Jagdhaus in Der Eifel
Henrik, wie hier alle sagen, wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, ganz legal als politischer Beamter ohne Angabe von Gründen«, erklärte Frau Bessener. »Er mußte seinen Urlaub unterbrechen. Was seine Frau wohl empfunden hat, als er mit der Nachricht zurückkam?«
»Eigentlich müßten wir mit ihm sprechen«, überlegte Freiberg.
»Dringend, sehr dringend«, warf Lupus ein. »Chef, uns ruft die Pflicht nach Portugal.«
»Sie brauchen sich nur an den Rand des Kottenforstes zu bemühen. Herr Aston und Frau sind schon seit einer Woche zurück. Er mußte ja noch vom Minister die Urkunde über seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand entgegennehmen. Das war eine traurige Angelegenheit. Jeder war schließlich froh, es hinter sich gebracht zu haben.«
»Und Sie, Frau Bessener, wann haben Sie Brigitte Fournier das letztemal gesehen?« änderte Kommissar Freiberg die Fragestellung.
»Sie wollte während des Urlaubs ihres Chefs im Leitungsbereich aushelfen, wie früher auch schon. Sie kam am Donnerstag gleich nach dem Mittagessen. Morgens hatte sie die restlichen Vorgänge aufgearbeitet und einen Beihilfeantrag ihres Chefs abgeliefert. Das macht sie immer für ihn. Der ist scharf aufs Geld und läßt seine Arztkosten sofort abrechnen.«
»Müssen die Sekretärinnen des Ministers immer so schwer arbeiten wie heute?« wollte Lupus wissen.
Hedwig Bessener lachte auf. »Aber ja, immer! Außerdem hatte die zweite Kraft Geburtstag. Der Chef war in Griechenland – wie Sie aus den Akten wissen dürften –, da haben wir erst mal gemeinsam Kaffee getrunken.«
»Solche Ereignisse gelten unter kriminologischen Gesichtspunkten als besonders wertvoll. Sie stützen das Erinnerungsvermögen der Zeugen«, zitierte Kommissar Freiberg eine Notiz aus seinem Kollegheft vom Sonderlehrgang.
»Mit den Damen hätte ich auch zu gern Kaffee getrunken, sogar Robusta«, fügte Lupus hinzu.
»Wie kommen Sie auf Robusta«, wunderte sich Hedwig Bessener.
»Das ist eine Kaffeesorte aus Afrika, besonders scharf gebrannt, mit der uns die Belgier heute morgen malträtiert haben, beim Ortstermin.«
»Sie waren am Tatort? Haben Sie sie gesehen?«
»Die Tote haben wir nicht gesehen, das ist Sache der Gerichtsmedizin.« Freiberg wollte nicht mehr sagen, sonst hätte bald Frau Bessener die Richtung des Gesprächs bestimmt.
»Und wie sah es am Freitag aus?« fragte er weiter.
»Im Ministerbüro war nichts los. Das ist oft so am zweiten oder dritten Tag, wenn der Chef für einige Zeit fort ist. Ich war Freitag nicht hier, habe nur kurz angerufen und war bis zum späten Nachmittag im Bundeshaus bei der Fraktion im Arbeitskreis. Brigitte hat wohl ihren eigenen Kram erledigt. Im Ministerbüro wurde sie nicht gebraucht. Freitags ist hier ohnehin um halb drei Schluß. Da fällt mir noch ein – am Donnerstag ist sie ziemlich bald in ihr Zimmer zurückgegangen. Sie wollte noch telefonieren, hat aber nicht gesagt, mit wem.«
»Ist Ihnen beim Geburtstagskaffee etwas aufgefallen? Wie war die Stimmung, gut?«
»Wenn Sie so fragen – nicht so wie sonst. Brigitte wirkte bedrückt und gereizt.«
»Gereizt?«
»Reizbar wäre noch treffender«, präzisierte Hedwig Bessener ihre Beobachtung. »In gewisser Weise sogar aggressiv.«
»Das sollten Sie zu erklären versuchen.«
Hedwig Bessener bemühte sich, den Inhalt des Gesprächs wiederzugeben. Sie habe Brigitte etwas burschikos gefragt, ob es ihr nicht lieber gewesen wäre, wenn der Chef mit ihr nach Paris gefahren wäre, statt mit seiner Frau an die Algarve.
Über diese Bemerkung sei sie richtig böse geworden. Sie habe ihre Tasse so heftig zurückgestellt, daß der Kaffee überschwappte.
»Jetzt kommst du auch noch mit dem blöden ›Hausgeschwätz‹, hat sie mich angefahren. ›Ich habe es wirklich satt, zur Geliebten von Sir Henrik gestempelt zu werden, nur weil ich ihn auf manchen Dienstreisen begleiten muß. Oder wäre ich dir da etwa auch im Wege?‹
Ich habe das Gespräch dann sehr schnell abgebrochen«, erklärte Hedwig Bessener. »Unser Geburtstagskind und die andere Sekretärin machten schon lange Ohren.«
»Was meinte sie mit ›etwa auch im Wege sein‹?« faßte Kommissar Freiberg nach.
Hedwig Bessener hätte die Worte gerne zurückgenommen. Sie überlegte kurz. »Sie werden es im Hause schließlich doch erfahren. Da war mal eine Beziehung zu Herrn Semper, der jetzt im Ruhestand ist.«
»War oder ist? Und nur zu ihm?« fragte Lupus dazwischen.
»Muß das in diesem
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