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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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eine Erkältung bei ihr geheilt hatte, die in eine Lungenentzündung auszuarten drohte, und ohne einen Sold dafür zu nehmen.
    »Aber meine Schuld habe ich trotzdem bei ihm beglichen.«
    Der Marchese starrte seine Tochter an. »Hast etwa auch du bei ihm den Zapfen springen lassen?«
    »Ich verstehe nicht«, erwiderte Ntontò mit fragender Miene. »Ich habe ihm durch Mimì zwei Ballons von dem guten Wein zukommen lassen.«
    Der Marchese betrachtete sie weiterhin und fand sie noch schöner als das letzte Mal, vielleicht ein wenig abgemagert und blaß aufgrund der überstandenen Krankheit.
    »Wann legst du die Trauer ab?«
    »Die dauert drei Jahre.«
    »Und wenn ich in der Zwischenzeit das Zeitliche segne?«
    »Aber was sagt Ihr denn da!«
    »Was für eine Trauer ziehst du dann an? Auch die Trauer um mich haben die anderen schon an sich gerissen! Sieh dich nur mal an, schwarz bist du von Kopf bis Fuß!«
    Er brüllte, ohne den Grund für seinen Zorn zu begreifen. Ntontò lief weinend davon, der Marchese ging ihr ein Stück nach: »Färb dir den Arsch schwarz, wenn ich sterbe! So trägst du für mich Sondertrauer! «
     
    Gerade hatte er sein Mittagsschläfchen beendet, als Mimì eintrat. »Da ist der Sakristan, Exzellenz. Er möchte im Auftrag des Pfarrers Macaluso mit Euch sprechen.«
    Unwillig kleidete der Marchese sich an und ging ins Vorzimmer.
    » Voscienzabinidica «, machte der Sakristan.
    »Wie viele Segenswünsche willst du noch verteilen? An dich denkt ja schon der Priester. Was gibt’s?«
    »Der Pfarrer sagt, wenn es Euer Ehren genehm ist, mögt Ihr doch auf einen Sprung in der Kirche vorbeikommen.«
    »Aus welchem Grund sollte ich in die Kirche springen? Bestell Padre Macaluso, er möge doch bei mir vorbeispringen.«
    Nachdem der Sakristan drei- oder viermal hin und her gelaufen war, kamen sie endlich zu einer Einigung: Schlag sechs würden sie sich auf der Piazza treffen, zwischen Kirche und Zirkel. Wie zu erwarten, begrüßten sie einander nicht.
    »Ich will mit Ihnen über Ihre Tochter sprechen«, kam Padre Macaluso gleich auf den Punkt.
    »Und warum sollte ich mit Ihnen über sie reden?«
    »Weil ich mich als Priester der Seelen meiner Gemeindekinder annehmen muß.«
    »Und ich soll jetzt über die Seele von Ntontò mit Ihnen debattieren?«
    »Marchese, um Gottes willen, bringen Sie mich nicht zur Weißglut, Sie wissen doch, daß ich leicht die Geduld verliere und in der Lage bin, neben die Kloschüssel zu pissen.«
    »Wenn Sie in der Lage sind, neben die Kloschüssel zu pissen, müssen Sie wissen, daß ich in der Lage bin, neben sie zu kacken.«
    »Ich weiß. Eben das ist der Grund, weshalb ich vorschlage, die Sache mit dem richtigen Bein anzugehen. Ist das in Ordnung?«
    »Ist recht.«
    »Also wollen Sie mir bitte erklären, was für ein Leben die arme Marchesina, Ihre Tochter, führt? Wegen strenger Trauer ist sie im Haus eingeschlossen, das sie nur am Samstag für die Beichte und am Sonntagmorgen für die Kommunion verläßt; dann geht sie noch an Weihnachten, an Ostern, am Festtag des heiligen Patrons aus, und am 2. November, wenn sie den Gottesacker besucht.«
    »Mir scheint, daß sie mehr als genug Zeitvertreib hat. Wollen Sie vielleicht noch Pauken und Trompetenklänge?«
    Padre Macaluso hielt nur mühsam an sich. »Zudem sind Sie ihr auch kein guter Vater.«
    »Das ist der Gipfel! Was verdammt habe ich damit zu tun?«
    »Und ob Sie damit zu tun haben, minchia !« entgegnete der Pfarrer und geriet in Rage. »Sie sind nie zu Hause, Sie leben da – die ganze Welt weiß, wo, und dort wird, wie mir heute morgen hinterbracht wurde, die Frucht Ihrer Sünde geboren. Geht das nicht wider Ihr Ehrgefühl?«
    »Nein, das tut es nicht, ich schäme mich ganz und gar nicht. Ich folge dem Lauf der Natur.«
    »Dann lassen Sie doch auch Ihre Tochter dem Lauf der Natur folgen, auf ehrlichere Weise.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Lassen Sie sie heiraten.«
    Der Marchese beruhigte sich mit einem Schlag. Die Vorstellung, Ntontò nicht mehr in seinem Haus zu haben und so die Bahn für Trisìna frei zu machen, konnte ihm nichts anderes als Freude bereiten. »Sie hat nie heiraten wollen. An guten Partien hat es ihr bei Gott nicht gemangelt.«
    »Aber jetzt wäre es ein Leichtes, sie zu überzeugen. Sie ist so gut wie allein.«
    »Haben Sie schon an jemand Bestimmtes gedacht?«
    »Ja«, erwiderte der Pfarrer zögernd.
    »Rücken Sie ruhig mit dem Namen heraus.«
    »Fofò La Matina. Er ist ein Ehrenmann, er frönt keinem

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