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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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ein paar Schritten erreichten sie einen versenkten Sitzbereich, wo sich MacSwain elegant auf eines der beiden mächtigen Ledersofas fallen ließ. Er winkte in Richtung des anderen Sofas. »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« MacSwains Deutsch war fast akzentfrei.
    Fabel lächelte und antwortete auf Englisch: »Ich nehme an, Sie sind kein Deutscher. Sind Sie vielleicht Engländer? Oder Amerikaner?«
    MacSwain wirkte überrascht. »Nein, ich bin Schotte. Ihr Englisch ist außergewöhnlich gut, Herr ...«
    »Fabel. Kriminalhauptkommissar Fabel. Ich bin selbst halber Schotte und habe einen Teil meiner Erziehung in England absolviert.«
    »Erstaunlich.« MacSwains grüne Augen schienen etwas in Fabels Miene zu suchen. »Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Wir ermitteln in einem Fall - einem Mordfall -, bei dem es sich um eine rituelle Form des Tötens handelt. Das Ritual könnte, wie wir glauben, der nordischen Mythologie entlehnt sein, dem Odinismus oder ... As ...« Fabel suchte nach dem Begriff, den Otto erwähnt hatte.
    MacSwain kam ihm zu Hilfe. »Asatru. Das bedeutet ›Glaube an die Asen‹. Oder, korrekt gesagt, Forn siar, das heißt der ›Alte Weg‹.«
    »Ja, Asatru. Wir haben erfahren, dass Sie ein Experte auf dem Gebiet sind. Deshalb möchten wir Sie bitten, uns über den Hintergrund dieser Glaubensrichtungen aufzuklären.«
    MacSwain starrte Fabel einen Moment lang mit seinen grünen Augen an, bevor er erwiderte: »Herr Fabel, ich bin IT-Consultant, kein odinistischer Hohepriester.«
    »Aber Sie sind an dem Thema interessiert?« 
    »Ich bin an einer Menge Themen interessiert, unter anderem auch am Okkulten. Aber ich bin kein Mitglied einer Asatru-Gruppe oder einer ähnlichen Vereinigung. Wäre es nicht besser, wenn Sie Ihre Informationen aus einer zuverlässigeren Quelle bezögen? Zum Beispiel vom Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte.«
    »Das werden wir noch tun. Aber im Moment interessiert uns das, was Sie wissen.«
    Werner hustete laut, und Fabel merkte plötzlich, dass sie sich die ganze Zeit auf Englisch unterhalten hatten.
    »Entschuldigung«, sagte Fabel. »Ich denke, wir sollten Oberkommissar Meyer zuliebe Deutsch sprechen.«
    »Natürlich. Es handelt sich also um eine Ermittlung in einem Mordfall?«
    »Ja. Allerdings geht es um mehrere Morde. Die Opfer sind auf eine Art und Weise ermordet worden, die fast identisch mit dem ›Blutadler‹-Ritual der Wikinger ist.« Fabel beobachtete MacSwains Gesicht. Die einzige Emotion, die er wahrnahm, war Neugier.
    »Hat der Mörder ihnen die Lungen herausgerissen oder ihnen die Umrisse eines Adlers in das Rückenfleisch geschnitten?«
    »Ich wusste nicht, dass es zwei Formen gibt.«
    MacSwain stand auf und trat an einen vom Boden bis zur Decke reichenden Bücherschrank, der aus dem gleichen, allerdings unpolierten Buchenholz wie der Fußboden bestand. Er fungierte als eine Art Raumteiler in der durchgehenden Wohnfläche. MacSwain zog zwei Bücher hervor. Eines war der Band, den Fabel in Ottos Geschäft gesehen hatte. Wieder spielte der Schotte mit dem Risiko, oder er hatte nichts zu verbergen.
    MacSwain blätterte das andere Buch durch, bis er die betreffende Stelle gefunden hatte. »Es gibt die Möglichkeit, dass keine der beiden Ritualformen je von den Wikingern vollzogen wurde.«
    »Wirklich?«
    »Einige Historiker glauben, die ganze ›Blutadler‹-Geschichte sei lediglich negative Propaganda gewesen und von den Opfern der Wikinger-Überfälle erfunden worden. In den historischen Unterlagen werden Beispiele genannt, aber sie stehen im Widerspruch zueinander. In manchen heißt es, das Opfer sei ausgeweidet worden, während andere besagen, man habe aus dem Rückenfleisch die Umrisse eines Adlers herausgetrennt. Aber dass solche Berichte historisch belegt sind, heißt noch lange nicht, dass sie der Wahrheit entsprechen.«
    »Was ist mit Asatru? Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Glaube eine große Anhängerschaft hat.«
    MacSwain lächelte und zeigte dabei perfekte Zähne. »Da haben Sie Unrecht, Herr Fabel. Asatru ist heutzutage sehr populär. Besonders in Amerika. Offiziell wird es als neoheidnische Religion eingestuft. Inzwischen hat man es stark gesäubert, aber Hitler bezog ein hohes Maß der Asatru-Mythologie und -Symbolik in den Nationalsozialismus ein. Später ist Asatru zusammen mit dem Buddhismus, dem indianischen Schamanismus, dem Wicca-Kult und so weiter in den New-Age-Topf geworfen worden.«
    »Wissen Sie, ob es in Hamburg aktive

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