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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Straße und in die Schänke gehen. Ich verstecke mich so gut wie möglich hinter der Tonne und beeile mich. Verdreckte Fischerjungen-Montur aus, ordentlich Wasser über den Körper, langweiliges Kleid an– fertig. Die ganze Prozedur hat keine fünf Minuten gedauert, und ich glaube nicht, dass mich jemand dabei beobachtet hat.
    Den Weg zu Dona Marta finde ich ohne Probleme. Die ganze Zeit über habe ich den Kanalgestank in der Nase, aber das lässt sich ja auf die Schnelle nicht ändern. Ein Schaumbad wird mich auch bei Dona Marta nicht erwarten. Aber was erwartet mich dort überhaupt? Nicht viel, denke ich. Aber mit einer winzigen Kammer und einer hoffentlich nicht wanzenverseuchten Strohmatratze sowie einer ordentlichen Mahlzeit wäre ich ja schon mehr als zufrieden.
    Ich betrete die Schänke und erkenne die freundliche Wirtin von neulich sofort wieder.
    Â» Äh… « – verflucht, was sollte ich doch gleich sagen?
    Â» Ja, Senhorita? Kommen Sie wegen meiner berühmten feijoada wieder? Die gibt es nämlich immer freitags und samstags. «
    Beim Gedanken an den schmackhaften Bohneneintopf läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Ich nicke und überlege dabei fieberhaft, wie der Satz lautete, den ich sagen sollte. Schließlich fällt er mir wieder ein. » Meine Mutter hat wieder einen Anfall. « Ich stoße die Worte viel zu laut und viel zu schnell aus.
    Dona Marta sieht mich verdutzt an, bevor sie mir die gewünschte Antwort gibt: » Komm mit, Kind, ich gebe dir etwas von der Medizin. «
    Ich folge der Wirtin aus dem Schankraum hinaus. Als wir an der Küche vorbeigehen, aus der die appetitlichsten Düfte dringen, flüstert Dona Marta: » Später bringe ich dir etwas zu essen, auch Wasser und ein Stück Seife dürften aufzutreiben sein. Aber jetzt müssen wir dich erst einmal in Sicherheit bringen. « Wir steigen eine schmale Stiege hinauf und erreichen ein Zimmerchen, an dessen Stütz- und Deckenbalken ein paar riesige Schrauben befestigt sind. Dona Marta nimmt die oberste Hängematte von einem Haufen ähnlicher Matten und hängt sie für mich auf. » So, mehr Luxus kann ich hier nicht bieten. «
    Â» Es ist… wunderbar « , sage ich.
    Â» Wenn der Betrieb unten nachlässt, komme ich mit Wasser und Essen wieder. Es kann aber sehr spät werden. «
    Â» Vielen Dank, Dona Marta. «
    Sie verabschiedet sich mit einem Nicken.
    Als ich sie das nächste Mal wiedersehe, ist es hell draußen.
    Gestern Abend bin ich sofort eingeschlafen und habe wider Erwarten sehr bequem in der Hängematte gelegen. Hunger, Durst und Schmutz waren sofort vergessen, nachdem ich mich einmal langgemacht und die Sandalen abgestreift hatte.
    Und nun steht aufgeregt Dona Marta vor mir, die ich erst nach einigem Blinzeln erkenne. Ich brauche ein paar Sekunden, bis mir einfällt, wo ich bin und welche Turbulenzen derzeit mein Leben bewegen.
    Â» Der Kerl ist hartnäckig « , sagt Dona Marta. » Er sucht das ganze Viertel nach dir ab und schmeißt mit Geld nur so um sich. Irgendjemand wird dich gestern Nacht bestimmt gesehen haben und gegen Bares werden die meisten Leute geschwätzig. «
    Mit einem Satz schwinge ich mich aus der Hängematte. » Wo ist er? «
    Â» Keine vier Häuser von hier. Er hat ein paar Männer als Unterstützung dabei. Und er lässt keinen Zweifel daran, was er unter seinem Umhang mit sich trägt. «
    Â» Was denn? «
    Â» Pistolen. Auf jeder Seite eine. «
    Ich stöhne auf und schließe verzweifelt die Augen. Jetzt bin ich geliefert.

32
    Es ist vorbei.
    Mehr als eine Ahnung ist es im Grunde nicht. Aber ich bin mir trotzdem sicher, dass heute der Tag ist, an dem alles zu Ende ist.
    Ich zittere, obwohl es mindestens 30Grad warm sein muss. Das Klappern meiner Zähne ist bestimmt bis draußen zu hören.
    Von fern dringen die fröhlichen Geräusche des Umzugs in mein Versteck. Bald wird die tanzende Menge auch an meiner Tür vorbeiziehen. Wie schön wäre es, einfach mitzufeiern! Stattdessen hocke ich hier, am Karnevalssamstag, und fürchte mich fast zu Tode.
    Die Kammer, in der ich mich vor meinen Verfolgern verberge, ist dunkel, stickig und feucht. Sie befindet sich im Keller von Dona Martas Schankwirtschaft, und da hier unten die Vorräte gelagert werden, muss ich mir den engen Raum mit Schnapsfässern und getrockneten Würsten teilen, die von der

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