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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Absicht « , verteidige ich Gustavo. » Ich schätze, er hatte Angst um mich, und wie man sieht, war diese Angst ja auch begründet. Ich sitze durchnässt und in Hurenkleidung mit einem verlausten Dieb im Wald und warte darauf, dass der Blitz mich trifft. Fantastischer geht es ja kaum noch. «
    Â» Ab morgen wird alles besser, versprochen. «
    Â» Ach, und wie? «
    Â» Ich habe einen ausgeklügelten Plan. Morgen erkläre ich dir alle Details. Wenn du dich an meine Anweisungen hältst, kann gar nichts schiefgehen. «
    Â» Ich habe die ganze Nacht Zeit, dir zuzuhören. Und was deine › Anweisungen ‹ betrifft: Nenn sie lieber › Anregungen ‹ , sonst rührt sich leichter Widerwille in mir. «
    Also beginnt Lu, mir seinen Plan darzulegen. Es ist kein schlechter Plan, er hat nur den immensen Nachteil, dass ich dabei die Hauptrolle spiele und dass ich mich in die Höhle des Löwen begeben muss: in Dom Fernandos Haus.
    Â» Aber « , wage ich nach einer Weile einzuwenden, » es wird ihn stutzig machen, dass ich ausgerechnet ihn aufsuche. Er ist doch der Hauptanlass für meine Flucht gewesen. «
    Â» Weiß er das denn? Hast du deinen Eltern davon erzählt? «
    Â» Nein. Aber vielleicht hat meine Freundin Alice etwas ausgeplaudert. «
    Â» Selbst wenn dem so sein sollte « , entkräftet Lu mein Argument, » dürfte Fernando nichts davon wissen. Glaubst du vielleicht, deine Eltern würden ihm das unter die Nase reiben? Nie im Leben. Sie wollen ihn doch als Schwiegersohn. Oder besser: Sie wollen sein Geld. «
    Ich denke kurz darüber nach, obwohl es nicht viel nachzudenken gibt. Lu hat recht. Niemand, der meine wahren Gründe kennt, steht in direktem Kontakt zu Dom Fernando. Und meine Eltern werden mit ihm nicht darüber reden, selbst wenn sie Bescheid wüssten, was ich bezweifle. Irgendwie will ich nicht glauben, dass Alice mich so verraten haben könnte.
    Ich gähne und merke, dass ich plötzlich müde werde. » Lass uns morgen weiterreden, ja? « , bitte ich Lu. Praktisch im selben Moment muss ich eingeschlafen sein, denn das nächste, was ich sehe, ist Lus Schulter.
    Die Morgendämmerung bringt nicht nur Licht, sondern auch die peinliche Erkenntnis, dass ich innerhalb von Sekunden weggetreten bin und mich im Schlaf an Lu geschmiegt habe. Sofort rücke ich von ihm ab.
    Am besten vergessen wir diese grauenhafte Nacht sofort.

21
    Wieder bringt mich Lu in einer neuen Bleibe unter, wieder bin ich vom Wohlwollen anderer abhängig. Diesmal jedoch bin ich von fiebriger Ungeduld erfüllt: Bald ist es so weit.
    Um vor Dom Fernando einen möglichst glaubhaften Auftritt hinlegen zu können und um ihn mir gewogen zu machen, muss ich wieder wie ich selbst aussehen. Soll heißen: schöne Kleidung, gepflegte Erscheinung, hochnäsiges Getue. Lu hat mir ein hübsches neues Kleid sowie elegante Schuhe besorgt. Außerdem hat er eine Frau kommen lassen, die mein struppiges Haar mit diversen Ölen bändigt, mir die Hände manikürt und meine sonnenverbrannte Haut mit allen möglichen Tinkturen, Salben und Bleichcremes behandelt, sodass sie wieder etwas glatter und heller erscheint. Die Verwandlung ist perfekt: In dem fleckigen Spiegel meiner schlichten Unterkunft drehe und wende ich mich und bin begeistert. Es tut gut, endlich einmal wieder auszusehen wie eine feine Senhorita.
    Lu hat mich außerdem gebeten, endlich meinen Eltern eine Nachricht zukommen zu lassen. Ich habe ja selbst schon ein ganz schlechtes Gewissen wegen meines langen und unentschuldbaren Schweigens. Zwar dürften sie inzwischen wissen, von Alice oder Gustavo oder wem auch immer, dass es mir den Umständen entsprechend gut geht, aber besser ist es doch, ihnen dies selbst mitzuteilen. Ich habe bereits mehrere Briefbögen zusammengeknüllt und weggeworfen, weil ich Schwierigkeiten hatte, einen guten Anfang zu finden. Jetzt liegt mein fünfter Versuch auf dem Tisch, und seufzend setze ich mich hin, um die unangenehme Aufgabe zu Ende zu bringen.
    Liebe Eltern,
    seid unbesorgt, mir geht es gut. Nach über zwei Wochen, die ich mich nun schon allein durchschlage, ist keine der Katastrophen eingetreten, die ihr euch vielleicht ausgemalt habt.
    Diese Zeilen habe ich bereits gestern Abend geschrieben, heute erscheinen sie mir frech und gar nicht angemessen. Mein Ton sollte höflicher und unterwürfiger klingen, so als täte es

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