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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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damit er eine Rolle in der nächsten Geschichte spielen konnte.«
    Alle blieben stehen, gespannt, abwartend. »Nun wird es Zeit«, sagte Fabel. »Nun müssen Sie uns wissen lassen, wo Paula Ehlers’ Leiche ist. Die Sache passt nicht in den Rahmen. Die einzige andere Leiche, die Sie versteckt haben, war die von Max Bartmann, und das lag daran, dass er nicht zu Ihren Märchenszenen gehörte. Warum haben wir Paula noch nicht gefunden?«
    »Weil sich der Kreis geschlossen hat. Sie ist meine Gretel. Ich bin ihr Hänsel. Sie muss ihre Aufgabe noch erfüllen.« Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, aber es war anders als alles, was Fabel bis dahin in Biedermeyers normalerweise freundlichem Gesicht beobachtet hatte. Seine schreckliche, leuchtende Kälte ließ den Polizisten erstarren. »Öfter als jedes andere Märchen musste ich ›Hänsel und Gretel‹ für meine Mutter aufsagen. Es war lang und schwierig, und ich machtedauernd Fehler. Dann hat sie mich immer verprügelt. Sie verletzte meinen Körper und meinen Geist, bis ich dachte, sie seien für immer zerbrochen. Aber Wilhelm hat mich gerettet. Wilhelm ließ mich durch seine Stimme, seine Zeichen und dann durch seine neuen Schriften ins Licht zurückkehren. Er versprach mir beim ersten Mal, als ich ihn hörte, dass ich eines Tages fähig sein würde, Rache an meiner Stiefmutter, der bösen Hexe, zu nehmen und dass ich mich ihrem Griff entziehen würde – so wie Hänsel und Gretel Rache an der alten Hexe nahmen und sich befreiten.« Biedermeyer beugte seinen massigen Oberkörper vor, und die Tätowierungen dehnten und verzogen sich auf seiner Haut. Fabel unterdrückte den Drang zurückzuweichen. »Ich selbst habe Paulas Torte gebacken«, fuhr Biedermeyer mit seiner dunklen, kalten, tiefen Stimme fort. »Ich arbeite manchmal freiberuflich für kleinere Veranstaltungen, und ich habe eine vollständig ausgerüstete Bäckerei im Keller, darunter einen Spezialofen. Er ist sehr, sehr groß und muss durch einen Betonsockel gestützt werden.«
    Fabels Miene ließ Verwirrung erkennen. Er hatte einen Streifenwagen losgeschickt, um Biedermeyers Wohnung sichern zu lassen. Sie lag im Parterre eines Hauses in Heimfeld-Nord. Die Schutzpolizisten hatten ihm mitgeteilt, dass sie leer sei und nichts Ungewöhnliches berge. Allerdings schien sie für eine alte oder behinderte Person umgebaut worden zu sein.
    »Das verstehe ich nicht. Zu Ihrer Wohnung gehört kein Keller.«
    Biedermeyers kaltes Grinsen wurde breiter. »Das ist nicht mein Zuhause, Sie Trottel, sondern bloß die Unterkunft, die ich gemietet hatte, um die Leute von der Krankenfürsorge davon zu überzeugen, dass sie Mama meiner Obhut anvertrauen können. Mein wirkliches Zuhause ist dort, wo ich aufgewachsen bin, und ich habe es mir mit dem gehässigen alten Luder geteilt. Rilkestraße 156 in Heimfeld. Nicht weit von der Autobahn. Dort werden Sie sie finden… Paula Ehlers, meine ich.Unter dem Fußboden, wo Mama und ich sie vergraben haben. Holen Sie das Mädchen raus, Herr Fabel. Holen Sie meine Gretel aus der Dunkelheit, und wir werden beide frei sein.«
    Fabel nickte den Schutzpolizisten zu. Sie packten die Arme Biedermeyers, der keine Gegenwehr leistete, zogen sie nach hinten und legten ihm Handschellen an.
    »Dort werden Sie Paula finden«, rief Biedermeyer hinter Fabel her, der den Raum mit seinem Team verließ. Dann lachte er. »Und könnten Sie, wenn Sie dort unten sind, meinen Ofen ausschalten? Ich habe ihn heute Morgen angelassen.«

60.
    Hamburg-Heimfeld, Freitag, den 30. April, 16.20 Uhr
    Das Haus stand am Rande des Staatsforstes, unweit der Gegend, wo der Wald von der A 7 durchschnitten wird. Es war groß und alt und sah deprimierend aus. Fabel nahm an, dass es in den Zwanzigerjahren gebaut worden war, aber das Haus wies keine typischen Züge auf. Es erhob sich in einem großen, verwilderten Garten und machte einen verwahrlosten Eindruck. Sein trister Anstrich war fleckig und schuppig wie eine kranke Haut.
    Irgendetwas erinnerte Fabel an die Villa, in der Fendrich wohnte und die er sich, bis zu ihrem Tod, mit seiner Mutter geteilt hatte. Auch dieses Haus wirkte verloren und deplatziert, als befände es sich nun in einer Umgebung und in einer Zeit, die nichts mehr mit ihm gemein hatten. Sogar seine Lage, mit dem Waldstreifen im Hintergrund und der Autobahn dicht neben ihm, wirkte unangemessen.
    Sie waren mit zwei Autos gekommen und hatten außerdem einen Streifenwagen angefordert. Fabel, Werner und Maria

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