Jane Reloaded - Roman
Genehmigungen, machte selbst Schulden, um das Unternehmen anzuschieben, und gründete eine Mammut-Stiftung.
Ich war erst fünf, als ich mit meiner Mutter und Jane III nach Sibirien flog. Damals hatte Gregor mir das Kuschelmammut Robert geschenkt, das mich, wie der Kalender meiner Großmutter, überallhin begleitete.
Nur kleine Gruppen von Touristen erhielten für viel Geld Einlass in den Mammutzoo. Trotzdem gab es lange Wartelisten. Als wir hinfuhren, hatten die ersten Tiere gerade geworfen, und wegen der etwa ein Meter hohen Mammutbabys war der Besucheransturm besonders groß.
Meine Mutter fand es immer schon verrückt, so viel Geld und Zeit und Wissen an Mammuts zu verschwenden, während Elefanten andernorts immer weiter dezimiert wurden und die Berggorillas in Afrika endgültig ausstarben. »Warum hast du denen nicht geholfen?«, warf sie ihrer Mutter vor.
»Es gibt kein Entweder-oder«, erklärte meine Großmutter dann ruhig. »Für Mammuts zahlen die Leute eben mehr und davon bekommen auch deine Elefanten etwas ab. Jeder, der diese Giganten hier sieht, lernt auch etwas über die Welt. Vielleicht helfen die Tiere uns sogar zu verstehen, warum sie damals ausgestorben sind. Und irgendwann holen wir dann auch die Gorillas wieder zurück!«
»Macht lieber gleich was gegen die Schlächter und mehr gegen die Klimaerwärmung«, konterte meine Mutter, »sonst sterben dir auch deine Mammut-Goldesel bald wieder weg.«
Sie stritten immer über solche Fragen. Gregor stand meistens dazwischen und ich daneben. Zum Trost klammerte ich mich dann an mein Plüschmammut Robert.
»Aber vielleicht können wir daraus auch Rückschlüsse ziehen für die Tiere, die heute wieder von Erderwärmung bedroht sind«, ereiferte sich meine Großmutter. »Außerdem werden wir doch alle etwas demütiger angesichts solcher Geschöpfe.«
»Und das ausgerechnet aus deinem Mund«, lästerte meine Mutter. »Nichts ist dir ferner als Demut.«
»Es reicht jetzt!«, fuhr mein Vater dazwischen. »Seid einfach mal still und schaut sie euch an. Sind sie nicht wunderschön?« Er setzte mich auf seine Schulter, damit auch ich sie besser sehen konnte.
Bei unserem Besuch in Sibirien war es Frühling gewesen und die dunkelbraunen Tiere standen nicht auf weißem, gefrorenem Schneeboden wie auf dem Foto in Gregors Arbeitszimmer im Laos-Labor. Sie grasten auf der langsam grüner werdenden, oft noch matschigen Steppe. Mein Vater erklärte mir, dass die Tiere mit einer kleinen, muskulösen Spitze am Ende ihres Rüssels, quasi einem Stummelfinger, Gras, Flechten und Moose abrupften. Mammuts sind Vegetarier, deshalb fraßen sie ständig, denn sie mussten sich über den Sommer einen dicken Speckpanzer anfuttern, um durch den Winter zu kommen.
Alle Besucher waren still und staunten. Sie wirkten wie verzaubert von diesen noch nie gesehenen Riesen, besonders als ein Ranger die Herde näher in Richtung der Aussichtsplattformen trieb. Ein Bild aus der Urzeit war lebendig geworden. Die Mammuts weilten nun tatsächlich wieder unter den Menschen, und jeder vergötterte sie, so mächtig und majestätisch schritten sie daher. Selbst meine Mutter lächelte glücklich und ein wenig ungläubig.
Meine Großmutter war oft gefragt worden, ob sie denn auch einen Neandertaler klonen, dem Mammut also einen Menschen zur Seite stellen würde. Sie hatte die Frage damals weder bejaht noch verneint. Aus dieser Zeit existiert jedoch ein Interview, das sie zusammen mit meinem Vater gegeben hatte. Nach diesem Interview begriff meine Mutter, dass Jane III und Gregor nicht länger theoretisierten, sondern zu handeln planten. Und genau darüber hatten sich meine Eltern so heftig gestritten, als ich zum ersten Mal das Wort Laos-Labor hörte.
Augusta Jane Klark: Natürlich ist es interessant, die DNA von ausgestorbenen Spezies anzuschauen und diese mit der DNA ihrer engsten lebenden Verwandten zu vergleichen. Wirklich zu sehen, wo und wie wir uns genetisch unterscheiden, und vor allem, welche unterschiedlichen Eiweiße, Baustoffe, unsere Gene produzieren. Aber es ist auch klar, dass man von einem lebenden Erwachsenen viel mehr lernen kann als aus Zellkulturen und DNA-Schnipseln. Und das gilt auch für Tiere und Pflanzen.
Gregor Bao Li: Man müsste für unsere geklonten Vorfahren – ob Neandertaler oder Homo erectus – einen Ort finden, wo sie nicht nur ungestört leben, sondern auch ihr ganz eigenes Leben entwickeln können. Und natürlich brauchen die so erzeugten Exemplare eine
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