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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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hier innerhalb von zwei, drei Wochen wieder weg sein, so wie ihr 56 aus dem Sinai abgezogen seid.«
    Amitai tat seine Worte mit einer leichten Kopfbewegung ab, zog mit gelassener Ruhe seine Pfeife heraus und blies Rauchringe in die Luft. Kaltes Wasser und aromatisch duftender Kaffee wurden von dem prächtigen Kellner an den Tisch gebracht. Ich warf einen Blick auf die Uhr, es war Viertel nach eins. Um drei Uhr hatte ich ein Treffen mit Sandra verabredet, um mit ihr ins Krankenhaus nach Aschkelon zu Kabi zu fahren.
    »Sie sind Iraker, nicht wahr?«, fragte Abu George und schenkte mir Kaffee ein. Ich nickte.
    »Ihr Arabisch ist vermischt.«
    »Wie das Leben«, lächelte ich.
    »Vor dreißig Jahren, als ich ein Student war, lernte ich an der Beiruter Universität einen irakischen Juden kennen, Somech hieß er. Er träumte davon, in Bagdad eine psychiatrische Klinik zu errichten, etwas Revolutionäres«, erzählte er und bot mir Zigaretten an. »Imperial, so gut wie die amerikanischen«, ermutigte er mich, als er sah, dass ich zögerte. Die Zigarette, eine Mischung aromatischer Virginiablätter, war ziemlich schwer. Mein Kopf drehte sich, doch ich rauchte aus Höflichkeit weiter. Bei der nächsten Runde bot ich ihm meine Ascot an. Nach zwei Zügen
stellte er fest, »ein bisschen trocken«, drückte die Zigarette aus und versank in sich selbst, was sonst nicht die Art eines arabischen Gastgebers ist.
    »Wie viel bin ich Ihnen schuldig, mein Lieber?«, fragte ich den Kellner.
    »Mesch mumken, kommt nicht in Frage«, sagte Abu George. »Wollen Sie mich beleidigen?«
    »Nargila?«, fragte der Kellner. Amitai nickte, und so saßen wir beide neben dem blubbernden Gefäß wie zwei große Herren in den Erbpfründen ihrer Väter. Ich war es nicht gewöhnt, Wasserpfeife zu rauchen, nahm einen energischen Zug, und das Wasser schlug Blasen in dem Behältnis, worauf ich mich verschluckte und hustete. Abu George warf einen Blick auf mich, und endlich trat der Schatten eines Lächelns auf seine Lippen. Das Gurgeln des Wassers hallte durch das leere Restaurant wie ein Wiegenlied. Offenbar war ich eingenickt, denn ich fand mich in der Wüste im Herzen eines Sandsturms wieder, gebeutelt von blind machendem Wind und pfeifenden Granaten. Als ich panisch die Augen öffnete, stand ein korpulenter Mann mit Schnurrbart lächelnd vor mir.
    »Darf ich vorstellen, Abu Nabil, Abu Georges Partner bei der Zeitung al-Watan und deren Chefredakteur«, sagte Amitai.
    »Fügen Sie ›ehemals‹ hinzu, seien Sie so gut«, sagte er, als wir uns die Hände schüttelten.
    »Was ist passiert, haben Sie sich getrennt?«
    »Gott bewahre, aber es gibt keine Zeitung mehr. Ihr habt doch alle Zeitungen zugemacht. Warum habt ihr uns nicht wenigstens die Zeitung gelassen?«, protestierte Abu Nabil. »Ich will Ihnen ganz offen sagen«, fuhr er fort, »vor dem Krieg, wenn ich mich gut fühlen wollte, hörte ich immer Radio Kairo, Sa’ut al-Arab, Nassers Ruhmesgeschichten. Wenn ich die Wahrheit wissen wollte, hörte ich mir euren Arabischsender an. Und wenn ich vor Nasser und vor euch flüchten wollte, dann bin ich an meinen Schreibtisch in der Redaktion gegangen. Jetzt ist mir nichts mehr geblieben.«

    »Wovor habt ihr Angst?«, fügte Abu George hinzu. »Das Ei bricht keinen Stein, sagt man bei uns.«
    »Lasst sie Dampf ablassen. Es ist zu eurem Besten, Colonel! Sogar nur um die Anweisungen eurer Militärverwaltung zu publizieren«, flüsterte Abu Nabil wie ein geheimer Ratgeber. Er zwirbelte seinen mächtigen Schnurrbart und rollte die Enden nach oben. Die Bewegungen seiner breiten Hände hatten etwas unterdrückt Theatralisches.
    »Schwa’i schwa’i, langsam, langsam, gebt uns Zeit zum Organisieren«, verteidigte sich Amitai.
    »Machst du dich über mich lustig?« Abu Nabil zwinkerte ihm zu. »Ihr seid keine Levantiner wie wir. Ihr seid Westler, alles ist bei euch durchgeplant. Oder etwa nicht?«
    »Die Befreiung Jerusalems hatten wir nicht im Kopf.«
    »Das ist nicht einleuchtend, ihr habt uns doch mit Lichtgeschwindigkeit erobert«, entgegnete Abu Nabil und begann zu husten.
    »So ist die Natur von Kriegen, voller Überraschungen«, wich Amitai aus. Wir standen auf und verabschiedeten uns mit den üblichen Höflichkeitsbezeugungen.
    Nachdem wir die Koordination zwischen uns abgestimmt hatten, begleitete mich Amitai zur Omarstraße, wo Sandra neben dem Auto auf mich wartete.

6.
    KABI UND SANDRA
    Sandra umarmte und küsste mich, als sei ich Kabi. »Ich habe mir

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