Jasmin - Roman
ich mich säubern, mich von den Bergen aus Hass und Wut, aus Hetze und Gift, Erniedrigung und Niederlagen befreien, die unsere Vorväter und wir in ferner Zeit und heute wieder aufgetürmt hatten und die diesen scharfen Keil zwischen Jasmin und mich trieben.
Auf dem glühend heißen Bürgersteig saß eine arabische Frau und bot frische, saftige Feigen an. Ich kaufte mir welche, und noch auf dem Weg ins Büro konnte ich mich nicht beherrschen und aß sie, ungewaschen. Ich lutschte und saugte an den reifen, weichen Feigen, bis sie alle weg waren. Hatte Eva Adam wirklich mit einem Apfel und nicht mit einer Feige in Versuchung geführt?
17.
ZWEI HÖHEPUNKTE
»Man muss das Verhältnis zu ihr aufbauen. Vielleicht wäre es gut, wenn du sie anrufst«, bat ich Michelle.
»Ich glaube nicht, dass man sich bei ihr anbiedern sollte«, erwiderte sie. Aus ihren Worten waren Verärgerung und Enttäuschung darüber herauszuhören, dass Jasmin sich weder bei ihr gemeldet hatte noch ins Jugenddorf gekommen war. Am Ende des Gesprächs lud ich Michelle zum Abendessen in das Restaurant Granatapfel ein, doch sie lehnte mit dem Argument ab, sie sei beschäftigt. Zwei Tage später rief ich sie wieder an, und diesmal schlug ich einen Konzertbesuch in Tel Aviv vor.
»Danke, das hört sich wirklich wunderbar an, ich war noch nie im Kulturpalast«, sagte sie, bat mich aber, sie an besagtem Tag sicherheitshalber noch einmal anzurufen. Mir war klar, dass der Konzertbesuch nicht klappen würde, denn man musste die Karten im Voraus kaufen. Dennoch rief ich sie, wie ausgemacht, wieder an.
»Ich habe keine Lust auf ein Konzert, komm zu mir, und ich koche ein Abendessen für dich«, sagte sie.
Wer hätte da Nein gesagt! Die schöne Michelle würde für mich kochen! Was konnte ich ihr mitbringen? Im letzten Moment kaufte ich eines dieser glanzvollen Siegeralben, vielleicht würden die Bilder der Generäle und die Heldengeschichten die Phantasie der Neueinwanderin anregen. Wenigstens brauchte man sich bei ihr nicht dafür zu entschuldigen, dass wir keine Niederlage erlitten hatten.
Ich fuhr zu ihrem Haus im Beit-Hakerem-Viertel. Beängstigende Sauberkeit herrschte in der geschmackvoll eingerichteten
modernen Wohnung − helle Möbel, vermutlich aus Paris mitgebracht. Sandra, Kabis Freundin, hatte erzählt, dass man die Privilegien der Immigranten ausgeweitet habe. Worauf Kabi erklärt hatte: »Klar. Sie wollen die Alija aus dem Westen ermutigen, weil sie vor den Orientalen Angst haben. Am Anfang fürchteten sie, wir würden auf dem Schlachtfeld davonrennen, und jetzt, wo wir genau wie sie gekämpft haben, fürchten sie sich noch mehr.«
Düfte mir unbekannter Gerichte drangen aus der Küche. Das Wohnzimmer war von der tiefen, leicht heiseren Stimme Juliette Grécos erfüllt: »Wenn du glaubst, die Zeit der Liebe dauere ewig, täuschst du dich …« Und ich versank im Sessel und überließ mich dem Lied.
»Wein?«, fragte Michelle.
»Nur zum Kiddusch-Segen.«
»Bist du auch so provinziell wie alle anderen Israelis?«, klagte sie mit ihrem charmanten französischen Akzent. »Ich habe hier noch keinen Mann mit europäischer Kultur gefunden.«
»Ich sehe schon, dass ich der Prüfung auch nicht standhalte. Übrigens, ich bin kein einheimischer Israeli. Erkennst du meinen orientalischen Akzent nicht?«
Sie schenkte Rotwein ein. »Zum Wohl! Auf das Wohl der israelischen Verteidigungsarmee!«
Diese Neueinwanderer nehmen den Zionismus etwas zu ernst, dachte ich.
»Auf den Sieg«, erhob sie wieder ihr Glas.
Ich nahm einen kleinen Schluck, und mein Gesicht verzog sich: »Sauer.«
»Wann werdet ihr Leute von Welt werden?«
»Wir sind Levantiner, ma chérie. Arrak!«
»Jetzt trinken wir auf das Wohl der Aufgabe, die du mir auferlegt hast.«
»Zum Wohl.« Wieder probierte ich den trockenen Wein und beschloss, dass es besser war, es zu lassen.
»Ich habe dir eine erlesene Lammschulter in Champignons, Pflaumen und ein wenig Dijonsenf gemacht.«
»O weh, Fleisch mit Pflaumen und Senf?«
»Was wolltest du denn, Humus?«
»Und was sind Champignons?«
Michelle brach in Lachen aus. »Zu deinen Gunsten muss gesagt werden, dass du dich wenigstens nicht schämst zu fragen. Ich bin einmal mit einem Sabre ausgegangen, der damit geprahlt hat, alles zu wissen. Es gab kein zweites Treffen.«
»Himmel, hab doch ein wenig Erbarmen mit mir«, flehte ich.
»Jetzt erzähl mir, wer diese Jasmin ist.«
»Das ist eine interessante Geschichte, ich erzähle sie
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