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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Debora und den Königen von Kanaan, die in Taanach an den Wassern Meggiddos kämpften, und behauptete:
    « Mein Volk war es, das Debora von Naphtali herabrief; meine Brüder setzten ihr Leben der Gefahr bis zum Tode aus. Aus Kedesch-Naphtali ließ sie Barak kommen, der damals ein großer Heerführer war. Und dieser versammelte seine Kinder um sich; wir stürmten die Hänge des Tabor hinab, unsere Speere und Schwerter blitzten, wie! Donner stürzten wir uns auf die Heerscharen Siseras. Wir trieben sie in den Kischon, in den Fluß Kischon, wo die Toten in ihren Panzern vom brausenden Wasser über die dunklen Felsen geworfen wurden.»
    Und Sears, der den Ausdruck auf Hannahs Gesicht dabei beobachtet hatte, spürte plötzlich, wie sich ihm vor Entsetzen die Nackenhaare! sträubten.
    Erst Hannah und nun Clary. Paß auf, Sears! warnte er sich selber, Sonst dauert es nicht mehr lange, und der Junge übernimmt die Leitung und drückt dich hinaus.
    Als Sears da im Dunkeln saß, kehrte sein Geist zu Clary zurück. Hinter der matten Blässe, der Weichheit ihrer Haut, der reizvollen Lieblichkeit ihrer Augen und Züge und der unausweichlichen Anzie- hung ihrer Schönheit lag etwas, was ihn abstieß.
    Es mußte irgend etwas wie ein innerliches Versagen sein, redete Sears sich ein, ohne auch nur im entferntesten zu ahnen, wie ähnlich dieses in gewissem Sinne seinem eigenen Versagen war. Wie die meisten Männer, die Opfer einer grundlegenden Schwäche sind, war er nicht bereit, diese Schwäche bei einer Frau zu ertragen, und bildete sich fest ein, Clary aus tiefstem Herzen zu verabscheuen. Da sie sich alles, was ihre weibliche Natur verlangte, ganz bewußt versagte, schien sie genau wie Hannah Bascombe zu einem häßlichen und unfruchtbaren Leben verdammt zu sein. In anderer Hinsicht war sie aber wiederum aufregend weiblich.
    Wer anders als eine Frau wäre jener äußersten Sophisterei fähig, mit deren Hilfe sie einerseits ihn, Sears, verabscheute und fürchtete, weil er ein Schwindler war und ihre Arbeitgeberin ausplünderte, der sie völlige Loyalität schuldete, während sie anderseits Ben-Isaak, der kaum etwas anderes tat, anerkannte, ihm vertraute und ihn vielleicht sogar liebte? Es war unlogisch, und mangelnde Logik machte einen Mann wie Sears in seiner labilen Stellung leicht nervös und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Nun, es würde manches gelöst werden, wenn er den Jungen mitnahm. Er fragte sich, wie Ben-Isaak — und übrigens auch Hannah — reagieren würde, wenn er ihnen die Abreise nach Israel ankündigte.
    Er klopfte eine Zigarette aus der Packung und steckte sie an; dabei schaute er aus dem dunklen Zimmer, in dem er, wie es ihm schien, schon sehr lange saß, auf die goldenen Flecke der sich bewegenden Fährboote und auf den diamantenen Bogen der großen Brückenverspannung hinaus, ohne jedoch etwas davon zu sehen; er sah nichts als das Gesicht von Clary Adams in dem Augenblick, als sie sich dem unwiderstehlichen Ruf der Jugend, der Schönheit und des menschlichen Triebes, zu lieben und geliebt zu werden, hingab, dem man sich nicht versagen kann, und fragte sich, wie lange er dieses Gesicht noch vor sich sehen werde und was er tun müsse, um es endlich loszuwerden.

13

    Die Braut steht zu deiner Rechten in eitel köstlichem Gold.
    PSALM 45, 10

    Am übernächsten Morgen stellte Hannah Bascombe in ihrem Arbeitszimmer im ersten Stockwerk eine seltsam ungeschäftliche Frage an Mr. Joseph Deuell Sears, den wohlgenährten, gutgekleideten Direktor der Biblischen Forschungsabteilung der Hannah-Bascombe-Unternehmungen. Sie lautete: «Nehmen wir einmal an, wir hätten Erfolg. Wie wird es sein, generationenlang — jahrhundertelang — zu leben?»
    Sears hatte sofort, als er, von ihr gerufen, in die Bibliothek trat, gemerkt, daß ihre Stimmung sich gewandelt hatte; ja, sogar ihr Aussehen war anders als sonst. Als winzige Gestalt stand sie still vor den langen roten Veloursvorhängen des hohen Fensters, das auf die Bucht hinaussah und den Blick auf den Leuchtturm am Telegrafenhügel freigab, der wie ein mahnender Finger emporragte; es schien, als ob einiges an ihrer Haltung sich verändert und als ob sie die Zeit durch reine Willenskraft zum Stehenbleiben gezwungen hätte.
    Vielleicht hatte sie beim Aufwachen an diesem Morgen festgestellt, daß sie merklich älter war als am Abend zuvor — eine neue Linie in den Augenwinkeln, eine straffere Spannung der Flaut über den Backenknochen — und die Erschütterung darüber

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