Jane Christo - Blanche - 01
er ein Angebot für sie hatte, hätte er ihr das auch auf dem Bahnhof unterbreiten können. Wozu diente dieser Affenzirkus, wenn nicht, um sie zu beeindrucken? Also schön, sie war beeindruckt. Andererseits hatte ihr Verständnis von Realität in der letzten Woche ziemlich gelitten, schließlich flog sie nicht jeden Tag an einen Dämon geklammert durch die Gegend. Wenn dieser Miceal also glaubte, sie würde sich vor Ehrfurcht in die Hose machen, war er spät dran.
„Ich habe einen Vorschlag für dich und das hier“, er machte eine ausholende Geste, „ist ein angemessener Ort, ihn dir zu unterbreiten.“
„Was ist mit Wayne?“
„Ich nehme an, dass es ihm gut geht.“
„Woher weiß ich, dass du mich nicht belügst?“
„Engel können nicht …“
Blanche streckte den Zeigefinger aus und trat einen Schritt auf ihn zu. „Komm mir nicht so! Saetan hat ihn um seine Freiheit beschissen, warum solltest du nicht das Gleiche tun?“
Miceal fuhr sich mit einer Hand über seinen hellblonden Dreitage-Kinnbart. Schließlich nickte er knapp. „Setz dich, ich werde versuchen, es dir zu erklären.“ Zögernd hockte sie sich ihm gegenüber, wobei sie ihn nicht aus den Augen ließ. „Ich habe keinen Grund, Wayne zu betrügen, er hat sich bewährt.“
„Was heißt das?“
„Seine Aufgabe bestand darin, deine Seele zu retten, und er hat seinen Teil dazu beigetragen.“
Ihre Seele? Machte er Witze? „Es ging um seine Seele, nicht meine.“
Miceal schüttelte den Kopf. „Es ging von Anfang an um dich, Leonie.“
Schon wieder dieser Name. Du hast böses Blut, Leonie! Der Satan steckt in dir, Leonie! Wir müssen dir den Teufel austreiben, Leonie!
„Nenn mich nicht so.“
„Seiner Vergangenheit kann man nicht entkommen.“
Kann man schon. Es ist nur unglaublich anstrengend, dachte sie bitter. Und an die Zeit im Heim wurde sie nicht gern erinnert. Plötzlich brannten ihre Augen und sie wandte sich ab. Miceal beugte sich vor und nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, damit sie ihn ansah.
„Es ging um dich, Leonie. Du warst auf dem besten Weg, dich in Schuldgefühlen und Hass zu verlieren. Deine Seele hatte bereits den Weg zu Saetan eingeschlagen, du standest kurz davor, in deiner Wut zu ertrinken und dich hemmungslos deinen Rachegelüsten hinzugeben. Waynes Aufgabe bestand darin, dazu beizutragen, dich zu retten.“
„Ich verstehe das nicht. Ich dachte, Beliar hätte ihn in der Gasse befreit.“
Miceal nickte. „So war es auch. Doch der Dämon hat Waynes Seele aus Liebe zu dir ziehen lassen, um dich zu retten, nicht Wayne. Er tat es, um dir Schmerz zu ersparen. Es war ein Akt reiner Liebe und so etwas ist immer ein Segen, auch für Wayne. Dein Mentor hat sich als Werkzeug zur Verfügung gestellt und damit seine Seele der Gnade des Dämons ausgeliefert. Niemand konnte voraussagen, wie sich Beliar entscheiden wird, denn auch der Dämon stand auf dem Prüfstand. Er zeigte Anzeichen des Wankens, also habe ich …“
„Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“
Miceal nickte. „Saetan hat das sofort durchschaut und seinem Kronprinzen die Großfürsten hinterhergeschickt. Sie sollten ihn zurückbringen, bevor er von der Bildfläche verschwinden konnte. Doch der Herr des Nordens zeigte sich als ebenbürtiger Gegner.“
Der Herr des Nordens.
Miceal lächelte. „Dein Freund war so erbost, dass du gekidnappt wurdest, dass sich seine Kräfte vervielfachten. Er kämpfte wie ein wahrer Teufel und hat die drei zurück in die Hölle geschickt.“
„Was geschieht nun mit ihm?“
Miceal sah sie nachdenklich an. „Das wird sich zeigen. Beliar ist einer der seltenen Einzelgänger, die sich nicht einordnen lassen. Er ist nicht länger Teil von Saetan, zu uns gehört er aber auch nicht.“
„Was soll er denn jetzt machen?“
„Um wieder in unsere Reihen aufgenommen zu werden, muss er sich bewähren, und das ist in seinem Fall ein langer Prozess. Den ersten Schritt hat er getan, indem er dich als seine neue Herrin bestimmt hat.“
Wie war das? Bei ihrem entsetzten Gesichtsausdruck lächelte Miceal.
„Zugegeben, es ist ungewöhnlich, aber er musste jemanden bestimmen, sonst wäre er für beide Seiten Freiwild. Er braucht den Schutz eines mächtigen Patrons, sonst wird er keine ruhige Minute mehr haben.“
Bei diesen Worten brach sie in Gelächter aus. Sie und ein mächtiger Patron – das hier wurde besser und besser. Als ob sie es auch nur ansatzweise mit Beliars Kräften aufnehmen könnte.
„Der
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