Jane Reloaded - Roman
Freundschaftshotel. Die Krankheitsanfälligkeit unseres Homo erectus wird extrem widersprüchlich eingeschätzt, deshalb sind wir lieber übervorsichtig.«
Jane schläft viel in den nächsten Tagen und immer wieder riecht sie Jamie.
»Habe ich mir das eingebildet?«, fragt sie Gregor, als es ihr wieder besser geht und sie endlich aufstehen kann.
»Nein. Jamie wollte dich unbedingt sehen. Er sah besorgt aus, richtig ängstlich. Wir sind dann mit ihm so nah an die Hütte gegangen, dass er dich durch das Fenster sehen konnte. Du hast aber jedes Mal fest geschlafen.«
»Wie hat er das gesagt?«
»Ganz einfach: krank jane sehen.«
Aus Gregors Mund klingt der Satz komisch.
Sie lächelt aber aus einem anderen Grund. Weil Jamie sie sehen wollte.
»Wir haben ihm immer wieder dein Foto gezeigt. Das hat ihn beruhigt. Jamie hat tatsächlich eine besondere Beziehung zu dir entwickelt. Vielleicht schon ein wenig zu eng …«
Der letzte Satz alarmiert sie. Gregor klingt so ernst.
Aber sie protestiert nicht, will ihn nicht aufbringen, weil bald die Probezeit abläuft.
»Emotionen unterstützen das Lernen«, sagt Jane. Sie hakt ihren Vater unter und schweigend gehen sie Richtung Haupthaus.
Plötzlich schnuppert Jane wie ein kleines Tier. Sie zieht die Nase kraus, zweimal, dreimal. Und tatsächlich riecht sie Jamie. Sie lächelt zufrieden.
Gregor erschrickt, versucht aber, sich nichts anmerken zu lassen. So weit ist es schon, denkt er, Jane schnüffelt bereits wie der Homo erectus. Ihre Beziehung zu Jamie ist ganz besonders schnell sehr eng geworden. Viel schneller als üblich.
Gregor Bao Li hat schon einige Forscher und Forscherinnen im Laos-Labor beherbergt. Die waren meistens älter als Jane gewesen, so um die dreißig, aber es waren immer die klügsten und ehrgeizigsten. Wer wirklich vom Fach war und suchte und wie seine Tochter kombinieren konnte, dem gelang es auch, diesen Ort ausfindig zu machen. Um die Richtigen zu finden, hatte ihm EVA hilfreich zur Seite gestanden in Gestalt von Jane III. Sie gab geeigneten Kollegen kleine Tipps, lancierte Artikel, lenkte Interessen. Nur nicht bei ihrer eigenen Enkelin, da hielt sie sich zurück. Seine Tochter war ohne Hilfe so weit gekommen. Und als ihre Großmutter ihn angerufen hatte, dass Tanja Jane ihn sehen und ins Laos-Labor kommen wolle, waren sie sich einig gewesen, ihr diese Chance nicht zu verwehren, nur weil sie seine Tochter war. Nun jedoch fühlt Gregor ein kurzes, heftiges Bedauern, dass er sich so entschieden hat.
Das Laos-Labor hatte immer nur auf Einzelne und ihren Ehrgeiz gesetzt, und es hatte sich bewährt, nicht geheim zu sein, aber auch nicht öffentlich. Auserwählt fühlten sich alle Frauen und Männer, die hierhergekommen
waren. Homo erectus und das Laos-Labor waren schließlich wertvoller als jeder noch so alte Knochenfund, schöner als Lucy und Ardi zusammen. Das erkannten alle. Und keiner, der hier gearbeitet hatte, hatte eine Kampagne gegen die HE-Züchtung gestartet, wie es seine Frau nach dem Vorfall mit dem Messel-Mann angedroht hatte. Das hier durfte nicht zerstört, verboten oder geschlossen werden. Und das war auch der Grund, warum dieser Menschenpark der Forschung seit fünf Jahrzehnten ein freiwillig gehütetes Geheimnis bleiben konnte.
Wer sich jedoch mit wachen Sinnen einige Arbeiten von Paläoanthropologen oder Evolutionsgenetikern anschaut oder Untersuchungen zu hominiden Sprachen und hominider Psychologie genauer liest, kann den Homo erectus -Exemplaren aus dem Laos-Labor dort begegnen. Wenn auch versteckt hinter fremden Worten, sprechen sie trotzdem und zeigen sich denen, die sie sehen wollen.
Anfangs war es noch unerwartet geschehen: Einige der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wollten mit ihren Forschungsobjekten in Ring 1 ziehen, als Paar. Manche blieben, Einzelne kamen wieder zurück, doch das Muster war immer dasselbe gewesen wie bei Jane und Jamie.
Aber Jane ist seine Tochter! Dass sich dadurch alles ändert, hätte er nicht gedacht. Er muss sie zurückschicken. Niemand will sein Kind verlieren. Auch nicht an ADAM. Das wird selbst Jane III verstehen.
6 MAMMUT, EVA UND JANE III
»Ein Mensch erlebt und überschaut in seinem normalen Leben doch höchstens drei bis vier Generationen. Wir haben großes Glück: Bei uns Klark-Frauen sind es schon fünf«, das betonte meine Großmutter immer wieder. Sie war die Erste, die alle Janes konsequent durchgezählt und ihre eigene Großmutter, die Messel-Retterin, trotz deren
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