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Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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fossilen Schädel eines Homo erectus in Java ausgrub. Dieser Name blieb im Gedächtnis aller haften, auch in Janes Erinnerung. Affenmensch oder Menschenaffe – das Wortspiel lässt Jane an einen Besuch im alten Trakt des Senckenberg-Museums denken.
    Zehn Jahre alt war Tanja Jane gewesen, als ihre Mutter sie über eine große steinerne Treppe in den linken Flügel des ersten Stocks führte und versprach, ihr etwas Besonderes zu zeigen. Mehrere Schaukästen waren gerade an die Stelle zurückgekehrt, wo sie bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts gestanden hatten, bevor man sie als »altmodisch« und nicht mehr zeitgemäß jahrzehntelang in ein Lager verbannte. Seit das Halten großer Menschenaffen in Zoos verboten wurde und im Freiland Gorillas ausgestorben waren und die anderen Arten bedroht, waren sie als Anschauungsmaterial, besonders für Kinder, wieder gefragt. Im ersten Kasten hatte Tanja Jane eine präparierte Familie echter Flachlandgorillas aus dem Kongo angestarrt, die dem Museum 1907 geschenkt worden war. Ein Orang-Utan-Paar und ein Schimpanse, ein Mandrill mit seiner bunten Schnauze und der knallroten Nasenspitze und ein mächtiger Gorilla, Jahrgang 1913, bevölkerten den nächsten Glaswürfel. So früh schon hatte die Jagd auf die großen und kleinen Menschenaffen begonnen. Ohne jede Scham wurden sie getötet und als stolze Trophäen präsentiert.
    Unbeweglich hatte die kleine Tanja Jane dagestanden, in der Bewegung eingefroren wie die über 160 Jahre alten Plastiken in den nächsten Schaukästen. Hier sei nur das Fell echt, hatte ihre Mutter erklärt, man habe es einem aus Gips oder Kunststoff nachgebauten Tierkörper übergezogen wie ein Kleidungsstück. Und diese Beschreibung hatte Tanja Jane noch mehr schaudern lassen als die echten Präparate, weil sie sich vorstellte, ihr würde so etwas angetan. Da hatte sie gefühlt, was ihre Mutter immer sagte: »Du bist auch ein großer Menschenaffe!«
    Damals hatte sie, und daran erinnert sich Jane genau, zum ersten Mal Gibbons gesehen. Mit ihrer Nase fast an der Scheibe, hatte sie die stummen Tiere fasziniert betrachtet. Dass diese Affenpärchen in der Wildbahn singen, hätte sie sich damals nie vorstellen können. Dazu musste sie erst vierundzwanzig Jahre alt werden und hierher ins Laos-Labor-Gelände kommen, wo sich die Gibbons Abend für Abend in ihren Duetten messen.
    Weil sie frei sind. Vielleicht freier als sie selbst.
    Wieder fühlt sie sich wie in einem Glaskasten zur Schau gestellt und begafft.
    So weit weg ist sie mit ihren Gedanken, so vertieft in Jamies Anblick, dass sie fast die Begrüßung vergisst. Er wartet schon länger, sein Arm ist ausgestreckt. Eher hastig und flüchtig ist ihr Händedruck heute, kein Zauber, nichts.
    »Kann ich deine Wohnung sehen? Zeigen!«, bittet Jane und beschreibt dazu mit ihrer Hand einen Halbkreis, zeigt auf die zwei Türen. Jamie versteht sie und läuft sofort los.
    Sein Zimmer ist ungewöhnlich karg mit einem zerwühlten Bett. Auf dem Boden liegt, wie achtlos weggeworfen, ihr Foto. Auf einem Stuhl hängt getragene Kleidung, die Tür einer halbhohen, leeren Bambuskommode steht offen. Lieblos und unordentlich sieht es hier aus, aber Jamie schaut sie so stolz und erwartungsvoll an, dass Jane sagt: »Gut, schön, dein Zimmer.«
    In der Küche daneben sieht Jane Körbe mit Gemüse und Früchten, Schüsseln mit geschnipseltem Obst. Sie erinnert sich an die schwarzen Hände der Lemuren bei ihrem täglichen Fütterungsritual. In einer flachen Schale sieht sie gebratenes Hühnerfleisch mit Reis. Jamie hat das Essen der Homo sapiens -Gruppe von Anfang an akzeptiert. Er formt mit seinen Händen aus dem Reis mehrere Kugeln, groß wie Tischtennisbälle, und reicht Jane eine davon.
    »Haart« , sagt er.
    »Freendyou« , antwortet sie und ist überrascht, wie geschickt sich Jamie die runden Happen in den Mund steckt.
    Der dritte Raum, der Wohnraum, soll in Zukunft ganz dem Unterricht vorbehalten bleiben.
    Frische Luft kommt auch hier durch ein Band mit durchbrochenen Holzpaneelen an der Außenwand, eine große Glasschiebetür, ähnlich der in Gregors Büro, macht den Raum hell. Es gibt einen kleinen Bambustisch mit passenden Stühlen, in einer Ecke liegen gestapelte Bodenkissen bereit.
    Jane fragt: »Tisch oder Boden?«
    Jamie setzt sich an den Tisch. Eine Kopie der HE-Lautsammlung sieht sie dort und die Global-Fibeln, Grundschulniveau, die sie verlangt hat. Der zweite Band ist aufgeschlagen und sie liest die Überschrift der

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