Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
Er wollte mit uns sprechen. Da ich im Moment viel zu tun habe und oft weg bin, habe ich ihm gesagt, er soll alles mit Dir klären. Ich weiß, dass Vater nirgendwo besser aufgehoben ist, als in Deinen Händen. Solltest Du meine Hilfe brauchen, bin ich selbstverständlich da.« Ohne Kerner auch nur eines Blickes zu würdigen, ging Ferruccio Vigiani hinaus.
Auf dem Gesicht von Bice zeigten sich Sorgenfalten. Maria kam in die Bibliothek. »Contessa, der Doktor wartet auf Sie in der Eingangshalle. Er möchte ungestört mit Ihnen reden, und in einer halben Stunde habe ich das Essen fertig. Für Ihren Vater habe ich etwas Leichtes zubereitet. Sie können es ihm mit hochnehmen. Schließlich muss er doch etwas essen. Wenn ich ihn frage, sagt er ja doch nur, er habe keinen Hunger.« Kopfschüttelnd ging Maria wieder zurück in ihre Küche.
Bice sah Kerner entschuldigend an. »Tut mir leid, Victor. Ich muss mit Dr. Riva reden. Kann ich Dich eine Weile alleine lassen? Willst Du vielleicht noch einmal sehen, wie weit sie mit dem Gemälde sind?« Kerner winkte ab. »Nein, geh ruhig. Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich mich ganz gerne mal in Eurer Bibliothek umsehen.« Bice zeigte auf die gewaltigen Regale in dem großen Raum. »Fühl Dich wie zu Hause, Victor. Hauptsache, Du läufst mir nicht weg.« Sie lachte und küsste ihn noch einmal. Dann ging auch sie hinaus.
Kerner war nun ganz allein. Langsam näherte er sich dem Regal, vor dem der Conte bei ihrem Eintreffen gestanden hatte. Er sah die Bücherreihen durch und entdeckte das in Leder eingebundene Buch. Es war das Buch, in das der Conte eben so vertieft gewesen war. Kerner drehte etwas den Kopf und versuchte, die abgegriffene Schrift darauf zu lesen. Es war eine frühe Ausgabe von Charles Darwins Evolutionstheorie. Daneben standen auch noch weitere Abhandlungen von ihm. Darunter eine über die Züchtung von vervollkommneten Rassen und deren Erhaltung. Ein Stück weiter unten fand er Bücher von Ernst Haeckel. Ein Deutscher, der die Evolutionstheorie Darwins konsequent auf den Menschen übertrug. Während Darwins Theorien als ein eher wissenschaftliches Werk angesehen werden konnten, so prägte Haeckel aufgrund dieser Vorlage eine rassistische Ideologie. Eine gefährliche Lektüre. Für das Recht des Stärkeren gemäß Haeckels Veröffentlichungen musste eine konsequente Selektion stattfinden. Eine Auslese von hoch entwickelten Menschen, die sich wiederum nur mit Ihresgleichen fortpflanzen sollten. Für jene, die den hohen Anforderungen nicht gewachsen waren, sah er Euthanasieprogramme vor. So regte er in seinen Werken an, missgebildete Neugeborene, geistig behinderte Menschen, Krebskranke und andere für die Volkswirtschaft unnütze Kreaturen konsequent auszumerzen.
Es waren genau diese krankhaften Theorien, die auch einst Heinrich Himmler übernommen hatte. Er ging dabei nur noch einen Schritt weiter. Haeckels Baum des Lebens , der sich wie eine Anleitung zur Rassenzüchtung las, wurde von Himmlers SS auf brutalste Weise in die Realität umgesetzt. Mit grenzenloser Menschenverachtung hatte er den Aufbau von Massenvernichtungslagern betrieben, um das Land von den Untermenschen zu befreien. Die Ballastexistenzen mussten über Bord geworfen werden.
Allenfalls als Ersatzteillager für die Oberschicht hätte ein kleiner Teil von ihnen noch eine Daseinsberechtigung. Allein der von ihm angestrebten Herrenrasse sollten alle Ressourcen zur Verfügung stehen.
Kerners Blick ging weiter über die Reihen der Bücher. Alles, was er hier sah, war geschrieben von Menschen ohne Seele. Spencers Suvrival of the Fittest , Hitlers Mein Kampf. Die Reihe setzte sich unendlich fort, und in all diesen Büchern dort steckten Hunderte von Zetteln mit handschriftlichen Anmerkungen. Hier hatte jemand nicht nur etwas nachgeschlagen, nein, diese Bücher studierte jemand voller Hingabe. Kerner schob das letzte Buch, das er herausgezogen hatte, wieder zurück. Es war klar, wer diese Bücher und ihren Inhalt verehrte. Ferruccio Vigiani, … Himmlers Erbe. Er wollte die Bibliothek schon verlassen, als sein Blick auf ein kleines, schwarzes Notizbuch fiel, das dort vor einer Bücherreihe in einem der Regale lag.
Kerner nahm es in die Hand und schlug es auf. Es gehörte Ferruccio Vigiani. Überall waren Geldbeträge in verschiedenen Währungen notiert, hinter denen sich irgendwelche Kürzel befanden. Es waren teilweise gewaltige Summen, um die es dort ging. Gerade in den letzten
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