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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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öffentlichen Empörung über Preistreiberei - die Firmen sind da alle nicht unschuldig - entstehen lassen und erhebliche Verzögerungen veranlasst. Die umliegenden Gemeinden und das Energieunternehmen wollten das Projekt aber schnell durchziehen und übten Druck aus, um die Dinge zu beschleunigen. Dagegen anzugehen hätte - politisch gesehen - gewisse Nachteile mit sich gebracht.«
    »Nach dem Motto: Wenn du stänkerst, kriegst du keine Aufträge mehr.«
    »Das läuft alles ein bisschen subtiler ab, aber grundsätzlich hast du Recht. Es gab kaum Hindernisse, Alex, keine Proteste von irgendwelchen Naturschutz-Heinis gegen Kaktussterben, außerdem herrscht hohe Arbeitslosigkeit in dieser Gegend. Beim ersten Spatenstich wird es nur zufriedene Gesichter geben.«
    »Wann wird das voraussichtlich geschehen?«
    »Im nächsten Frühjahr. Voll im Zeitplan.«
    »Und Chancellors Tod hat darauf keinen Einfluss?«
    »Warum sollte er? Natürlich werden die Anleger darauf achten, wer die Bank übernimmt. Wenn der schwachsinnig ist, wirst du beobachten können, wie sich die Anleger klammheimlich, aber zielbewusst zurückziehen, ein allzu hastiger Ausstieg könnte ihnen nur schaden. So verhalten sich natürlich nur Insider, weder das Projekt noch die Anleihen werden dadurch berührt.«
    »Was könnte denn die Dinge wirklich beeinflussen?«
    »Nur höhere Gewalt - es macht sich immer gut, den da oben anzuklagen, wenn Sachen schief gehen. Wenn der See über Nacht verdunstet oder Cadmus Construction verstaatlicht wird und nur noch Kokosläufer fabriziert - mir passt diese Art der Konversation nicht. Was bezweckst du damit, Alex?«
    »Das weiß ich wirklich nicht, Lou.«
    »Hör mal zu, ich möchte nicht hysterisch wirken, aber lass dir mal meine Situation erklären. Grundsätzlich mache ich keine Geschäfte mit Anleihen. Weder für meine Klienten noch für mich selbst. Sie haben sich in der Vergangenheit nicht bewährt, du kaufst sie am besten nur zur Flankensicherung. Ich habe aber Klienten, die unbedingt welche haben wollen, konservative Typen wie du und Verrückte, die so reich sind, dass sie sich der Illusion hingeben, sie hätten genug Zaster. Deshalb habe ich immer ein Auge auf gute Angebote und greife schnell zu. Das passiert nicht oft, aber im Bitter-Canyon-Geschäft habe ich mich schwer engagiert. Bisher habe ich eine Masse Leute damit glücklich gemacht. Wenn die Sache in den Eimer geht, werden diese Leute sehr enttäuscht sein. Mörderisch enttäuscht. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob ich im letzten Jahr für sie Midas war. Nur ein Fehler, und ich bin genauso beliebt wie Arafat in der Knesset. Das Charisma vieler Jahre fällt buchstäblich in die Scheiße.«
    »Wie ich dir schon gesagt habe, Lou, ich habe nichts in dieser Richtung gehört. Wenn, dann rufe ich dich sofort an.«
    »Das solltest du wirklich tun«, antwortete er grimmig. »R-Gespräch, Tag und Nacht.«

24
    Am nächsten Morgen kam ich um sieben Uhr auf dem Campus an. Das Gebäude der Psychologischen Fakultät war verschlossen, jedoch stand eine kleine Seitentür offen, wie Jennifer es mir zugesagt hatte.
    Das Laboratorium lag zwei Stockwerke unter dem Erdgeschoss am Ende einer düsteren Halle, direkt hinter dem Raum mit den Versuchstieren, der nach Rattenfutter und Kot roch. Sie wartete in einem fensterlosen Zimmer auf mich, an einem grauen Metalltisch sitzend, umgeben von Bücherstapeln, fotokopierten Zeitschriftenartikeln und einem Stoß gelber Notizzettel. Ein Edward-Gorey-Plakat zierte die Wand hinter ihr. Zu ihrer Linken stand ein schwarz bezogener Laboratoriumstisch, dessen Glanz im Laufe der Jahre durch zahlreiche Messerschnitte abhanden gekommen war. Rechts waren zahlreiche Käfige aufgestapelt. Auf dem Tisch standen ein geöffneter Kasten mit Sezierbesteck und ein Induktionsgerät. In den Käfigen herrschte eine geräuschvolle Geschäftigkeit - hinter ihren dunklen viereckigen Umrissen huschten weiße Schemen hin und her: Versuchsratten. Die Nager erschienen mir besonders unruhig, nur ab und zu nahmen sie sich Zeit, um sich zu kratzen, zu piepsen, an ihren Wasserflaschen zu saugen oder, wie aus Protest gegen die unmenschliche Behandlung von Ratten, an den Gitterstäben herumzubeißen. Einige hatten schon der Wissenschaft ihr Opfer gebracht, sie trugen rosa Wachshütchen auf den Köpfen. Ich wusste, dass sich unter dem Wachs offen liegendes Gehirngewebe verbarg, das zu experimentellen Zwecken verletzt worden war. Aus der Mitte der Wachshütchen ragten

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