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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Offizier.
    »Jasmin, darf ich dir einen Bekannten vorstellen, den Colonel Amitai.«
    »Nicht Colonel, sondern Doktor Amitai«, lächelte er und streckte ihr die Hand hin.
    Sie drückte sie, doch es gelang ihr nicht, auch nur ein steifes Lächeln der Höflichkeit aufzubringen. »In welchem Fach haben Sie promoviert?«, fragte sie, um wenigstens irgendetwas zu sagen.
    »Arabische Sprache und Literatur«, überraschte er sie mit seiner Antwort.
    Wahrscheinlich ist das nur ein Vorwand, dachte sie. Es versetzte ihr einen Stich der Wut, sie fürchtete, dass eine verborgene Macht ihren Vater im Griff hielt, als liefe sein Leben in einer anderen Welt ab.

    Der »Colonel« salutierte in Richtung des Hauses des Bezirksgouverneurs, und ihr Vater kehrte ins Auto zurück.
    »Papa, warum freundest du dich mit ihnen an?«
    »O meine Tochter, dieser Mann hält viel Macht in seinen Händen«, antwortete er und fügte nach kurzem Schweigen hinzu: »Ich habe auch keinen Makel an ihm gefunden, wenigstens bisher nicht.«
    »Und warum lässt du mich mein Praktikum beim Feind machen?«
    »Was ist schlecht daran, dein Praktikum mit jüdischen Kindern zu machen? Würde es dem Niveau deiner Forschung schaden, verpflichtet dich das, die Juden zu lieben?«
    »Man wird sie bald wieder von hier vertreiben.«
    »So Gott will.«
    »Vater, hilfst du ihnen?«
    »Meine Tochter, schämst du dich nicht?«
    »Wie kommt es dann, dass einer ihrer hohen Beamten und der Direktor des Jugenddorfs und all die anderen sich die Zeit nehmen, um sich dir und deiner Tochter zu widmen, ihr sogar eine Begleitung arrangieren, die zufällig Französisch spricht, zufällig ausgerechnet an der Sorbonne studiert hat, zufällig Doktor der Psychologie ist und rein zufällig auch an dem Ort arbeitet, an dem man mich das Praktikum machen lässt? Warum tun sie das alles? Uns zu Ehren?«
    »Meine Tochter, die Welt ist groß, sie existiert nicht nur, um uns zu verfolgen. Und Nuri ist wie ein Ibn Arab, ein Sohn der Araber …«
    »Wie bitte? Er ist der Feind!«, unterbrach sie ihn. »Jasmin, auch unter ihnen gibt es Menschen. Haben wir nicht, als dieser Krieg ausbrach, gedacht, es würde ein zweites Deir Jassin geben, und es ist nicht passiert?«
    »Wenn wir gesiegt hätten, würdest du dem Feind helfen?«
    »Sie sind jetzt nun einmal hier, und man muss aus der Situation herausholen, was möglich ist.«

    »Was man tun muss, ist, ihnen das Leben zu vergällen und sie zu vertreiben.«
    »Wer soll sie vertreiben? Ar-Ra’is Nasser? Al-Malek Hussein, ar-Ra’is Nur ed-Din al-Attasi? Oder vielleicht Ahmed Schukeiri von der PLO? Alles Sprüchemacher, die Unglück über uns gebracht haben.«
    »Wir, die Palästinenser, werden sie vertreiben.«
    »Deshalb willst du nach Paris zurückkehren?«
    »Ich kann nicht hierbleiben.«

14.
    KABI IN CHORRAMSCHAHR
    Vor seiner Rückkehr nach London traf sich Kabi mit Siomka, seinem Ressortleiter, zu der üblichen Einsatzbesprechung. Noch bevor ihnen der Kaffee serviert wurde, verkündete Siomka: »Wir haben beschlossen, deinen Einsatzort zu verändern.«
    Kabi rückte überrascht seinen Stuhl an den Tisch des Ressortleiters heran und sah ihm direkt in die Augen: »Darf man fragen, warum?«
    »Der Chef des Mossad hat beschlossen, unsere Prioritäten infolge des Kriegs zu aktualisieren. Wir sind zu dem Schluss gelangt, dass man Bemühungen in den Irak und den Persischen Golf investieren sollte, und wer wäre geeigneter für die Aufgabe als du? Du gehst nach Chorramschahr, da wimmelt es nur so von schiitischen Schmugglern, ein Paradies für Agentenanwerbung.«
    Der Ressortleiter beehrte Kabi mit einer Zigarette, und der starrte in den Aschenbecher und wusste nicht, was er sagen sollte. »Chorramschahr?«
    Siomka nahm seine Brille ab und warf einen Blick auf seinen verstörten Untergebenen. Seine Stimme wurde milder: »Das klingt für dich wie eine Verbannung ans Ende der Welt, aber so ist das nicht. Die Gegend ist sehr schön, faszinierend, und ich bin überzeugt, dir wird es nicht leid tun. Übrigens, London wartet auf dich. Wir werden dich eines Tages dorthin zurückversetzen. Du fährst in zwei Wochen, und bis dahin lernst du ein bisschen Persisch. Damit du zurechtkommst. Du wirst es in Chorramschahr ohnehin kaum brauchen, dort sprechen sie hauptsächlich Irakisch. Amram Tschuva, der Chef unserer Dependance
im Iran, erwartet dich. Bau dir in Abstimmung mit ihm eine Tarnung auf, und viel Erfolg.« Damit schloss er die Besprechung und erhob sich von

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