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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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hätte.
    »Wir werden Ihnen alles Nötige zur Verfügung stellen. Vorwärts, an die Arbeit«, spornte er mich in einem Ton an, der mich stark an Schaike Ofir am Stadtrand von Gaza erinnerte, trat auf mich zu und legte seinen Arm um meine Schulter.
    »Ich habe eine Bitte an Sie, wenn Sie gestatten«, sagte ich.
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Ich habe einen Onkel, der Bruder meines Vaters, der einer der führenden Köpfe der zionistischen Untergrundbewegung in Bagdad war. Er sitzt dort schon seit zwanzig Jahren im Gefängnis, der Galgen schwebt über seinem Haupt, vielleicht ist es jetzt möglich, ihn zu retten. Sein Name ist Jechezkel Amari, beim Mossad kennt man die Affäre …«
    »Ja, ja, Sie haben mir von ihm erzählt, wir haben es versucht,
und es ist uns damals nicht gelungen. Ich verspreche Ihnen, alles uns Mögliche zu tun, um ihn auszulösen«, sagte er und klopfte mir auf den Rücken. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. »Haben Sie von Levanas Bruder gehört?«, flüsterte er.
    »Nein.«
    »Er ist beim Kampf um die Altstadt gefallen.« Mir stockte der Atem. »Gehen Sie, gehen Sie und trösten Sie sie.« Nach einem bedrückten Schweigen fügte er hinzu: »Es steht geschrieben, ›Im Krieg tötet man und wird getötet, und man muss die Lebenden und die Toten beweinen‹«, und damit schloss er die Tür seines Zimmers hinter mir. Ich wusste, er war ein trauernder Vater, sein Sohn, ein Fallschirmspringer, war in der Sinaikampagne gefallen.
     
    Draußen sah ich Schula mit leerem Blick zu, während sie telefonierte. Ihr Bild wurde von dem Levanas überlagert, meiner Kontaktfrau zum »amtierenden« Minister. Über sie war ich an den Minister geraten. Vor zwei Jahren, als ich in einem Büro im Verwaltungsbereich arbeitete, war ich in der Kantine auf sie gestoßen, und bei einer unserer zufälligen Unterhaltungen dort erzählte ich ihr, dass meine Muttersprache Arabisch und ich von meiner Ausbildung her Orientalist sei. Ein paar Tage darauf betrat sie mit leisem Klopfen mein Zimmer und hatte Briefe in ihren kleinen Händen, die sie mich zu übersetzen bat. Der Minister hatte sie von den arabischen Ratsoberhäuptern im Gefolge einer umstrittenen Rede erhalten, die er in der Knesset gehalten hatte. Ich übersetzte sie umgehend und lieferte auch einen Beantwortungsvorschlag. Das war der Anfang. Nicht lange danach stellte mich Levana mit dem für sie typischen sachlichen Taktgefühl dem Minister vor: »Das ist der Mann, der uns in den arabischen Angelegenheiten behilflich ist.« So machte sie mich zu einer Art inoffiziellen Berater des Ministers und seines Büros. Ich freute mich über die Gelegenheit, meine berufliche Ausbildung und mein Wissen nutzen zu können, wenngleich auch freiwillig und
ohne offizielles Amt. Seitdem fühlte ich mich meiner zusätzlichen Aufgabe verpflichtet, und Levana sorgte dafür, dass ich aktuelle Berichte von verschiedenen Stellen und einschlägiges Material in diesem Rahmen erhielt. Ich fühlte mich wohl in ihrer Gesellschaft. Es war etwas Verhaltenes und Scheues an ihr, an den gemessenen Bewegungen ihrer Hände, ihren fast lautlosen Schritten. Um länger in ihrer Gegenwart verweilen zu können, erzählte ich ihr manchmal arabische Märchen, denn sie konnte kein Arabisch und kannte kaum Araber, und aus der Befürchtung heraus, sie könnte denken, dass die Araber und ihre Angelegenheiten meine einzigen Interessengebiete seien, empfahl ich ihr auch immer ein Buch, ein Theaterstück, ein Konzert oder eine Ausstellung. Sie hielt sich nie lange mit Reden auf, entschuldigte sich immer, dass sie ins Büro zurückkehren müsse, falls der Minister sie brauchte. Sie war dem Minister so ergeben, dass sie mich auf hässliche Gedanken brachte, vielleicht war da noch etwas? Unsinn, sah ich bald ein: Der Altersunterschied, der unterschiedliche Hintergrund und das damit verbundene Risiko machten ein Verhältnis zwischen ihnen unmöglich, und überhaupt, warum sollte sie? Der Minister war schließlich ein Kibbuznik und Familienvater, was konnte er ihr schon bieten?
    Nachdenklich saß ich Schula gegenüber, meine Hände zerlegten und setzten den Kugelschreiber zusammen, der auf ihrem Tisch lag.
    Als sie mit den nötigen Telefonaten fertig war, verließ sie kurz das Büro und kehrte mit einem Ausweis vom Sicherheitsoffizier zurück, auf dem mein Rang und meine neue Aufgabe verzeichnet waren. »Und jetzt sagen Sie mir bitte noch Ihre Telefonnummer zu Hause«, sagte sie. »Sie haben kein Telefon?«,

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