Jasmin - Roman
darauf Polsterkissen. An der Wand hing ein Foto von einem hageren Mann mit Schnurrbart, dessen Kopf mit der traditionellen Kafija bedeckt war.
»Allah sei gesegnet, der Geruch von zu Hause und Familie«, sagte Fatchija und eröffnete eine weitere Runde von Küssen und Umarmungen, Jubel und Tränen. Und dann begann der Familienklatsch.
»Wie geht es deinem Sohn Karim? Hat er Kinder?«, fragte Fatchija.
»Noch nicht. Er hat auf Ghadir gewartet. Wir haben ihm die Bilder gezeigt, die du geschickt hast, sie war damals fünfzehn, aber, unberufen, eine Frau! Und wir haben ihm erzählt, dass sie ihm bestimmt ist. ›Sehr schön‹, hat er gesagt, ›ich werde auf sie warten‹, und er wollte kein anderes Mädchen.«
Ein junger Mann um die dreißig trat in den Raum, mit schmalem, düsterem Gesicht und einer scharf gebogenen Adlernase.
Nur der Schnurrbart und die Lippen glichen denen seines Vaters, dessen Porträt an der Wand hing.
»Karim, mein Sohn, darf ich dir Fatchija vorstellen, deine Tante, und deine Kusine Ghadir«, sagte Asalije.
Er schenkte ihr einen Blick, erblasste, und von dem Moment an ließen sie seine Augen nicht mehr los.
»Keif halak, ja ibni, Karim, mein Sohn, wie geht es dir«, sagte Fatchija, »fast zwanzig Jahre lang habe ich dich nicht gesehen. Ich dachte, ich würde dich jetzt mit Frau und Kindern sehen. Wir wollten dich für Ghadir, aber es wurde nichts daraus, es kam al-Nakbe, das große Unglück, ihr wart plötzlich in Israel, und wir waren in Jordanien. Ach, Karim, jetzt wo wir zusammen sind, wirst du heiraten, und wir alle werden an deiner Freude teilnehmen.«
Er starrte weiter Ghadirs Rücken an, die am Eingang stand. Danach lenkte er seinen dunklen Blick auf mich. Er maß mich von allen Seiten. Ich bemühte mich, ihn zu ignorieren, und lauschte der Unterhaltung der Frauen.
»Was ist mit ihm?«, erkundigte sich Fatchija nach dem verstorbenen Abu Karim.
»Gestorben«, sagte Asalije und schlug die Hände vorm Gesicht zusammen, als läge der Leichnam des Verstorbenen noch vor ihr, und beide brachen in Schluchzen aus.
»Was ist ihm passiert, meine Schwester, er war doch nicht alt?«, forschte Fatchija weiter und betrachtete sein Bild an der Wand.
Asalije schickte eines der Mädchen zum Laden: »Kauf Grapefruitsaft und Orangen.« Sie ging in die Küche, und bis das Mädchen mit dem Saft zurückkam, hatte sie uns schon Tee und Kaffee zubereitet, scharf und bitter wie das Leben, wie ein Ausspruch der Beduinen besagt.
Nach dem Kaffee forderte uns Asalije auf, ihr zu folgen, und bat ihre kleine Tochter, auf den Hund aufzupassen. »Der Arme, er stirbt«, seufzte sie. Schlank und aufrecht schritt sie an der Spitze und führte uns den Hügel zu der Straße hinunter, die die beiden Dörfer verband, und von dort zu einem uralten, einzelnen
Olivenbaum, den Felstrümmer, Steine und Sand von allen Seiten zu ersticken drohten.
»Hier ist es passiert. Al-Jahud, die Juden, haben den Boden beschlagnahmt, die Militärverwaltung hat den Boden als militärisches Manövergelände bestimmt. Abu Karim und ein paar Männer wollten weiter in den Steinbrüchen und den Olivenhainen arbeiten und die Weiden nutzen. Sie haben gegen den Befehl verstoßen. Und dann haben sie sie verhaftet und ihnen in Nazareth einen Blitzprozess gemacht. Abu Karim saß einen Monat im Gefängnis.
Als er herauskam, sagten sie, die Regierung wolle unseren Grundbesitz, um eine Stadt für die Juden darauf zu bauen. Da ist sie, dort gegenüber, diese hohen Gebäude, wollte Gott, sie würden alle über Nacht einstürzen. Sie lieben es, hoch in die Luft zu bauen, und wir lieben es, unsere Erde zu spüren. Wer hätte gedacht, dass sie uns wirklich den Grund wegnehmen und es wagen würden, Olivenhaine zu entwurzeln? Unsere Väter und Vorväter haben sie gepflanzt, dank ihrer arbeiten wir wenig und ernten viel. Erinnerst du dich, Fatchija, wie du immer gekommen bist und Olivenöl und Seife mit nach Hause genommen hast?
Und dann sind die Juden zum Muchtar und den Dorfvorstehern gekommen und haben zu ihnen gesagt, dass sie eine neue Stadt errichten wollten und Straßen, Schulen, Fabriken, Firmen und Arbeitsplätze, ja’ani, sozusagen für uns. Sie sagten, dass alle Dörfer davon profitieren würden und es für uns alle besser und schöner würde.
Wir sagten zu ihnen: ›Alhamdulillah, wir haben Herden und Weiden und Oliven, uns fehlt überhaupt nichts.‹ Die Juden haben dreißig Lirot für einen Dunam angeboten. Abu Karim wollte nichts davon
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