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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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Hinterhalts verringern.
    Ken erklärte Art, was er sich überlegt hatte.
    „Macht Sinn“, sagte Art. Er hatte seine Feldflasche rausgeholt und genehmigte sich einen Schluck Bourbon.
    Du Arschloch, dachte Ken, du sorgst noch dafür, dass wir beide abgeknallt werden. Bist viel zu besoffen, um aufzupassen.
    „Du übernimmst das Ufer“, sagte er. „Wird leichter für dich sein. Ich geb’ dir Deckung.“
    „Wo fangen wir an?“
    „Am östlichen Ende vom Sumpf. An der felsigen Stelle.“
    „Wär’ es nicht besser, wenn wir uns trennen, bis wir dort sind?“
    Er hat Recht, dachte Ken. Die Hälfte des Steilufers war offenes Gelände oder nur Gesträuch. Zwei Männer zusammen könnten leicht gesehen werden. Er deutete mit dem Daumen nach Westen. „Du gehst die Seite runter. Ich nehm’ diese hier. Wir treffen uns an der Spitze.“
    „Fingerschnalzen?“
    „Vogelruf. Eichelhäher. Einmal, dann warten, dann zweimal.“
    „Sei vorsichtig.“
    „Selber.“
    Art ließ den verletzten Arm aus der Schlinge gleiten und kroch auf Ellbogen und Knien über die Kante des Steilufers, Kopf und Rumpf dicht am Boden. In einer Minute hatte er den steilen, mit Gestrüpp bewachsenen Hang erreicht, der in den dichten Wald hinabführte. Ken beobachtete ihn, bis er verschwunden war.
    Er ist ein Scheißkerl, dachte Ken, und ein Widerling, aber er hat Mut. Er dachte daran, wie Art manche Frauen abstieß, und musste innerlich lächeln. Art hatte auf jeden Fall seine eigene Formel gefunden, sich an den Weibern zu rächen. Er und Greg hatten Recht gehabt, ihn zu einem der ihren zu machen. Sie hatten die Jahre viel Spaß gehabt.
    Er kroch in Richtung des gegenüberliegenden Endes des Steilufers. Etwa hundert Yards lang neigte es sich sanft ostwärts, die kahlste Stelle überhaupt. Kein guter Weg. Er hätte besser den Pfad an der Südseite genommen, den er auch hinaufgekommen war. Jetzt war es zu spät. Art könnte aus irgendeinem Grund gezwungen sein, südwärts zu gehen, oder müde werden und beschließen, eine Abkürzung zu nehmen, er könnte ihn hören und womöglich schießwütig werden. So würden sie sich gegenseitig eliminieren und ihrem Jäger die Arbeit abnehmen. Wenn er noch da war. Und das würden sie mit ziemlicher Sicherheit bis zum Nachmittag wissen.
    Ken fand eine seichte, verwitterte Felsrinne, gerade tief genug, um nicht gesehen zu werden. Auf dem Bauch zu kriechen, würde ein hartes Stück Arbeit werden, aber er würde es schon überleben. Er sah sich noch mal um und legte sich dann flach hin und robbte los, versuchte dabei, nicht an die Gefahr, sondern an die vor ihm liegende Aufgabe zu denken, und an die relative Sicherheit des Waldes am Ende seiner Kriechspur.

22
    Als Art am Fuß des Steilufers angekommen war, musste er sich hinsetzen, um nicht zu kotzen. Übelkeit stieg in Wellen in ihm hoch, und der stille Wald verschwamm vor seinen Augen. Immer wieder sagte er sich: Vermassle es jetzt nicht; du hast es fast hinter dir; vermassle es jetzt bloß nicht.
    Schließlich ebbte das Unwohlsein ab und ließ ihn schwach und schweißgebadet zurück. Jede Bewegung machte ihm Mühe, und er hatte höchstwahrscheinlich noch eine halbe Stunde harter Arbeit vor sich. Er blickte auf die Uhr. Es war fünf nach zehn. Um halb zehn war er vom Steilufer aus aufgebrochen. Wo Ken wohl jetzt war? Wahrscheinlich kam er gerade unten an. Ken hatte den schwereren Weg gehabt. Er sollte sich besser auf die Socken machen, dachte er, jetzt oder nie.
    Er hatte nämlich beschlossen auszusteigen. In einem bestimmten Moment, während er sich mit Ken auf dem Steilufer unterhielt, hatte er plötzlich erkannt, wie leicht alles war. Wenn er Ken auf der Insel als Lockvogel zurückließ und es auf’s Festland schaffte, wenn er dabei nicht von ihrem Jäger gesehen wurde, dann würde es ziemlich lange dauern, bis auffiel, dass er nicht mehr da war. Wenn überhaupt.
    Ken würde vielleicht annehmen, dass er von ihm hintergangen worden war, er würde aber auch die Möglichkeit einschließen müssen, dass ihr Jäger ihn, Art, auf dem Weg zur Nordspitze stillschweigend umgebracht und seine Leiche beseitigt hatte. Ken musste ganz einfach so denken. Aber was Ken zumindest in den nächsten vierundzwanzig Stunden nicht tun würde, war, selbst auszusteigen. Darin war sich Art ganz sicher. Er würde es nicht tun, aus Angst, als Verlierer dazustehen, wenn er, Art, doch noch lebend auftauchen sollte.
    Alles hing davon ab, wo der Killer sich aufhielt. Oder war es egal? Wenn

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