Jasmin - Roman
Missionsbibliothek zurückgezogen, um das Schlusskapitel ihrer Doktorarbeit zu schreiben.
Ich hinterließ ihr ein paar Zeilen, in denen ich eine Spur von Enttäuschung nicht verhehlte.
Als ich im Büro des Ministers ankam, sah ich dort zu meiner Überraschung Levana. »Was ist das denn, du bist immer noch da, seit heute früh, was machst du hier um sieben Uhr abends?« Statt einer Antwort erhob sie sich und sang: »Zum Geburtstag viel Glück …«
Wie hatte ich das vergessen können?
»Nuri, es ist dein dreißigster Geburtstag, und da gehst du einfach zur Tagesordnung über?« Sie reichte mir ein Päckchen, das einen vergoldeten »Shepherd«-Füllfederhalter enthielt. »Ein Geschenk vom Amt.«
Ich stand verlegen und gerührt vor ihr. Seit meiner Bar-Mizwa vor siebzehn Jahren hatte niemand mehr meinen Geburtstag gefeiert.
»Der Minister wird jeden Moment eintreffen«, sagte sie dann in ihrem gewohnt sachlichen Ton, betrachtete mich schweigend, wartete auf eine Reaktion und nahm dann ihre Tasche. Genosse, so lässt du sie gehen? »Du bist einzigartig, Levana«, umarmte ich sie.
»Trinken Sie ein Gläschen?«, überraschte mich auch der Mininster, holte zwei Gläser aus dem Schrank und schenkte uns erlesenen Cognac ein. Das war höchst interessant, denn eigentlich war er ein Asket, sogar ein Geizkragen, schrieb mit einem schlichten Bleistift auf gewöhnlichem Schmierpapier, mit einer dichtgedrängten Handschrift, die jedes Fleckchen ausnutzte, und aß gewöhnliche belegte Brote aus der Personalcafeteria. Wenn ihn sein Amt dazu zwang, in Jerusalem zu bleiben, pflegte er in einem sehr bescheidenen Hotel zu übernachten - und nun dieser Cognac!
»Auf Ihr Wohl, auf Sie. Levana hat mir gesagt, dass Sie Geburtstag haben«, sagte er und leerte das Glas bis auf den Grund. »Wie war es in Karmiel?«
»Der Bürgermeister hat Ihren Vorschlag mit Freuden angenommen.«
»Die Hauptsache ist jetzt, den Bau schnell voranzutreiben, die Besiedlung zu verstärken, die neuen Immigranten unverzüglich dort anzusiedeln.«
»Herr Minister, ich möchte Sie an der harten Erfahrung teilhaben lassen, die ich in Gheine, dem Dorf neben Karmiel, gemacht habe«, begann ich und breitete die Geschichte von Asalije und der Grundstücksenteignung aus. »Wen wundert es, wenn dort der Geist von Hass und Rache weht?«, fragte ich.
»Junger Mann, ich hatte Ihnen geraten, lassen Sie das. Was erwarten Sie sich davon, diese Angelegenheit dem Vergessen zu entreißen? Blicken Sie nach vorn, in die Zukunft, mein Freund, es stehen uns große Unternehmungen bevor.« Er schenkte uns beiden noch einen Cognac ein und fuhr fort: »Der Ministerpräsident hat mich aufgefordert, an der Spitze der Kommission zur Festlegung der Zukunft dieser Gebiete, ihrer Einwohner und von allem, was daran hängt, zu stehen, inklusive der Präsentation der Angelegenheit vor der Öffentlichkeit im Lande und in der Welt. Wir stehen vor einer großen Herausforderung.«
»Zu gegebener glücklicher Stunde werden wir endlich einen neuen Sittenkodex haben«, wagte ich hoffnungsvoll einzuwerfen.
»Wir müssen unseren Besitzstand hüten und Tatsachen schaffen, bevor sie sich von dem Schock erholen«, sagte der Minister.
»Und was ist mit Ostjerusalem?«
»Das wird die Krönung unserer Freude sein. Es sind keine feierlichen Erklärungen nötig, wir werden in aller Stille arbeiten, wie in den zwanziger Jahren hier, Dunam für Dunam, das ist seit jeher die Stärke des Zionismus.«
»Und die Araber werden damit einverstanden sein?«, fragte ich.
»Die Frage ist, was wir wollen und womit wir einverstanden sind. Die Araber werden sich daran gewöhnen und vergessen, so wie sie Jaffa, Madschdal und Akko vergessen haben …«
»Sie werden nie vergessen«, bemerkte ich.
»Nu, gut, auch ich gebe mich da keinen Illusionen hin«, erwiderte er, »aber man muss sich nicht in Bewunderung ihres Widerstands verlieren. Dann wird der Sambatjon eben ein wenig hochbrodeln, und es werden einige verleumderische Artikel Ihres Senators und anderer veröffentlicht, und vielleicht gibt es auch eine Rede oder zwei vor einer leeren Knesset. Ja und? Die Karawane wird vorüberziehen, und die Hunde werden ihr nachbellen. Merken Sie sich das, mein teurer Nuri, die Araber sind dieselben Araber, und die Welt bleibt auch dieselbe.«
»Ich habe für Sie einige Gedichte von Fadwa Tuqan, der Dichterin aus Nablus, übersetzt und zwei Geschichten von Flüchtlingen aus dem Libanon, um Ihnen die Denkart zu
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