Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
Antwort. Vielleicht hatte sein Versagen in Stockholm ja bereits die erste Katastrophe nach sich gezogen. Doch Gondolfinos Erwiderung überraschte Jake ebenso sehr, wie sie ihn freute.
»Es heißt, eine Meslith-Nachricht habe die Kommandantin erreicht … von Topaz Saint Honoré. Frau Goethe hat eine sofortige Besprechung einberufen.«
Meslith-Nachrichten waren Botschaften, die durch die Zeit geschickt wurden, wie Jake mittlerweile wusste. Übermittelt und empfangen wurden sie mit Geräten, die aussahen wie altmodische Schreibmaschinen, aus denen ein Kristallstab ragte, der beim Senden und Empfangen knisterte wie eine Hochspannungsleitung.
Jake schlüpfte in seine Hose und warf hastig Hemd und Jackett über. Socken konnte er keine finden, also stieg er barfuß in seine Stiefel und stopfte die Schnürsenkel in den Schaft. Zum Binden war keine Zeit. »Bin bald wieder da!«, rief er Felson zu, dann stürmte er aus dem Zimmer. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit rannte er durch die Flure und sprang ganze Treppenabsätze hinunter, bis er endlich vor dem Eingang zum Prunksaal stand. Er ordnete sein Haar und strich den Hemdkragen glatt, dann trat er durch die Doppeltür.
Etwa fünfzehn zumeist ältere Geschichtshüter sprachen in ernstem Ton miteinander. Einige hatten bereits am großen Konferenztisch Platz genommen, andere standen in Grüppchen beisammen, während das Licht, das durch die riesigen Richtung Meer blickenden Fenster in den Saal strömte, immer heller wurde. Am gegenüberliegenden Ende des Tisches saß Jupitus Cole. Er hatte mehrere Karten vor sich ausgebreitet. Jake spürte seinen verächtlichen Blick. Er nickte ihm zu und versuchte ein Lächeln, doch Jupitus schaute ihn nur kalt an. Jake drehte sich weg und ging hinüber zu Charlie, der vor einem kleinen Frühstücksbuffet stand.
»Gibt es schon Genaueres?«, fragte er Charlie. »Wissen wir inzwischen, von wem die Nachricht stammt?«
Charlie kaute eifrig und hob die Hand. Es dauerte eine Weile, bis er antworten konnte. »Ich habe diese ganze Aufregung um Brioches immer für übertrieben gehalten«, sagte er endlich, »aber dieses hier ist wirklich vorzüglich. Mit nur einem Hauch Zitrone, wirklich delikat. Zu deiner Frage: Wenn du Topaz meinst, ich tappe genauso im Dunkeln wie du.« Damit wechselte er das Thema. »Ich glaube, du hast Dr. Chatterju noch gar nicht kennengelernt, Jake.« Er deutete auf einen markant aussehenden Mann mit Turban und Nickelbrille. »Er leitet unsere Entwicklungsabteilung. Ist gerade erst aus Bombay zurückgekehrt.«
»Ein anstrengender, aber unvermeidlicher Familienbesuch«, erklärte Chatterju mit einer Stimme, die genauso beeindruckend war wie seine Erscheinung. »Meinen Verwandten gefiel es, sich nicht nur über ganz Indien zu verteilen, sondern auch noch quer über die Jahrhunderte.« Mit einem breiten Lächeln streckte er Jake die Hand hin. »Zal Chatterju. Es ist mir eine Ehre. Ich kannte Euren Bruder, ein wundervoller junger Mann. Wie ich höre, seid Ihr ähnlich begabt, wie er es war.«
Jake schloss Chatterju sofort ins Herz. Der Mann strahlte etwas ganz Besonderes aus, Exzentrik und Genialität, gepaart mit einer gewissen Verschmitztheit. Er trug einen reich bestickten Kaftan und einen mit Gold beschlagenen Gürtel. Der Turban wurde von einer Saphirnadel zusammengehalten, die hervorragend zur Farbe seiner Augen passte. Zusammen mit dem fein geschnittenen Gesicht und dem gepflegten grauen Bart hatte der Mann etwas durch und durch Erhabenes.
»Was genau ist die Aufgabe der Entwicklungsabteilung?«, fragte Jake.
»Oh, das werdet Ihr noch früh genug selbst herausfinden«, antwortete Chatterju mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Ich bin nur ein bescheidener Wissenschaftler, der dort seine verschrobenen Ideen ausleben kann.« Plötzlich fuhr er auf. »Wohin ist dieser nichtsnutzige Kerl schon wieder? Ist er etwa wieder verschwunden? Ständig verschwindet er!«
»Ich bin hier, Onkel. Direkt hinter dir.«
»Direkt hinter mir? Benimm dich gefälligst und stell dich dahin, wo ich dich sehen kann!«
Der Junge gehorchte und trat vor. Jake schätzte, dass er etwa elf Jahre alt sein musste. Er hatte warme dunkle Augen und ein Gesicht, das aussah, als würde es immerzu lächeln.
»Ich heiße Amrit«, sagte er und strahlte Jake an. »Ich bin Doktor Chatterjus Neffe.«
»Du bist mein Assistent«, korrigierte Chatterju. »Nur deshalb bist du hier. Und deine Probezeit ist noch nicht zu Ende.« Mit rollenden Augen
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