Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jägerin des Herzens

Jägerin des Herzens

Titel: Jägerin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
von einem großen, bärtigen Butler geöffnet. Der Mann war beeindruckend. Seine Würde umhüllte ihn wie ein Mantel, und sein ausdrucksloses Gesicht strahlte Autorität aus. »Guten Abend, Lord Raiford. Miss Lawson hat Euch bereits erwartet.«
    »Wo ist mein Bruder?« Ohne die Antwort abzuwarten, schob Alex sich an dem Butler vorbei. »Henry!«, schrie er so laut dass die Wände erzitterten.
    »Lord Raiford«, bemerkte der Butler höflich, »wenn Ihr bitte hier entlang kommen wollt …«
    »Was ist mit meinem Brüder?«, bellte Alex. »Wo ist er?« Ohne auf den gemessenen Schritt des Butlers zu achten, nahm Alex zwei Stufen auf einmal. »Henry? Henry, ich zerreiße dich in der Luft! Und was Miss Lawson angeht …
    sie sollte sich besser auf ihren Besen setzen und fliehen, bevor ich sie finde!«
    Aus dem zweiten Stock drang Lilys kühle, amüsierte Stimme zu ihm. »Wolverton! Nachdem Ihr mich aus Eurem Haus geworfen habt glaubt Ihr wohl, Ihr habt das Recht auch in meinem herumzuschreien!«
    Alex eilte der Stimme nach und riss die erste Tür auf, die er fand. Er stand vor einem leeren Wohnzimmer. »Wo seid Ihr?«
    Ihr Lachen erfüllte die Halle. »In meinem Schlafzimmer.«
    »Wo ist Henry?«
    »Woher soll ich das wissen? Hört mit diesem grässlichen Gebrüll auf, Wolverton. Ein verwundeter Bär könnte nicht mehr Lärm machen als Ihr.«
    Alex riss die nächste Tür auf und trat in das Schlafzimmer. Er hatte einen flüchtigen Eindruck von Buchenholz und grünen Seidenvorhängen. Bevor er sich jedoch umsehen konnte, wurde etwas krachend auf seinem Kopf zerschmettert. Vor Schmerz und Überraschung aufstöhnend sank er zu Boden, und ihm wurde schwarz vor Augen.
    Lily ließ die Hand sinken, in der sie immer noch die Flasche hielt. Sie stand über ihm und empfand eine seltsame Mischung aus Entsetzen und Triumph. Alex sah aus wie ein erlegter Tiger. »Burton«, rief sie. »Komm sofort her und hilf mir, Lord Raiford aufs Bett zu legen.«
    Der Butler kam an die Tür des Schlafzimmers. Eine Weile stand er nur da und ließ seinen Blick von der mit einem Tuch umhüllten Flasche in Lilys Hand auf Alex’ hingestreckten Körper gleiten. Er hatte Hunderte von Lilys Eskaaden miterlebt aber dieses Mal war er zum ersten Mal wirklich erschüttert. Nur mit Mühe gelang es ihm, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. »Ja, Miss«, sagte er schließlich und warf sich Alex’ leblosen Körper über die Schulter.
    »Vorsichtig tu ihm nicht weh«, sagte Lily besorgt. »Ich meine … nicht noch mehr, als ich ihm schon wehgetan habe.«
    Keuchend vor Anstrengung legte Burton Alex auf dem Bett ab. Dann richtete er sich auf und ordnete seine Erscheinung wieder. Er zog Jacke, Weste und Krawatte zurecht und strich sich die Haare glatt. »Gibt es sonst noch etwas zu tun, Miss Lawson?«
    »Ja«, erwiderte sie und setzte sich neben Alex auf die Bettkante. »Stricke.«
    »Stricke«, wiederholte Burton tonlos.
    »Um ihn festzubinden, natürlich. Wir können ihn doch nicht entkommen lassen. Oh, und hol sie schnell, Burton. Er wird jeden Moment aufwachen.« Sie betrachtete ihren Gefangenen nachdenklich. »Vermutlich sollten wir ihm Jacke und Stiefel ausziehen.«
    »Miss Lawson?«
    »Ja?« Sie blickte ihn an. Ihre Augen blitzten schelmisch.
    Burton schluckte. »Darf ich fragen, wie lange der Earl bei uns bleibt?«
    »Oh, nur heute Nacht. Lass seine Kutsche nach hinten schaffen und bring den Kutscher für die Nacht unter.«
    »Sehr wohl, Miss.«
    Während Burton sich auf die Suche nach Stricken machte, trat Lily zu dem schlummernden Riesen auf ihrem Bett.
    Auf einmal war sie eher erstaunt über das, was sie getan hatte. Alex rührte sich nicht. Er lag mit geschlossenen Augen da und wirkte sehr jung und verletzlich. Seine langen Wimpern warfen Schatten auf seine Wangenknochen.
    Ohne sein gewohntes finsteres Aussehen wirkte er so … unschuldig. »Ich musste es tun«, sagte sie reumütig. »Ich musste es einfach.« Sie beugte sich über ihn und strich ihm über die blonden Haare.
    Sie beschloss, es ihm bequemer zu machen, und löste seine schwarze Krawatte. Die Seide war immer noch warm von seiner Haut. Schweigend betrachtete sie ihn, dann knöpfte sie seine Jacke und die obersten beiden Knöpfe seines weißen Leinenhemds auf. Ihre Knöchel streiften die zarte Haut an seinem Hals. Ein seltsamer, angenehmer Schauer durchfuhr sie.
    Verwundert strich sie über seine gebräunte Wange, über sein energisches Kinn und die seidige Wölbung seiner

Weitere Kostenlose Bücher