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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
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Taille und führten sie sanft aus dem Thronzimmer.
    Della wollte etwas sagen. Es schien ihr unlogisch, daß diese Rasse, die alles auf der Welt machen konnte, die die unbestrittenen Herren des Sonnensystems waren, so etwas wie sie brauchten, um ihre Arbeit zu erledigen. Aber man hatte sie schon aus dem Zimmer geführt und brachte sie zum letztenmal in ihre Zelle.
     
    Augenblicke später war sie frei. Es gab nichts, was des Mitnehmens wert gewesen wäre, deshalb führten sie sie durch den langen Gang zu einem Ausgang, öffneten ihn für sie, schlossen ihn hinter ihr und ließen sie draußen stehen.
    Sie blickte an einem trüben Morgen von einem niedriggelegenen Punkt aus auf New York; sie war irgendwo in der Battery, die hier unter den Meeresspiegel abfiel, und betrachtete die Wolkenkratzer, die sich im Norden befanden. Sie spürte Regen in der Luft. Nördlich des Empire State Buildings begann der Nebel eben aufzubrechen, und sie konnte sehen, wie die Son ne sich unter der Wolkendecke hervorkämpfte und sie erschöpft anstrahlte, so, wie sie es an tausend anderen Morgen getan hatte.
    Betroffen von der Parallelität des Ganzen (weil es genauso war, als sei sie zu früh aufgestanden, fühle sich krank und hätte sich von James’ Seite weg in den Garten gestohlen und durch ihre Freiheit verblüfft, begann Della langsam ihren Weg durch das knöcheltiefe Wasser, auf festere Erde zu, dem Mann entgegen, den sie befreien sollte.
    Sie sah noch einmal auf die Botschaft, die man ihr in die Hand gedrückt hatte.
    Meide ihn.
    Finde ihn.
    Schließ dich uns an.

 
Zwölf
     
    EIN ZWISCHENSPIEL:
    Della und Perkins hatten ein Verhältnis. Das heißt, Della nannte es so; Perkins, bis aufs Äußerste vorsichtig, war der Ansicht, daß es ein »Verstehen« war. Während Archer gelähmt und in tiefer Bewußtlosigkeit in sei nem Krankenzimmer lag, Flüssigkeit in und aus seinem Schädel tröpfelte, hatte Della – eine völlig normale, gesunde Frau mit Wünschen und Gefühlen – immer noch ein Leben zu leben. Es war anzunehmen, daß sie jemand anderen benötigen würde. So sah es jedenfalls Perkins.
    Außerdem war er schon immer von ihr angezogen worden. Beim ersten Mal, als sie und Archer in seine Praxis gekommen waren (das war vor zehn Jahren gewesen), hatte er in ihr eine dermaßen attraktive und begehrenswerte – und in einem Käfig gefangene – Frau gesehen, daß seine Lebensphilosophie, das Junggesellenleben sei eines der schönsten, ins Wanken geraten war. Es war lächerlich, aber so war es nun mal. Er hatte nie die Absicht gehabt zu heiraten – bis er sie gesehen hatte – und da außerehelicher Sex zu nichts Gutem führte – hatte er sich vorgenommen, niemand anders zu heiraten. Denn in seinen Augen gab es niemanden, der so war wie Della.
    So war zu erwarten gewesen, daß in dieser Zeit der großen, tragischen Anspannung Della und er zusammenfinden würden. Es war ja auch nichts Unrechtes daran. Er hatte sich lediglich als Freund ihrer angenommen, hatte sich als Fels, an den sie sich klammern konnte, angeboten – und so, wie die Dinge ihren Lauf nahmen, lagen sie gewiß außerhalb seiner unmittelbaren Kontrolle. Es hatte einfach so kommen müssen. Es lag ihm fern, aus einer Situation wie dieser Nutzen zu schlagen. Außerdem kümmerte sich niemand mehr um Archer als er. Er würde auf keinen Fall etwas unternehmen, um dem Mann wehzutun. Abgesehen davon, konnte man Archer gar nicht wehtun. Denn Archer war nahezu klinisch tot. Er lag in einem großen weißen Zimmer, und nur seine schwachen Atemzüge zeugten davon, daß er sich gegenüber dem Tod immer noch behauptete. Er hatte zu dem, was draußen vor sich ging, absolut keine Beziehung. Hätte er auch nur für einen Augenblick gewußt, daß sein Hausarzt seine Frau vögelte – na, wenn schon – Archer würde als erster erkannt haben, was die Stunde geschlagen hatte. Perkins wäre unter normalen Umständen nie in eine solche Sache verwickelt worden, aber hier war zur Abwechslung alles vollkommen sicher. Perkins war seit dreißig Jahren Arzt. Und aus beruflicher Erfahrung, seinem Fachwissen und vielen Krankengeschichten wußte er, daß Archer es keinesfalls überstehen würde. Nichts konnte ihm helfen. Er würde zehn Tage oder zehn Jahre lang flach atmend in seinem Bett liegen; die vielfarbigen Flüssigkeiten würden pulsierend in ihn hinein- und aus ihm herausfließen, und dann würde er sterben. Es gab für ihn nichts mehr zwischen dem Jetzt und dem Augenblick seines Todes

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