Jasmin - Roman
bisschen Entspannung und Trost gefunden hatten. »Kommt zu uns, al-Quds ist nicht so weit«, bat Fatchija und schritt bedrückt zum Auto.
Wir hatten eigentlich von Gheine nach Jaffa weiterfahren wollen. Fatchija und Ghadir warteten seit Jahren darauf, es wiederzusehen, doch es war schon zu spät dafür. Ich kämpfte mit mir, wie ich es ihnen sagen sollte, dass wir den Besuch Jaffas auf ein andermal verschieben würden. Fatchija kam mir zuvor:
»Nuri, Allah möge dir ein langes Leben schenken, lassen wir Jaffa für heute.« Sie sah entmutigt und erschöpft aus, ihre Augen schwammen. »Verzeih mir«, entschuldigte sie sich, »ich weine über mein Leben, warum bin ich in dieser Generation geboren?«
»Ich verspreche, ich werde dich nach Jaffa bringen.«
Wir kehrten schweigend und schwermütig nach Jerusalem zurück. Es dunkelte bereits. Als wir am Rockefeller-Museum ankamen, bat Ghadir: »Lass uns hier aussteigen, von hier gehen wir zu Fuß.«
»Warum? Ich fahre euch nach Hause, deine Mutter ist müde.«
»Nein, mein Sohn, vielleicht ist mein Mann schon zu Hause, wir brauchen keinen Ärger«, sagte Fatchija.
26.
DREISSIG LIROT UND EIN AUSERWÄHLTES VOLK
»Du suchst Gerechtigkeit?«, fragte meine Mutter.
»Mama, dreißig Lirot für einen Dunam Erde, tausend Quadratmeter? Du warst auch nicht einverstanden, das Haus in Bagdad zu verkaufen. Hast du vergessen, wie aufgebracht du über den Preis warst, den dir die Muslime dafür angeboten haben?«
»Das ist wahr, ich wollte ihnen auf keinen Fall das Haus für ein paar Groschen verkaufen, sollten sie doch zum Teufel gehen. Besser, sie stehlen einem das Ganze, bevor ich verkaufe.«
»Es ist das Gleiche bei ihnen. Was ist der Unterschied?«
»Mein Sohn, was vergleichst du da? Auch wenn wir verkauft hätten, was hätten wir mit dem Geld anfangen können? Hätten wir es mitnehmen können? Weit gefehlt. Sie haben schließlich den Besitz und die Bankkonten eingefroren und uns davongejagt. Warum sollte ich ihnen also ein sauberes Gewissen verschaffen? Hast du vergessen, wie sie uns am Flughafen ausgezogen und am ganzen Körper durchsucht haben? Sogar die Schuhe haben sie zerlegt, um zu kontrollieren, ob wir vielleicht Gold schmuggelten.«
»Mama, aber hier sind wir die Hausherren, und es liegt in unseren Händen, Gerechtigkeit zu schaffen.«
»Du suchst Gerechtigkeit, haben sie uns denn Gerechtigkeit widerfahren lassen? Unsere Väter sind im Babylonischen Exil in den Irak gekommen, tausend Jahre vor Muhammads Geburt. Hat sie das daran gehindert, uns zu vertreiben? Wo hat man so was schon gehört? Gerechtigkeit will er!«
»Und warum haben wir eine jüdische Stadt auf ihrem Boden gebaut, genau vor ihrer Nase? Müssen wir ihnen die Augen ausstechen?«
»Du verteidigst sie?«
»Ich will uns selber schützen, unsere Moral. Wir sollen ein auserwähltes Volk sein, ein Licht für die Völker, oder?«
»Ich weiß nicht, was das ist, ein auserwähltes Volk, aber ich sehe, du willst, dass die Araber Galiläa und Israel beherrschen und uns noch einmal zu Flüchtlingen machen«, warf sie mir vor.
»Umm Kabi«, mischte sich mein Vater plötzlich ein, »unser Sohn hat recht.«
»Was, wirst du jetzt auch zu einem Verteidiger des Islam? Wie Hunde haben sie uns dort davongejagt!«, erhob sie ihre Stimme gegen meinen Vater, der sich mit mir verbündet hatte.
»Mama, Schluss, hör auf mit Bagdad, wir sind jetzt in Israel, nicht dort, und wir sind stärker als alle arabischen Staaten zusammen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr! Ich fürchte mich immer noch, mein Sohn. Wer das durchgemacht hat, was die Juden hinter sich haben, wird sich sein Leben lang fürchten. Du willst ihnen helfen, ihnen Achtung erweisen. Wunderbar! Wo lebst du denn? Haben sie sich anständig verhalten? Haben Sie uns geachtet?«
»Wir sind nicht sie«, entgegnete mein Vater, »und wenn es keine andere Wahl gibt und man ihnen etwas wegnehmen muss, dann soll man ihnen eine echte Entschädigung geben, ohne Betrug.«
»Das wird nichts helfen, was immer wir auch tun, sie werden uns hassen. Sie wissen nicht, wie man mit anderen zusammenlebt, das kommt von ihrer Religion«, sagte meine Mutter und wandte sich dann an mich: »Mein Sohn, warum gehst du in ihre Dörfer, ist das nicht gefährlich? Man kann ihnen nicht trauen.«
»Mama, man muss sich um ihre Probleme kümmern, ihnen helfen, vielleicht gewöhnen sie sich am Ende daran, mit uns zusammenzuleben.«
»Es ist gut, dass er es mit eigenen Augen sieht«, sagte
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