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Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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gar nicht so schnell und ohne Erklärung.
    Außerdem ist sie nicht wirklich alleine. Sie hat Unterstützerinnen, das spürt sie jetzt und das macht sie stark:
    Jane I verlangt Widerstand von ihr.
    Jane II betont, sie sei es der Wissenschaft schuldig, hierzubleiben.
    Jane III fordert die Enkelin auf, unter allen Umständen durchzuhalten, niemals klein beizugeben. Und zur Not würde sie vielleicht sogar anreisen, um zu helfen.
    Und ihre Mutter, Jane IV, ruft ihr laut zu: »Freiheit für alle!«
    Schluss mit dem zaghaften Abwägen, beschließt Jane reloaded und entscheidet sich: Sie wird erst gehen, wenn Jamie frei und bei seiner Familie ist und wenn sie seine Sippe gesehen hat.
    Sie liest die letzte Zeile des Gebets, zwischen dessen Buchstaben die kleinen Spiegel verheißungsvoll aufblitzen: »… und die Kraft und Herrlichkeit der Evolution in Ewigkeit.«

8  MENSCHENZEIT UND JANE IV
    Immer öfter ertappte ich mich dabei, dass ich an meine Mutter dachte. Erst im Laos-Labor spürte ich, wie viel sie mich gelehrt hatte und wie stark sie mein Denken beeinflusste. Gerade sie, die nie eine von »diesen Janes« sein wollte. Auf den Namen Johanna jedoch war sie immer stolz gewesen. Von der Messel-Retterin habe sie ihr »Widerstandsgen« geerbt. Deshalb sträubte sie sich auch nicht gegen ihren Zweitnahmen Jane, den sich meine Großmutter gewünscht hatte.
    Meine Eltern heirateten aus Liebe, als meine Mutter mit mir schwanger war, und auch, weil Johanna mir unbedingt einen Vater geben wollte. Sie hatte nie akzeptiert, dass ihre Mutter von Anfang an keinen Vater für sie vorgesehen hatte. Diese »Vermessenheit« verzieh sie meiner Großmutter ihr Leben lang nicht, der Groll darüber entzweite sie.
    Meine Mutter studierte nicht Biologie, um zu forschen, sie wollte von Anfang an Lehrerin werden, wollte begeistern und vor allem aufklären, nichts weniger als die Welt retten. Das verstand Jane III nie, die ihre Tochter immer für klüger hielt und von gemeinsamen Forschungsreisen und Ausgrabungen in Afrika geträumt hatte. Doch meine Mutter verweigerte sich, und so reiste Jane III dann mit mir, ihrer Enkelin, in den Schwarzen Kontinent, wo der Ursprung der Menschheit lag.
    In einem Punkt jedoch waren meine Mutter und Großmutter immer einer Meinung – wenn es um Charles Darwin ging. »Das war wirklich eine Revolution«, sagte Johanna mit leuchtenden Augen, »zu denken und sehen zu wollen, dass sich alle Säugetiere aus einfachen Vorformen entwickelt haben – bis hin zum Menschen.« Und beide liebten sie einen kleinen Text aus Darwins Buch »Die Abstammung des Menschen«, den sie mir immer mal wieder vorlasen, als ich noch ein Schulkind war. Später lernte ich auf Anraten meiner Mutter den Text auswendig. »Damit kannst du alle verblüffen und Eindruck machen«, versprach sie und es hat tatsächlich öfters funktioniert.
    »Die Vorfahren des Menschen müssen einst mit Haaren bekleidet gewesen sein; beide Geschlechter hatten Bärte. Ihre Ohren waren wahrscheinlich zugespitzt und beweglich; und ihre Körper ausgestattet mit einem Schwanz, der die zugehörigen Muskeln besaß … Nach dem Zustand der großen Zehe beim Embryo zu urteilen, war damals der Fuß fähig, zu greifen, und ohne Zweifel waren unsere Vorfahren Baumtiere.«
    Beim ersten Hören hatte ich wegen des tierischen Schweifs noch gelacht, später staunte ich, wie klarsichtig Darwin unsere Ahnen beschrieben hatte. Dass dieser Text 1871 ein Skandal gewesen war, ein Angriff auf die Wissenschaft und Religion, verblüffte mich. Nur 200 Jahre vor meiner Geburt soll noch so eine Unwissenheit geherrscht haben! Das Denken lässt sich aber nicht verbieten, die Wahrheit setzt sich am Ende durch, das brachte mir meine Mutter an Darwins Beispiel bei.
    Vor dem biblischen Adam durfte es keine Menschen geben, postulierte die Kirche, und ihre Vertreter errechneten akribisch aufgrund der in der Heiligen Schrift angegebenen Daten und Lebensläufe das genaue Datum der Schöpfung: wahlweise den 17. September 3928 v. Chr. um 9 Uhr morgens oder auch den 23. Oktober 4004 v. Chr. Selbst Anfang des 19. Jahrhunderts behaupteten Forscher noch, es gebe keine fossilen Menschenknochen, obwohl die berühmten Funde im Neandertal 50 Jahre zuvor bereits ausgegraben worden waren.
    Wie verstörend und ketzerisch Darwins Gedanken auf seine Zeitgenossen wirken mussten, ahnte er selbst. Deshalb hatte der Naturforscher sich in seinem 1859 erschienenen Jahrtausendwerk »Die Entstehung der Arten« noch nicht

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