Jan Fabel 05 - Walküre
sucht.«
»Genau. Aber Vujacic hatte noch einiges mehr über die Walküre mitzuteilen. Und nun wird die Sache für Sie interessant. Die Frau soll sich hier aufhalten. In Hamburg.«
Fabel lehnte sich auf seinem Ledersofa zurück und schaute über das leere Foyer hinweg durch die mächtigen Flachglasfenster zum Alsterfleet. »Glauben Sie das?«
»Jens glaubte es. Aber, wie gesagt, er teilte seine Informationen nicht vorschriftsmäßig mit mir. Und nach den Auszügen Ihres Berichts zu schließen, die ich gesehen habe, sind sein Laptop und seine Unterlagen verschwunden.«
»Ich hatte den Eindruck, dass er mit überraschend wenig Gepäck reiste. Und offenbar hat jemand die Daten auf seinem Handy gelöscht. Aber wir konnten nur rätseln, ob etwas gestohlen wurde ... Ich werde das Personal verhören lassen.«
Karin Vestergaard schüttelte den Kopf. »Sinnlos. Seine Sachen sind nicht von eingewanderten Putzfrauen geklaut worden. Das hat der Mörder oder die Mörderin getan.«
»Wenn er ermordet wurde. Aber falls ein Verbrechen vorliegt, scheint alles auf diese Walküre hinzudeuten.« Fabels Gedanken schweiften ab. Für ihn als Chef der Hamburger Mordkommission war es eine schwerwiegende Nachricht, dass eine international tätige Auftragsmörderin in seiner Stadt ansässig sein konnte.
»Das wäre eine naheliegende Vermutung. Allerdings ist es möglich, dass die Walküre gar nicht existiert. Und wenn sie existiert, steht keineswegs fest, dass sie ihren Wohnsitz in Hamburg hat. Vielleicht läuft einfach nur die Kommunikation über Hamburg.«
»Jespersen ist nicht von einem Kommunikationskanal getötet worden«, widersprach Fabel. »Was haben Sie noch?«
»Ich habe mir die in Kopenhagen vorhandenen Unterlagen von Jens angesehen. Seine Internetchronik und so weiter. Er hatte außerdem Berge ... buchstäblich Berge von Recherchematerial über die Polizei und den Sicherheitsapparat der DDR. Dazu gehörte ein detailliertes Verzeichnis von Angehörigen der Volkspolizei und natürlich der Stasi.«
»Und Sie meinen, dass dies etwas mit der angeblichen Hamburger Berufsmörderin zu tun hat?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht besteht kein Zusammenhang. Aber Jens hat sich sehr auf diese Ermittlung konzentriert. Offiziell hielt er nach Vujacics Mörder Ausschau, doch seine Einstellung zu dem Fall grenzte ans Zwanghafte. Außerdem gab es ein paar Namen - von früheren Stasi-Leuten, meine ich -, denen er ein besonderes Interesse widmete. Vor allem einer, ein gewisser Major Georg Drescher, fesselte ihn. Merkwürdigerweise hat sich Drescher, sobald die Mauer gefallen war, allem Anschein nach in Luft aufgelöst. Er arbeitete für die Hauptverwaltung Aufklärung der Stasi. Die Spionageabteilung. Vermutlich nutzte Drescher, als er 1989 merkte, dass der Wind sich drehte, seine Stasi-Mittel, um unter einer neuen Identität weiterzuarbeiten. Vielleicht sogar hier in Westdeutschland. Aber warum Jens so fasziniert von Drescher war, kann ich nicht genau sagen. Nach den Notizen zu urteilen, muss Drescher ein einflussreicher Mann bei der Rekrutierung und Ausbildung von Agenten gewesen sein, die im Westen eingesetzt wurden.«
»Sie glauben also, dass diese Walküre eine frühere Stasi-Agentin ist?«
»Das wäre einleuchtend.«
Fabel runzelte die Stirn. Er rechnete nach, und der Gedanke, dass eine Frau von nun mittlerem Alter so effektive Mordanschläge beging, wollte ihn nicht überzeugen. »Wir sollten die Sache nicht überstürzen. Warten wir ab, was die Autopsie ergibt, bevor wir alle Möglichkeiten ausloten. Sonst noch etwas?«
»Ein paar weitere Namen. Notizen über Vujacics Kontakte und Ähnliches. Auch einige verblüffende Dinge ... Sie haben von Gennadi Frolow gehört?«
»Dem russischen Oligarchen?«
»Richtig. Sein persönliches Vermögen wird auf zwölfeinhalb Milliarden geschätzt. Jens hat eine Menge Aufzeichnungen über ihn angefertigt. Wenn auch nur Allgemeines und kein Dossier.«
»Vujacics Geldgeber?«
»Das bezweifle ich«, sagte Karin Vestergaard. »Ich habe ein bisschen nachgeforscht, und im Vergleich zu den meisten anderen Oligarchen hat Frolow eine blütenweiße Weste. Trotzdem kommt mir das Ganze sonderbar vor. Neben den Einzelheiten über Frolow hat Jens massenhaft Informationen über Vantage North, die Firma für Schiffbau und Schiffdesign in Flensburg, gesammelt. Sie hat unter anderem auch Frolows Luxusjacht, die Snow Queen, entworfen und gebaut.«
»Und Sie
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