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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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einen Unterschied?“
    Doch trotz seiner Bestimmtheit wurde er die Frage nicht los. Als er das Fernglas übernahm, versuchte er zu überlegen, was wohl geschehen sein könnte. Irgendwann während der sieben Jahre hatte einer von ihnen vielleicht einen Fehler begangen. Greg, Art oder er selbst. Vielleicht eines Nachts im Suff zu viel gesagt. Oder im Schlaf gesprochen und die Frau hatte was gehört. Und eine Frau hatte einer anderen Frau was erzählt, die wiederum hatte, was ihr ganz harmlos schien, wiederholt, was für irgendjemand anderen zufälligerweise von großer Bedeutung war. Und dieser andere hatte sich seinen Reim darauf gemacht. So passierte die Scheiße. Immer aus geringstem Anlass.
    Aber zurück zu Punkt eins! Wer war dieser Jemand? Wer? Warum war er nicht einfach zur Polizei gegangen? Es war verrückt, ein Fass ohne Boden. Er musste aufhören nachzugrübeln.
    Als er sich eine Zigarette anzündete, hatte er jedoch die düstere Vorahnung, dass er nicht aufhören würde. Der Zweifel würde nagen und bohren und ihn und Art halb verrückt machen. Und selbst wenn sie ihn, wer auch immer es war, gekillt hatten, würden sie noch immer spekulieren und es nie alles wissen, denn der Jemand wäre tot und nicht in der Lage, die Details aufzuklären.
    Art hörte das Feuerzeug klicken, roch den Rauch und wirbelte herum.
    „Bist du wahnsinnig?“
    „Scheiße!“ Ken erinnerte sich, wo er war, und drückte hastig die Zigarette aus. Für einen Mann, der dasaß und das Steilufer mit einem Fernglas beobachtete, so wie sie gerade die Insel absuchten, wäre selbst der schwächste Rauchkringel ein todsicherer Hinweis.
    Art suchte wieder den See ab. „Ich frag’ mich, was er mit seinem Boot gemacht hat“, sagte er.
    „Wieso meinst du, dass er eins hat?“
    „Niemand, der bei Verstand ist, würde rüberwaten. Nicht bei diesem Wetter.“
    „Nur wenn er auf der Flucht wäre“, stimmte Ken zu.
    „Ja. Und verzweifelt.“
    Wie wir, dachte Ken. Aber sagte es nicht. Verrate Art nicht, wie du dich wirklich fühlst. Art würde in Panik geraten. Und im Augenblick, solange er schießen kann, brauche ich Art.
    Aber ein Gedanke war in ihm aufgetaucht. Er wendete ihn hin und her. Er würde sehr vorsichtig sein müssen. „Weißt du“, sagte er, „wir haben eine Alternative.“
    „Was?“
    Ken sprach nicht weiter. Art wäre weniger ängstlich, wenn er von selbst draufkam. Er brauchte nicht lange.
    „Abhauen?“
    „Wäre nicht so schwer“, sagte Ken.
    Nach einem Augenblick sagte Art: „Was ist mit unseren Frauen?“
    Was zum Teufel wird wohl mit ihnen sein?, dachte Ken. Jeder wusste, was Art von Pat hielt. Laut sagte er: „Meine würde es überleben. Auch die Kinder.“ Er dachte an die Kinder. Art hatte sie nicht erwähnt.
    „Wohin sollten wir gehen?“, fragte Art.
    „Zuerst Kanada. Dann Südamerika.“
    „Und wenn wir dort sind, was dann? An der Straßenecke die Hand aufhalten?“
    Ken starrte ihn an und erinnerte sich, wie Arts negative Fragen Greg immer in Wut gebracht hatten. Er bewahrte die Geduld. „Ich kann Geld nach Kanada schaffen, eine Menge. Ohne dass es irgendjemand erfährt.“ Er wusste, dass auch Art das konnte. Er sprach weiter. „Greg sagte, dass in Südamerika alles möglich ist. Wenn’s um’s Geldscheffeln geht.“
    Art sah immer noch misstrauisch aus. „Wir sind nicht mal sicher, ob er noch hier ist“, sagte er. „Zumindest nicht hundertprozentig.“
    Ken sprach langsam. „Also, wenn er nicht mehr da ist, sollten wir uns lieber schnell aus dem Staub machen. Oder willst du dein Leben von seiner Auffassung von Diskretion abhängig machen?“
    Nach einigen Augenblicken murmelte Art: „Warten wir noch vierundzwanzig Stunden. Er ist nicht Gott. Gehen wir mal davon aus, dass er noch da ist, und versuchen wir erstmal, ihn zu erwischen.“
    „Glaubst du, dass du es durchstehst?“
    „Glaub’ schon. Muss ich ja wohl, oder?“
    „Okay“, sagte Ken. „Dann sehen wir mal, dass wir sein Boot finden.“
    Arts angespannter Mund verzog sich zu einem vagen Lächeln. „Das ist die beste Idee, die du heute gehabt hast.“
    „Bleib in der Nähe“, sagte Ken. Er schaute runter zum Nordende der Insel. Sie könnten dort anfangen und sich getrennt am jeweiligen Ufer vorarbeiten. Aber es wäre wohl besser, nah beieinander zu bleiben; einer konnte sich das Ufer vornehmen, während sich der andere vielleicht fünfundzwanzig Yards entfernt im Wald hielt, um die Flanke zu decken. So würden sie die Gefahr eines

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