Sie setzte sich neben Penelope aufs Bett. »Ich verstehe nicht warum du es so erfreut hinnimmst einen Mann zu heiraten, den du nicht liebst.« Lily versuchte, fröhlich zu klingen, aber ihre Stimme hatte einen klagenden Unterton.
»Ich bin nicht erfreut darüber, aber ich habe resigniert. Verzeih mir, Lily, dass ich das sage, aber du bist eine Romantikerin, im wahrsten Sinne des Wortes.«
Lily blickte sie finster an. »Keineswegs! Ich bin von Natur aus hartgesotten und praktisch veranlagt. Ich habe genug Schläge eingesteckt, um die Welt zu sehen, wie sie ist und daher weiß ich …«
»Liebste Lily.« Penelope er griff ihre Hand und drückte sie. »Seit ich ein kleines Mädchen war, habe ich dich immer für die schönste, mutigste, ach ich weiß nicht was gehalten. Aber praktisch warst du nie. Nie.«
Lily entzog ihr die Hand und betrachtete ihre kleine Schwester erstaunt. Offensichtlich würde Penelope nicht so kooperativ sein, wie sie erwartet hatte. Nun, sie musste ihren Plan ausführen. Es war nur zu Pennys Vorteil, ob sie es nun zugab oder nicht dass sie gerettet wurde. »Ich möchte nicht über mich reden«, sagte sie abrupt. Ach möchte über dich reden. Von all deinen Verehrern in London musst du doch irgendjemanden Wolverton vorgezogen haben.« Sie zog bedeutungsvoll die Brauen hoch. »Zachary Stamford zum Beispiel. Hmm?«
Penelope schwieg eine Weile, sie schien mit ihren Gedanken weit weg zu sein. Sie lächelte wehmütig. »Lieber Zachary«, flüsterte sie. Dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist alles geplant. Lily, du weißt dass ich dich noch nie um etwas gebeten habe. Aber jetzt möchte ich dich von ganzem Herzen um etwas bitten. Bitte, setz es dir nicht in den Kopf, mir helfen zu wollen. Ich werde mich Papas und Mamas Entscheidung beugen und Lord Raiford heiraten.
Ich bin dazu verpflichtet.« Sie schnippte mit den Fingern, als sei ihr gerade eine Idee gekommen. »Warum kümmern wir uns nicht lieber darum, einen Ehemann für dich zu finden?«
»Du liebe Güte!« Lily zog die Nase kraus. »Ich habe keine Verwendung für einen Mann. Natürlich macht es Spaß, mit ihnen auf die Jagd zu gehen oder Karten zu spielen. Aber sonst… oh, Männer sind zu unangenehm. Gierige, fordernde Geschöpfe. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, jemanden von hinten und vorne zu bedienen und behandelt zu werden, als sei ich ein aufgewecktes Kind und nicht eine Frau mit ihrer eigenen Meinung.«
»Männer sind äußerst nützlich, wenn man eine Familie haben möchte.« Wie alle ordentlichen jungen Mädchen ihres Alters hatte man Lily beigebracht dass es die schönste Aufgabe für eine Frau war, Kinder zu gebären.
Die Worte riefen schmerzliche Erinnerungen in Lily hervor. »Ja«, sagte sie bitter, »um Kinder zu zeugen, sind sie bestimmt nützlich.«
»Du willst doch auch nicht immer allein bleiben, oder?«
»Besser das als unter der Fuchtel eines Mannes!« Lily hatte gar nicht gemerkt, dass sie laut gesprochen hatte, bis sie die Verwirrung auf Penelopes Gesicht sah. Lily lächelte sie an und ergriff einen Schal, der über einem Sessel lag. »Kann ich mir den leihen? Vielleicht gehe ich ein wenig spazieren. Es ist ziemlich stickig hier drinnen.«
»Aber Lily …«
»Wir reden ein anderes Mal weiter. Ich verspreche es dir. Wir sehen uns dann beim Essen, Liebes.« Eilig verließ sie das Zimmer und eilte durch die Halle die Treppe hinunter, ohne darauf zu achten, wohin sie ging.
Blind für die prächtige Umgebung lief sie mit gesenktem Kopf einfach weiter. »Mein Gott, ich muss vorsichtig sein«, flüsterte sie. Ihre Selbstbeherrschung hatte in der letzten Zeit nachgelassen, und sie achtete nicht mehr sorgfältig genug auf ihre Worte. Sie durchquerte die große Halle und fand sich schließlich in einer endlos langen Galerie wieder, durch deren Glastüren man auf einen gepflegten Garten mit makellosen Rasenflächen und von Beeten gesäumten Wegen blickte. Ein flotter Spaziergang würde ihr guttun. Lily schlang sich den Schal um die Schultern und trat nach draußen. Tief atmete sie die kühle Luft ein.
Der Garten war prächtig und üppig. Sorgfältig getrimmte
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