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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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bestand nur noch aus dem Straßenband vor ihr und dem Motorrad, mit dem ihr Körper nun unlöslich verschmolzen zu sein schien. Es war, als wäre ihr zentrales Nervensystem mit der Elektronik der BMW verbunden und als würde jeder Gedanke, jeder Impuls automatisch auf die Maschine übertragen. Sie war völlig auf Olsens rotes Motorrad konzentriert und versuchte, seine nächste Aktion vorauszusehen.
    Diese totale Konzentration bedeutete, dass sie keine Hand von der Lenksäule des Rades lösen konnte. Sie konnte weder nach ihrer Pistole greifen noch ihre Position telefonisch übermitteln. Plötzlich merkte Anna, dass sie die Orientierung verloren hatte. Sie war so sehr auf Olsen und den Straßenabschnitt unmittelbar vor ihr konzentriert gewesen, dass sie ihren genauen Standort nicht mehr bestimmen konnte. Ihre Kenntnis von Wilhelmsburg war ohnehin nicht besonders gut, und die Aufregung und der Reiz der Verfolgung hatten sie blind für die vorüberfliegenden Wahrzeichen werden lassen. Sie wusste nur, dass sie irgendwo in der flachen Landschaft von Moorwerder waren, dem seltsamen ländlichen Fortsatz von Wilhelmsburg, den die Stadtplaner aus irgendeinem Grund übersehen hatten.
    Eine weitere Kehre und eine weitere Gerade lagen vor ihnen. Olsen beschleunigte sein Motorrad erneut auf die Höchstgeschwindigkeit. Anna merkte, wie sich ihre Brust zuschnürte, denn sie kamen in eine bebaute Gegend. Ein Wegweiser zeigte an, dass sie sich Stillhorn näherten. Olsen hatte also einen Bogen beschrieben und hielt nun auf die A 1 zu. Wenn er die Dinge auf die Spitze trieb, würde sie nachgeben und ihn ziehen lassen müssen, um nicht das Leben von Zivilisten aufs Spiel zu setzen. Aber noch war es nicht so weit.
    Der Verkehr wurde stärker. Olsen und Anna schlängelten sich zwischen Autos und Lastwagen hindurch, von denen viele jäh bremsen mussten, weshalb die Fahrer wütend auf die Hupe drückten. Die Stadt verdichtete sich, als sie von den Außenbezirken zum Zentrum vordrangen. Annas Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie hörte eine Polizeisirene hinter sich, ohne zu wissen, ob es Unterstützung für sie war oder einfach nur die Stillhorner Polizei, die auf zwei durch den Ort rasende Motorräder reagierte. Wie auch immer, sie freute sich darüber, Kollegen in der Nähe zu haben, wenn sie Olsen schließlich in die Enge trieb. Er bremste jäh und bog in eine Seitenstraße ab, wobei das Motorrad ihm fast unter dem Körper wegglitt.
    Anna verpasste die Kurve und musste auf der Hauptstraße wenden, was ihr noch wütendere Huptöne von anderen Fahrern einbrachte. Sie sah Olsen am Ende der Seitenstraße verschwinden und gab Vollgas. Das Brüllen der BMW hallte in der schmalen Straße wider, und zwei Fußgänger mussten beiseite springen, als Anna vorbeidonnerte. Es wurde zu gefährlich – sie würde die Jagd aufgeben müssen, wenn sie ihn nicht erwischte, bevor er weiter in die Stadt hineinfuhr.
    Anna hatte das Ende der Straße fast erreicht, als ihr ein grün-weißer Streifenwagen mit blitzendem Blaulicht entgegenkam. Der Fahrer versuchte, ihr den Weg zu versperren, und sie gestikulierte wild, damit er sie durchließ. Doch der Streifenwagen stoppte mit quietschenden Reifen, die Türen flogen auf, an beiden Seiten sprang je ein Polizist heraus und richtete seine Pistole auf Anna.
    Sie bremste mit aller Kraft, sodass sich das Motorrad dem Wagen mit der Breitseite näherte. Die Maschine rutschte unter Anna weg, und sie prallte auf den Asphalt. Ihr Schenkelbrannte, als der Jeansstoff unter ihrem Bein weggefetzt wurde. Sie überschlug sich mehrere Male und prallte schließlich an ein geparktes Auto. Das Motorrad, das Funken sprühend über den Asphalt schleifte, glitt weiter, bis es gegen die Vorderseite des Streifenwagens knallte.
    Ein zweiter Polizeiwagen bremste hinter Anna. Die verblüfften Schutzpolizisten steckten ihre Waffen ins Halfter und gingen auf Anna zu, die immer noch auf der Straße lag, mit einer Hand ihren aufgeschürften Schenkel festhielt und ihnen mit der anderen ihre bronzene, ovale Kripomarke entgegenstreckte. Die Männer halfen ihr auf die Beine, und einer von ihnen murmelte, sie hätten nicht gewusst, dass Anna eine Kriminalbeamtin bei der Verfolgung eines Verdächtigen sei.
    Anna starrte die leere Straße hinunter zu der Stelle, an der Olsen verschwunden war, und dann auf das BMW -Motorrad an der Kühlerhaube des Streifenwagens. Mit ruhiger, zurückhaltender Stimme bat sie zwei der Schutzpolizisten, die Richtung, die der

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