Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Tisch besetzt, auch das war eher ungewöhnlich. Zwei Männer saßen dort, deren mexikanische Herkunft offensichtlich war. Einer der beiden sah hoch und ihre Blicke trafen sich. Jay spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.
Der Mexikaner hob seine Tasse wie zu einem Salut, in seiner Miene lag eine gespannte Erwartung, die Jays Befürchtungen in die Höhe steigen ließ. Elizabeth hatte sein Zögern ignoriert. Sie war weiter zum Eingang gegangen und ihre Hand lag bereits auf dem Türknauf.
Wo war Clive geblieben? Nicht mehr hinter ihm. Sein Freund stand etliche Meter von ihnen entfernt, hielt sein Handy in der Hand und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Elizabeth hatte sich ihm halb zugewandt und wollte die Tür aufstoßen, als Jay ein leichter, benzinähnlicher Geruch auffiel. Plastiksprengstoff! Wenn er sich irrte, konnte sie ihn immer noch fertig machen.
Er hechtete auf Elizabeth zu, bekam sie um die Taille zu fassen und riss sie zurück. Sie wog viel weniger als erwartet. Der Schwung reichte aus, um sich mit ihr zu drehen und sie einige Meter mit sich zu ziehen. Ein harter Schlag traf ihn in den Rücken. Er stolperte, Elizabeth wurde aus seinem Griff gerissen und stürzte zu Boden. Auch er verlor das Gleichgewicht und konnte sich nur noch über sie werfen, um sie mit seinem eigenen Körper zu schützen. Etwas strich glühend heiß über ihn hinweg, und er schrie auf. Fehler. Eine Mischung aus Qualm und Hitze erreichte seine Lungen, und das Verlangen nach Sauerstoff wurde übermächtig. Schwärze stieg wie Nebel vor seinen Augen auf und engte sein Sichtfeld ein. Die Hitze nahm zu, Rauch hüllte sie ein. Er musste sie hier wegbringen, ehe sie erstickten oder verbrannten. Unsicher schwankend kam er hoch und hielt Elizabeth an sich gepresst.
Auch wenn er es nie schaffen würde, eine ausreichende Distanz zwischen sie und das Feuer zu bringen, musste er es versuchen. Nur noch von Instinkten getrieben, machte er die ersten Schritte und betete, dass die Richtung stimmte.
Ihr Gewicht verschwand. Ehe er begriffen hatte, was geschehen war, wurde er an der Schulter gepackt und weggezerrt.
Endlich konnte er wieder atmen. Hustend rang er nach Luft. Seine Lider brannten, blinzelnd versuchte er Einzelheiten zu erkennen, aber alles verschwand hinter einem diffusen Rauch, der seine Augen zum Brennen und Tränen brachte.
»Ganz ruhig. Erst mal atmen und warten, bis dein Körper wieder reagiert. Feuerwehr und Notärzte sind unterwegs.«
»Beth?« Schon das eine Wort brachte er kaum über die Lippen.
»In Sicherheit, aber bewusstlos. Timothy ist bei ihr.« Scotts ruhige Stimme war besser als jede Medizin, und Timothy war ausgebildeter Sanitäter. Eine Plastikflasche wurde ihm an die Lippen gehalten: Gierig trank Jay, hustete und trank weiter. Endlich funktionierten seine Augen wieder.
Scott kniete neben ihm, so ernst hatte er den Soldaten noch nie gesehen. »Das war eine unglaubliche Reaktion, Jay. Ohne deinen Hechtsprung wären eure Einzelteile über den Gehweg verstreut worden.«
Auf die detaillierte Beschreibung hätte er verzichten können.
»Was ist mit Clive?«
Scott antwortete nicht, und Jay befürchtete das Schlimmste. Aber es wurde noch schlimmer.
Chris tauchte aus dem Nebel aus. Er hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass seine Kiefermuskeln deutlich hervortraten. »Es tut mir Leid, Jay. Er hat mich fast umgefahren, als ich ihn aufhalten wollte.«
Clive? Sein Freund? Der Mann, der bei etlichen Aktionen ein zuverlässiger Partner an seiner Seite gewesen war? Das war unmöglich. Er schüttelte Scotts Hand ab, als der SEAL ihn daran hindern wollte, aufzustehen.
»Du musst dich irren.«
»Das wird sich klären, Jay. Erstmal müssen wir dich und Elizabeth durchchecken. Alles andere muss warten.«
»Ich brauche keinen Arzt.«
»Das sehe ich anders, du hast einiges abbekommen. Noch verdeckt der Schock die Schmerzen, aber das ändert sich bald.«
Und wenn schon. Dafür hatte er keine Zeit. Seine Gedanken kreisten um Elizabeth und Clive und die Mexikaner. Die Mistkerle hatten auf sie gewartet, um hautnah mitzuerleben, wie sie in die Luft gesprengt wurden. Ihm wurde kalt, als ihm einfiel, dass Clive plötzlich nicht mehr direkt hinter ihm gewesen war. Es war nicht der Rauch, der seine Stimme heiser klingen ließ. »Hat die Explosion auch Clive erwischt?«
»Nein, er war in sicherer Entfernung. Anscheinend musste er urplötzlich telefonieren. Wie praktisch.« Jedes von Chris’ Worten war eine Anklage,
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