Jasmin - Roman
gerunzelte Stirn bezeugte, dass sie sich jedes Geräuschs bewusst war. Ich bangte vor dem Augenblick, in dem der Leiter und Michelle Bemerkungen in Hebräisch austauschen würden, ich hatte ihnen nicht gesagt, dass Jasmin unsere Sprache beherrschte. Der Leiter holte zu einem ermüdenden Vortrag über den Beitrag des Jugenddorfs zur Rehabilitation von Kindern mit besonderen Bedürfnissen aus, als stünde er vor einer Delegation von Sponsoren. Ich verlor rasch das Interesse und betrachtete abwechselnd die Gesichter von Jasmin und Michelle, zwei schöne und gebildete Frauen.
Michelle lächelte Jasmin zu, blickte den Leiter an, der mit seinem Vortrag fortfuhr, und notierte etwas auf einem Zettel, knüllte ihn dann zusammen und warf ihn in den Papierkorb unter dem Tisch. »Pardon, Herr Lischinsky«, unterbrach sie seinen Redestrom, »ich glaube, es ist besser, wenn wir in die Klassen gehen. Die Kinder müssen demnächst essen.«
Ich dankte ihr mit einem Kopfnicken. Ihre Vitalität und ihr Charme erwärmten mein Herz. Auf dem Weg zu den Klassen näherte ich mich Herrn Lischinsky und flüsterte ihm zu, dass die Leitung des Wohlfahrtsressorts von der Idee begeistert sei, dass eine Palästinenserin aus Ostjerusalem bei ihnen ein Praktikum
mache. Man meine, das sei der Anfang einer Zusammenarbeit zwischen ihnen und uns.
»Warum hat man dann nicht mit mir gesprochen?«, fragte er. »Hören Sie, Ihre Mademoiselle sieht wie ein Filmstar aus, nicht wie eine Psychologin für problematische Kinder.«
Michelle hielt sich eng an Jasmin, und obwohl deren Haltung distanziert blieb und Zurückhaltung ausstrahlte, ergriff sie ihren Arm wie eine alte Bekannte und ermutigte sie in sturzflutartigem Französisch: »Wir können hier umsetzen, was wir bei Georges Bidault an der Sorbonne gelernt haben!«
In den Klassen empfingen die Erzieherinnen Michelle mit Freudenrufen, und sie überschüttete sie mit guten Worten, Umarmungen und Streicheleinheiten. Jasmins gesträubte Schultern lockerten sich. Sie beugte sich zu den Kindern hinunter und begann zu unserer Überraschung, mit ihnen Hebräisch zu reden, umarmte und streichelte sie. Sie reagierten sofort auf sie, und zum ersten Mal seit Anfang unserer Begegnung sah ich Jasmin warm lächeln, als hätte sie eine bedrückende Last abgeworfen. Sie gab sich lange Zeit mit den Kindern ab, erfreute sich an ihrem Geplapper, sah sich ihre Zeichnungen an, erkundigte sich bei Michelle, wer sie an das Dorf überwies, und stellte andere fachliche Fragen. Abu George betrachtete seine Tochter, befreit von ihren Fesseln, und nickte mir zu, als wollte er sagen, inschallah, alles wird gut.
Danach führte uns Michelle durch das Dorf. Sie hatte einen Gang wie eine Wildkatze, geschmeidig und kraftvoll. Durch ihren leichten Rock hindurch tänzelten ihre Pobacken, rund und fest, und ich, der ich seit meiner Jugend den Herrlichkeiten weiblicher Hinterteile verfallen bin, wandte keinen Blick davon. Jasmins scharfe Augen fingen meinen Blick ein, der auf das verheißungsvolle Gesäß geheftet war. Ich errötete und lächelte verlegen.
Als wir den Speisesaal betraten, zog mich Michelle beiseite und sagte leise zu mir: »Wenn wir nicht in die Klassen gegangen wären,
hätte ich gedacht, sie ist ein Eisblock. Sie ist intelligent, schön, und was für Augen …«
»Woher sind Sie?«, erkundigte ich mich schnell.
»Aus Paris«, lächelte sie, und ihre Augen musterten eingehend meine Gesichtszüge. Plötzlich ertappte ich mich dabei, dass ich sie, trotz meiner Schüchternheit, direkt ansah und von ganzem Herzen lächelte.
»Wollen Sie mit den Kindern essen?«, fragte der Direktor. Abu George blickte Jasmin an, doch sie lehnte höflich dankend ab.
»Frau Hilmi, Sie sind jederzeit hier willkommen, Sie brauchen mich nicht mehr dazu, Doktor Michelle steht Ihnen zur Verfügung«, verabschiedete sich Herr Lischinsky und wandte sich seinem Büro zu.
Michelle begleitete uns zum Auto, drückte Abu George die Hand, und dann legte sie ihre Arme um Jasmin und verabschiedete sich freundschaftlich von ihr. Ich blieb etwas entfernt stehen, wartete auf sie.
»Also, was sagen Sie?«, fragte ich und wurde ein wenig rot.
»Sie muss sich überlegen, was sie will«, sagte Michelle ernst.
»Man muss sich darüber unterhalten«, sagte ich so dahin, um sie wiederzusehen.
»Ich fliege diese Woche nach Paris, meine Mutter ist krank. In zwei Wochen komme ich zurück, und dann werden wir sehen«, erwiderte sie und ging.
»Schukran,
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