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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ebensolche Bauchschärpe. Seine Lackschuhe glänzten wie geschmolzener Teer.
    »Guten Abend«, sagte ich lächelnd.
    »Ich hoffe, die Sache ist wirklich so dringend, wie Sie behaupteten. Die Cadmus und ich haben heute einen wichtigen Gesellschaftsabend.«
    »Es ist wirklich sehr wichtig«, antwortete ich. Ich sah zu Antrim hinüber, gespannt, ob er wirklich sagen würde, was ihm aufgetragen war, oder ob er nicht doch in letzter Minute frei improvisieren würde.
    Das Schweigen dauerte nur wenige Sekunden, aber mir erschien es wie eine Ewigkeit. Antrim war einige Schritte zurückgetreten und hatte sich hinter mich gestellt. Ich wollte mich umdrehen, um sein Gesicht zu sehen und seine Absicht zu erraten. Aber ich wollte nicht Souzas Aufmerksamkeit erregen, deshalb sah ich dem Anwalt in die Augen, um herauszufinden, ob er mit Antrim irgendwelche Blicke tauschte. Ich konnte nichts Besonderes entdecken, aber wo war die Kobra?
    »Mr. Souza?«
    Meine Muskeln spannten sich.
    »Was gibt’s, Tully?«
    »Wir haben zu wenig Benzin. Soll ich tanken fahren?«
    Gott sei Dank.
    »Nur zu«, sagte Souza. »Komm in einer halben Stunde wieder, um uns zum Biltmore zu fahren.«
    Antrim berührte seine Mütze, wandte sich um und ging zum Wagen. Souza schob die Tür mit den Fingern auf.
    »Kommen Sie herein«, sagte er ungeduldig.
    Im Inneren war das Gebäude dunkel und kalt, die Schritte von Souzas glänzenden Schuhen hallten laut auf den Marmorfliesen wider. Er ging unterhalb der Wendeltreppe auf den hinteren Teil der Villa zu, mit für einen Mann seines Alters und seiner Statur etwas zu brüsken und schnellen Bewegungen. Ich folgte ihm durch die Bibliothek und den Kopierraum, dann traten wir durch eine Doppeltür.
    Die Holztäfelung im sanften Licht des Speisezimmers war fleischfarben, die Astlöcher wirkten wie schwarze Augen. Im steinernen Kamin brannte ein knisterndes Feuer aus Mandarinenholz, das, nach dem Aussehen der Holzscheite zu urteilen, schon eine Weile brannte. Neben den ovalen Tisch im viktorianischen Stil hatte man eine Bar aus Rosenholz gerollt, auf der Karaffen aus Kristall und Gläser mit Silberrand standen. Wie Eis wirkten die Facetten in dem Kristall, die den Schein des Feuers reflektierten. Die glatt polierte Tischplatte glänzte wie eine Lagune bei Sonnenuntergang. Der seidene Perserteppich schimmerte regenbogenfarben. Es war sehr feierlich, sehr elegant und von einer tödlichen Ruhe.
    Mr. und Mrs. Cadmus saßen nebeneinander an einer Seite des Tisches. Souza nahm seinen Teller, setzte sich an die Stirnseite und ließ mich gegenüber dem Paar Platz nehmen.
    »Guten Abend«, sagte ich.
    Sie warfen mir kurze, eisige Blicke zur Begrüßung zu und starrten dann auf ihre Getränke. Es roch leicht süßlich in dem Raum nach dem verbrannten Holz, die Worte einer gedämpften Konversation verhallten dumpf. Souza bot mir einen Drink an, aber ich lehnte ab. Er goss sich einen Bourbon ein, und ich sah mir die beiden Cadmus an.
    Dwight sah blass aus, in den zwei Wochen seit unserem letzten Treffen hatte er einige Pfunde verloren. Sein Smoking war ihm zu weit geworden, seine Schultern trugen eine unsichtbare Last. Seine Brille hatte er auf den Tisch gelegt, seine Tränensäcke waren schlaff und vor Müdigkeit dunkel. Neben der Brille stand ein leeres Whiskyglas, die Karaffe war jedoch in Reichweite, und auf der Tischplatte war zwischen beiden eine Spur von glitzernden Tropfen zu sehen.
    Heather sah auch heute mädchenhaft aus. Ihr Haar trug sie hochgesteckt, sodass ihr langer porzellanartiger Nacken zu sehen war, den ein Diamantcollier zierte. Sie hatte kleine, zarte, elfenhafte Ohren, die zwei weißblaue Diamantohrringe schmückten. Ihr Kleid war aus mitternachtblauem Chiffon. Weiße Arme sahen unter dem durchsichtigen Stoff hervor. Zwischen Kette und Ausschnitt war ihre milchweiße Haut zu sehen, leicht sommersprossig am Rand ihrer kaum sichtbaren Brüste. Leichtes Rouge auf ihren Wangen gab ihrem etwas jungfräulich wirkenden Gesicht ein leicht fieberhaftes Aussehen. Neben ihrem Ehering trug sie einen Saphir in der Augenfarbe eines Neugeborenen. Ihr Glas schien unberührt, es enthielt eine perlende rosa Flüssigkeit.
    »Ich will sehr hoffen, dass Ihr Anliegen wirklich dringend ist«, sagte Dwight mit einer vom Alkohol schweren Stimme.
    »Liebling«, sagte Heather in ihrer Mädchenstimme und legte ihm zärtlich die Hand auf den Unterarm.
    »Es reicht mir jetzt wirklich, wir haben schon genug durchgemacht«, sagte er

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