Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
legten sie ab.
Jakes Stimmung war endgültig im Keller. Mit geballten Fäusten stand er da und wäre der Hippocampus am liebsten hinterhergeschwommen. Rose ging es ähnlich. Seit Jupitus seine Verlobung mit Oceane bekannt gegeben hatte, unterdrückte sie ihre romantischen Gefühle für ihn, so gut sie konnte, doch der Blick von vorhin hatte sie mit aller Macht wieder heraufbeschworen. Gedankenverloren spielte sie mit ihren Armreifen und blickte dem Schiff hinterher. Gemeinsam schauten sie hinaus aufs Meer, bis die Segel der Hippocampus gerade noch am Horizont zu erkennen waren. Schließlich verschwand das Schiff in einer Nebelbank und mit ihm all ihre Hoffnungen und Träume.
»Hippocampus«, wiederholte Jake immer wieder im Stillen. »Irgendwo hab ich dieses Schiff schon mal gesehen.«
Die Glocke der Turmuhr schlug zwei Uhr morgens. Mit einer Laterne in der Hand und Felson neben ihm schlich Jake auf Zehenspitzen den Flur entlang, der zum Kommunikationsraum führte. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass niemand ihn gesehen hatte, dann schlüpfte er hinein.
Drinnen war alles ruhig. Das wichtigste Gerät in dem Raum, der sogenannte Meslith-Nukleus, thronte regungslos in seinem Glasschrank. Die beiden eingespannten Pergamentbogen waren leer, darüber schwebten Federkiele in Erwartung der nächsten Nachricht aus den Tiefen der Zeit.
»Hier lang«, flüsterte Jake, durchquerte den Raum und öffnete vorsichtig die Tür am anderen Ende. Felson folgte ihm in das angrenzende Gewölbe, und Jake hielt die Laterne hoch. An den Wänden erstreckten sich endlose Regalreihen, die bis unter die hohe Decke reichten. Dicke, in Leder gebundene Folianten standen darin. Der Anblick der unzähligen Schreibtische und der Globen darauf, die im durch die Dachfenster hereinsickernden Mondlicht blass schimmerten, erinnerte Jake an das Londoner Büro.
Seit seiner Rückkehr aus Köln hatte Jake zwei Wochen hier am Nullpunkt verbracht und ein paar der Geheimnisse der Insel ausgekundschaftet. Er hatte die Versuchskammer gesehen, einen Raum, dessen Wände dick mit Gobelins behängt waren und der nur so überquoll vor wissenschaftlicher Ausrüstung. Dort wurde die Tatkraft der Agenten gemessen und getestet. Auch in den Trainingskatakomben unterhalb der Rüstkammer, wo die Kampfausbildung der Agenten stattfand, war er gewesen. In dem Labyrinth aus Wendeltreppen und engen steinernen Tunneln war Jake sich vorgekommen wie in einer Geisterbahn: Ständig schwirrten Pfeile durch die Luft, Schwerter sausten aus Wandnischen auf die Probanden herab, alle paar Meter sprangen lebensgroße Puppen aus Verstecken hervor, gegen die die Agenten sich verteidigen mussten.
Auch das Archiv hatte er mehrmals aufgesucht. Es war der größte Wissensschatz, den er je gesehen hatte. Nicht nur sämtliche Logbücher aller jemals durchgeführten Zeitreisen wurden dort aufbewahrt, sondern auch minutiöse Aufzeichnungen über das weltweite Wetter, Gezeitentabellen, Mondtafeln, Zeitpunkt von Sonnenauf- und Sonnenuntergang an jedem einzelnen Tag jedes Jahres, Bevölkerungsstatistiken und jede Menge anderer Informationen. Jake konnte beispielsweise nachsehen, wie viele Einwohner Cadiz im Jahr 1740 gehabt hatte, wie heiß der Sommer gewesen war und sogar, was die Leute damals so zu Mittag gegessen hatten.
Genau dort war Jake jetzt. Wenn er schon nicht an einem Einsatz teilnehmen durfte, suchte er sich eben selbst eine Aufgabe. Und die lautete, mehr über die Hippocampus herauszufinden: warum das Schiff ihm so bekannt vorkam und weshalb seine Eltern das Thema so offensichtlich mieden.
Am gegenüberliegenden Ende befand sich das Regal mit den Logbüchern der Schiffe. Die Bände, auf deren Rücken das Symbol der Geschichtshüter prangte – zwei Planeten, die eine Sanduhr umkreisten –, waren alphabetisch geordnet. Zwölf beschäftigten sich allein mit den Fahrten der Barco Dorado, weitere zehn waren der Campana gewidmet, mehr als zwanzig der Avatara und so weiter.
Ein einzelner Buchrücken stand ein Stück heraus. Es war der letzte Band mit den Fahrten der Escape – des Schiffes, mit dem Jake von London hierhergekommen war und auf dem er erfahren hatte, dass er durch die Zeit reisen konnte.
Er zog ihn heraus und blätterte durch die mit einer wunderschön geschwungenen Handschrift beschriebenen Seiten. Der letzte Eintrag zauberte ein Lächeln auf Jakes Lippen. Neben Jupitus Cole, Charlie Chieverley und Topaz Saint Honoré fand sich ganz am Ende der
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