Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
lief ein paar Schritte voraus. Er hinter ihr her.
»Finn!«
Das Gurren wurde sinnlicher, die Kätzin streckte ihr Hinterteil noch etwas höher in die Luft. Der Schwanz fiel zur Seite.
Drauf!
Etwas ungeschickt packte Finn ihr Nackenfell, um sich daran festzubeißen.
Himmel!
Wow!
»Au!«
Kaum hatte er sie losgelassen, knallte die nun gar nicht mehr freundliche Kätzin ihm die Krallen um die Ohren. Verdattert ließ er sich verprügeln, bis Sem dazwischensprang und der Kätzin ebenfalls die Pfote auf den Kopf schlug.
»Verschwinde, Pachet!«, zischte er sie an.
»Was maßt du kleiner Lümmel dir eigentlich an?«, fauchte sie zurück, und schon war eine wüste Balgerei im Gange.
Finn saß noch immer verwirrt auf seinem Hintern und sortierte seine Gefühle.
Sie waren verletzt. Und zwar zutiefst.
Aber dann dämmerte ihm, dass Sem so allmählich der Unterlegene in dem Kampf war. Er blutete schon aus mehreren Wunden und hatte einen derben Kratzer auf der Nase.
Wut kochte in ihm hoch, und er warf sich ins Getümmel.
Pachet mochte eine geübte Kriegerin sein, aber gegen die zwei musste sie dann doch aufgeben. Mit verrutschtem Kopftuch entfloh sie mit weiten Sprüngen in den Wald.
»Du Idiot«, keuchte Sem und begann, seine Wunden zu lecken. Auch Finn begutachtete sein zerschrammtes Fell.
»Ja, ich war ein Idiot.«
»Gut, dass du es einsiehst. Pachet ist eine Kriegerin aus dem Schwesternrat«, erklärte Sem. »Egal, was die macht, gleichgültig, wie rollig die ist, der hast du dich nicht zu nähern.«
»Und zu verprügeln wohl auch nicht.«
»Nein.«
»Du hättest dich raushalten müssen.«
»Ging nicht.«
»Nicht?«
»Bist mein Freund«, brummte Sem.
Ein Schnurren drängte sich durch Finns Kehle.
Sie brachten ihr Fell in Ordnung, putzten das Blut ab und hinkten dann zurück zu ihrem Lager. Verspätet natürlich, und Hauptmann Anhor zeigte ihnen, dass er die Verletzung der Disziplin durchaus zu strafen wusste.
Ruhepausen waren bis auf Weiteres gestrichen. Und der unbeliebte Scharrdienst wurde verdoppelt. Zur Freude der anderen Grenzwächter.
Dritter Teil
Trefélin
32. Felis Übergang
Nefer saß auf einem Autodach und sah Felina beschwörend an.
»Du machst jetzt nicht schlapp!«
»Ich weiß nicht. Es ist …« Ihr klapperten die Zähne. Es war kühl, und über ihr flackerte eine unruhige Beleuchtung nervös vor sich hin. Es roch nach Beton, Abgasen, Gummi und Regen. Die Riemen des Rucksacks lasteten ihr plötzlich auf den Schultern, und das Brummen der Ventilation dröhnte in ihren Ohren.
Ihr Herz raste.
»Lass uns umkehren«, keuchte sie.
»Nein, Feli, das bringst du jetzt nicht. Wir haben alles ganz genau durchgesprochen.«
»Kann ja sein, aber ich hab Angst.«
Mehr als Angst. Panik!
»Feli, leg deine linke Hand auf meinen Rücken. Komm schon!«
Sie zögerte, tat aber dann doch, was der schwarze Kater ihr befahl. Kaum lagen ihre Finger auf dem seidigen Pelz, begann er zu schnurren. Sein ganzer Körper vibrierte, und diese Schwingungen übertrugen sich über ihren Arm und erreichten ihr hoppelndes Herz.
Es beruhigte sich.
Die Panik legte sich etwas.
»Besser?«, brummelte Nefer.
»Ja, wird besser.«
»Wiederhole es mir noch mal.«
»Mirr für nein und Mau für ja, und Mirrmau für weiß nicht. Birrip für rechts und Mirrip für links und ein Kchch für Stop. Richtig?«
»Sehr gut. Und gut auf Ohren, Schwanz und Schnurrhaare achten, ja? Vergiss nicht, ich verstehe dich.«
»Ja, Nefer.«
»Wenn dir irgendwas unheimlich vorkommt, musst du das Ankh anfassen. Ganz fest halten und deine Kraft sammeln.«
»Ja, Nefer.«
»Und nun den Ohrring, Feli. Bitte.«
Irgendwo hallten Schritte durch das nächtliche Parkhaus, und ein Motor wurde gestartet. Feli wischte ihre feuchten Hände an der Jeans ab und löste dann den kostbaren Ring aus dem Ohr, um ihn in das bereit gehaltene Katzenohr zu stecken. Kaum baumelte er darin, rieb Nefer seinen Kopf in ihrer Hand.
Er konnte höchst charmant sein, der schwarze Halunke.
Er maunzte leise und sprang vom Autodach. Dann schnellte sein Schwanz wie eine Standarte nach oben, und er schritt energisch auf die alte römische Wasserleitung zu.
Felina umklammerte das Amulett und folgte ihm. Die Gitterstäbe, die den Eingang verschlossen, verschwammen zitternd vor ihren Augen, dann betrat sie das Zwielicht. Kein Parkhaus mehr, kein Neonlicht, kein Betonboden. Weicher Humus federte unter ihren Füßen, graue, glatte Stämme ragten vor ihr auf, ein schmaler,
Weitere Kostenlose Bücher