Jasmin - Roman
dir ein andermal.«
»Warum machst du so ein Geheimnis daraus?« Sie breitete eine weiße Tischdecke aus und deckte den Tisch mit schönem, festlichem Geschirr, als wären wir in einem Luxusrestaurant.
»Dein Hebräisch ist sehr schön.«
»Mein seliger Vater war Zionist und Hebräischlehrer in Lyon. Er sprach Hebräisch mit uns. Schade, dass der französische Akzent bleibt.«
»Aber der Akzent ist doch reizend.«
»Schmeichler«, sagte sie und zündete die Kerzen auf dem Tisch an. Dann schaltete sie den Plattenspieler ab.
»Warum machst du die Musik aus?«
»Zwei Höhepunkte auf einmal gehen nicht, Essen ist Essen, und Musik ist Musik.«
Sie servierte die Lammschulter, gedünstetes Gemüse als Beilage, Salat und französischen Senf. Ein Konglomerat an Farben und Gerüchen.
»Bon appétit«, sagte sie und teilte das dampfende Fleisch, kaute sehr langsam, und ihre Nasenflügel weiteten sich. »Hmm … gut. Warum isst du nicht?«
»Hast du Brot, bitte?«
»Reicht dir das Essen nicht?«
»Die Gewohnheit der Armen«, antwortete ich, als sie mir ein Körbchen mit Kümmelbrot brachte.
Das Fleisch duftete herrlich, und ich kostete ein klein wenig, es schmeckte interessant, völlig anders als alles, was ich kannte.
»Ich koche nicht für jeden ein Abendessen, ganz sicher nicht am ersten Abend.«
»Und womit habe ich das verdient?«
»Ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich dachte, es würde ein langweiliger Beamter mit Bauch zu uns kommen, aber schon deine Stimme am Telefon klang zart wie das Zwitschern eines Vogels mit gebrochenem Flügel«, sagte sie mit ihrer melodiösen Stimme und hörte zu kauen auf. Ihre Augen musterten mich eingehend. »Entschuldige, dass ich frage, aber wer hat dir die Haare geschnitten? Ich kann dir einen exzellenten französischen Friseur empfehlen.«
Ich legte das Messer auf dem Teller ab, aus Protest gegen den Hagel an Kritik und Fragen. Ich hatte einen ruhigen Abend erwartet, aber ihr stürmisches Temperament brauchte offenbar Spannung. Zum Abschluss des Essens richtete sie auf einem hellen Holztablett eine Käseauswahl an, musterte sie mit funkelnden Augen, schnüffelte genießerisch und lud mich mit einer Handbewegung ein zuzugreifen. Ihre Handteller waren groß und stark, nur im Kibbuz hatte ich solche Hände gesehen.
»Was ist jetzt wieder los? Warum nimmst du nichts?«
»Ich mag diese Art Käse nicht.«
»Merde, es ist wirklich zum Verrücktwerden! Das sind echte französische Käse! Ich habe sie aus Paris mitgebracht! Ah, was für ein Geschmack, vielleicht probierst du wenigstens.«
Danach braute sie Kaffee mit einer elektrischen Maschine und bot mir scharfe Gitanes und Cointreau an. »Das ist sehr süß und schmeckt sehr gut, genau das Richtige für dich.« Als sie sah, dass ich große Schlucke nahm, sagte sie tadelnd: »Betrink dich nicht, ich möchte nicht, dass du einschläfst.«
»Da besteht keine Gefahr.«
»Also, diese Jasmin, war sie eine Spionin von uns?«, fragte sie plötzlich.
»Wieso denn?«
»Und warum macht ihr euch dann so viel Mühe?«
»Aus humanitären Gründen«, erwiderte ich.
»Jetzt verstehe ich, wozu du auch mich treffen wolltest. Ist das Teil der Aufgabe?«
»Ich wünschte mir, dass es meine Aufgabe wäre, mit schönen Frauen wie dir zu Abend zu essen.«
»O là là, endlich ein Israeli, der Komplimente machen kann.«
Ich stand auf, um ihr beim Tischabräumen zu helfen, doch sie befahl mir, sitzen zu bleiben. Ich streckte mich im Sessel aus, ruhig und entspannt, genoss den herben Geruch der Zigaretten.
»Und warum ist deine Jasmin nicht ins Jugenddorf gekommen? Ich habe gewartet und gewartet, aber Mademoiselle ist nicht erschienen.«
»Sie ist eine Madame, eine Witwe. Ihr Mann ist unter mysteriösen Umständen gestorben.«
»Vielleicht war er ein Spion.«
»Vielleicht, oder vielleicht ein Kämpfer, ein Fedajin …«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte sie und schenkte noch von dem starken, guten Kaffee nach. »Noch eins dieser Rätsel der Israelis.«
»Wenn du an uns so viel auszusetzen hast, warum bist du dann nach Israel eingewandert?«
»Darum geht es mir doch. Ich bin neugierig, möchte vom anthropologischen Standpunkt aus untersuchen, ob Juden zusammen in ihrem eigenen Staat leben können. Ich habe das Gefühl, ich betrachte ein Irrenhaus. Alle gegen alle«, erklärte sie.
»Sehr beeindruckend. Und sonst?«
»Um die Wahrheit zu sagen, es gefällt mir hier. Vom ersten Augenblick an hatte ich das
Weitere Kostenlose Bücher